Autobedienung per Zeigefinger-Geste

Autofahrer der Zukunft könnten ihr Radio oder die Fensterheber ohne Knopfdruck und bloß durch einen Fingerzeig bedienen.

Ein entsprechendes Konzept präsentiert das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) nächste auf der International Conference on Intelligent User Interfaces (IUI). „Unser System erlaubt, die Hand stets am Lenkrad zu lassen statt auf der Mittelkonsole nach Knöpfen zu suchen“, berichtet DFKI-Forscher Christoph Endres gegenüber pressetext.

Musikinstrument im Auto

Bei dem als „Geremin“ bezeichneten System beeinflussen kleine Fingergesten ein elektrisches Wechselfeld, das ein Computer durch eine Antenne am Armaturenbrett ausliest. Ein Algorithmus ordnet den Gesten Signale zu. Das Prinzip stammt vom 1919 erfundenen „Theremin“ des sowjetischen Physikers Lev Sergejewitsch Termen. Bei diesem Musikinstrument, das etwa die Beach Boys oder die Gruppe Portishead einsetzten, wirkt die Hand des Spielers als Kondensatorseite eines Schwingkreises und verändert durch Gesten berührungslos Tonhöhe und Lautstärke.

Die DFKI-Forscher haben das Theremin-Pinzip verfeinert. Auch im Auto lassen sich Fensterheber, Sitzheizung oder der CD-Player durch standardisierte Fingergesten wie kleine Kreise, Dreiecke oder simple rechts-links-Bewegungen steuern. „Ein Problem ist noch die Erkennung, wann eine Geste zufällig oder gewollt ist und wann sie beginnt oder endet. Möglich wäre das durch bewusste Abspreizung des Fingers vom Lenkrad, durch ein Sprachsignal oder notfalls auch mit einem kleinen Daumen-Knopfdruck“, erklärt Endres.

Vorteile gegenüber Video oder Sprache

Das Fingergesten-Konzept hätte bestimmte Vorteile gegenüber bisherigen Alternativen. „Sprachsteuerungen können von Umgebungsgeräuschen gestört werden, die Steuerung per Videokamera hingegen von wechselnden Lichtverhältnissen etwa im Tunnel oder bei plötzlicher Sonneneinstrahlung. Besonders attraktiv ist jedoch, dass die Gestensteuerung in der Massenfertigung sehr billig wäre, da sie auf Kameras verzichtet und mit weniger Rechenleistung auskommt.“

Bei einem Prototyp mit Lenkrad erreichte das System bisher Erkennungsraten von durchschnittlich 64 Prozent, was in einer Neuversion noch verbessert werden soll. Derzeit ermitteln Psychologen die Bedürfnisse der Nutzer, während die Konstrukteure Fragen der Platzierung oder der Sicherheit untersuchen. „Das Koppeln von Grundfunktionen wie Gaspedal oder Bremsen ist nicht in Überlegung, zudem soll Geremin auch bei Kurven ausgeschaltet werden, um Ablenkungen zu minimieren“, so Endres. Verhandlungen mit der Automobilindustrie gebe es noch nicht, bis dato gehe es allein um die Machbarkeit.

Media Contact

Johannes Pernsteiner pressetext.redaktion

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Automotive

Die wissenschaftliche Automobilforschung untersucht Bereiche des Automobilbaues inklusive Kfz-Teile und -Zubehör als auch die Umweltrelevanz und Sicherheit der Produkte und Produktionsanlagen sowie Produktionsprozesse.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Automobil-Brennstoffzellen, Hybridtechnik, energiesparende Automobile, Russpartikelfilter, Motortechnik, Bremstechnik, Fahrsicherheit und Assistenzsysteme.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer