Signal zum Aufatmen

Die Luftqualität in den Städten Gießen und Wetzlar hat sich im Zeitraum von 1970 bis 2005 deutlich verbessert. Das hat eine Forschungsgruppe der FH Gießen-Friedberg ermittelt, die von dem Biologen Prof. Dr. Ulrich Kirschbaum geleitet wird. Flechten dienten dem Team dabei als Bioindikatoren zur Bestimmung der Luftgüte.


Weil Flechten empfindlich auf Schadstoffe in der Luft reagieren, ist ihr Wachstum sehr aufschlussreich für Ökologen. Am Vorkommen der unterschiedlichen Arten lässt sich ablesen, ob die Atemluft an einem Standort dauerhaft sauber ist.

Die aktuelle wissenschaftliche Studie der FH Gießen-Friedberg wurde finanziell unterstützt vom Hessischen Landesamt für Umwelt und Geologie (HLUG). Gießen und Wetzlar wurden als Untersuchungsorte gewählt, weil für diese beiden mittelhessischen Städte umfassende Flechtenkartierungen aus früheren Jahrzehnten vorliegen. So kann man die heutige Ergebnisse mit den Werten aus den Jahren 1970, 85 und 95 vergleichen und Erkenntnisse über die Entwicklung der lufthygienischen Situation gewinnen.

Prof. Kirschbaums Team teilte beide Stadtgebiete in Messflächen von jeweils einem Quadratkilometer Ausdehnung ein. Überall dort wurde der Flechtenbewuchs an frei stehenden Laubbäumen untersucht. Während 1970 in beiden Städten nur jeweils fünf verschiedene Flechtenarten, die allesamt sehr robust sind, nachgewiesen wurden, stieg der Bestand in Wetzlar und Gießen bis zum Jahr 2005 auf jeweils rund 50 – zum Teil sehr empfindliche – Arten an. Bei der Erhebung der Daten und deren Auswertung verfuhr man nach den standardisierten Kriterien einer bundesweit gültigen VDI-Richtlinie. So konnte für jede Fläche ein Index ermittelt werden, dessen Spektrum von „sehr hoher“ bis „sehr geringer“ Luftgüte reicht.

In Wetzlar, speziell im industriellen Nordwesten der Stadt, war 1970 die Belastung der Luft mit Schadstoffen (vor allem Schwefeldioxid) noch so stark, dass dort in manchen Messflächen eine „Flechtenwüste“, d.h. keinerlei Flechtenvegetation, festgestellt wurde. Seit 1985 ist dort nun eine schrittweise Verbesserung der Luftgüte zu beobachten: 1995 wurde überwiegend die mittlere Stufe erreicht, und im Jahr 2005 ist eine Tendenz von der mittleren zur hohen Qualität zu erkennen.

Für Gießen ermittelte die Forschungsgruppe eine ähnliche Entwicklung der Belastungssituation. Die Luftgütewerte steigen im untersuchten Zeitraum kontinuierlich an. Die „Rückeinwanderung“ empfindlicher Flechtenarten verläuft hier allerdings langsamer als in Wetzlar. Den nahe liegenden Schluss, dass die Vegetation in Gießen einer höheren Schwefeldioxid-Konzentration ausgesetzt ist, widerlegt die Studie allerdings. Der Unterschied besteht vielmehr darin, dass die Luft in Wetzlar verstärkt Kalkstäube enthält, die das toxische Schwefeldioxid neutralisieren. Dadurch verliert es an Gefährlichkeit für Mensch, Tier und Pflanze.

Media Contact

Erhard Jakobs idw

Weitere Informationen:

http://www.fh-giessen.de/

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