Neue Studie zu Multipler Sklerose: „Schlafende Viren“ stören Selbstheilungskräfte

Das hat eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern um den Zellbiologen Prof. Dr. Patrick Küry von der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums Düsseldorf jetzt nachgewiesen. Forscher vermuten schon länger, dass diese sogenannten humanen endogenen Retroviren (HERV) auch den Krankheitsverlauf sowie die Regeneration bei Multipler Sklerose beeinflussen. Diesem möglichen Nachweis sind die Wissenschaftler nun ein Stück näher gekommen.

Die Ergebnisse dieser Studie sind am 16. September 2013 in der Fachzeitschrift „Annals of Neurology“ veröffentlicht worden.

Multiple Sklerose (MS) ist eine Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS), bei der das fehlgeleitete Immunsystem die schützende Isolationsschicht der Nervenfasern – die Myelinscheiden – im Gehirn und Rückenmark angreift und zerstört. Da das ZNS nur über eine beschränkte Regenerationsfähigkeit verfügt, kann die Wiederherstellung der schützenden Isolationsschicht nur unvollständig erfolgen. Die Folge: Nervenreize werden immer schlechter weitergeleitet, es kommt zu bleibenden neurologischen Behinderungen wie Lähmungen und Erblindung.

Die internationale Arbeitsgruppe um Prof. Küry konnte nun nachweisen, dass die für die funktionelle Erholung des ZNS wichtige Regeneration der Myelinscheiden durch das Hüllprotein Env eines reaktivierten, „schlafenden“ Virus gestört wird – das HERV-W. Prof. Küry: „Sein Hüllprotein scheint durch Immunzellen ins Gehirn gebracht zu werden und trifft dort auf viele für die Wiederherstellung der Myelinscheiden erforderlichen Vorläuferzellen, die durch diesen Kontakt in ihrer Reifungsfähigkeit geschwächt werden.“

Ziel weiterer Untersuchungen mit den beteiligten Forschungsgruppen an den Universitäten in Homburg (Prof. Dr. Frank Kirchhoff) und Grenoble (Prof. Dr. Patrice Marche) sowie mit Unterstützung des HERV-W Entdeckers Dr. Hervé Perron in Genf/Lyon (Firma Geneuro SA) ist es, die Funktionalität des Retrovirus HERV-W im Detail zu untersuchen. Dazu wurden bereits neutralisierende Antikörper, die gegen das ENV Protein gerichtet sind, entwickelt – mit dem Ziel, diese bei der MS-Therapie einzusetzen. An entsprechenden klinischen Studien, die schon initiiert wurden, wird sich im weiteren Verlauf auch die Neurologische Klinik des Universitätsklinikums Düsseldorf beteiligen. Gefördert wird die aktuelle Studie durch die französischen Organisationen ARSEP („Aide à la Recherche sur la Sclérose En Plaques“) und AFM („Association Française contre les Myopathies“).

Originalveröffentlichung:
Kremer D, Schichel T, Förster M, Tzekova N, Bernard C, van der Valk P, van Horssen J, Hartung HP, Perron H, Küry P.

HERV-W envelope protein inhibits oligodendroglial precursor cell differentiation. Ann Neurol. 2013 Jul 8. doi: 10.1002/ana.23970. [Epub ahead of print]

Kontakt: Prof. Dr. Patrick Küry, Neurologische Klinik des Universitätsklinikums Düsseldorf (Direktor: Prof. Dr. Hans-Peter Hartung), Tel.: 0211 / 81-17822, E-Mail: kuery@uni-duesseldorf.de

Media Contact

Susanne Dopheide idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-duesseldorf.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Studien Analysen

Hier bietet Ihnen der innovations report interessante Studien und Analysen u. a. aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen, Medizin und Pharma, Ökologie und Umwelt, Energie, Kommunikation und Medien, Verkehr, Arbeit, Familie und Freizeit.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Forschende enthüllen neue Funktion von Onkoproteinen

Forschende der Uni Würzburg haben herausgefunden: Das Onkoprotein MYCN lässt Krebszellen nicht nur stärker wachsen, sondern macht sie auch resistenter gegen Medikamente. Für die Entwicklung neuer Therapien ist das ein…

Mit Kleinsatelliten den Asteroiden Apophis erforschen

In fünf Jahren fliegt ein größerer Asteroid sehr nah an der Erde vorbei – eine einmalige Chance, ihn zu erforschen. An der Uni Würzburg werden Konzepte für eine nationale Kleinsatellitenmission…

Zellskelett-Gene regulieren Vernetzung im Säugerhirn

Marburger Forschungsteam beleuchtet, wie Nervenzellen Netzwerke bilden. Ein Molekülpaar zu trennen, hat Auswirkungen auf das Networking im Hirn: So lässt sich zusammenfassen, was eine Marburger Forschungsgruppe jetzt über die Vernetzung…

Partner & Förderer