Die Frage, wie das Gehirn Erinnerungen speichert oder verwirft, ist nach wie vor nur in Ansätzen geklärt. Viele Hirnforscher halten die Konsolidierungstheorie für den bislang besten Erklärungsansatz. Diese besagt, dass frische Eindrücke zuerst im Hippocampus als Kurzzeitgedächtnis abgelegt werden. Sie sollen dann innerhalb von Stunden oder wenigen Tagen - vornehmlich während des Tiefschlafs - in die Großhirnrinde und dort ins Langzeitgedächtnis übergehen.
Bild eines hippocampalen Interneurons mit dazugehörigen elektrischen Messungen. Man erkennt den Zellkörper mit perlschnurartigen Dendriten und das dünne, sich netzartig verzweigende Axon. Die Spuren zeigen, dass das Membranpotential der gezeigten hippocampalen Nervenzelle (rot) und das gleichzeitig in der Großhirnrinde aufgenommene lokale Feldpotential (blau) fast im Gleichtakt schwanken. Dieser Fund stellt die bislang deutlichste Interaktion der beiden Hirnareale dar
Bild: Max-Planck-Institut für Medizinische Forschung
Untersuchungen von Thomas Hahn, Mayank Mehta und Nobelpreisträger Bert Sakmann vom Max-Planck-Institut für Medizinische Forschung in Heidelberg werfen jetzt neues Licht auf die Mechanismen der Gedächtnisbildung. Nach ihren Erkenntnissen arbeiten die Hirnbereiche zwar zusammen, aber möglicherweise anders als bisher angenommen. "Diese technisch ausgefeilte Studie könnte beträchtlichen Einfluss auf unser Verständnis von Nervenzellinteraktion während der Konsolidierung im Schlaf haben", bestätigt auch Edvard Moser, Direktor des Zentrums für Biologie des Gedächtnisses in Trondheim, Norwegen.
Die Vorgänge im Gehirn, die der Gedächtnisbildung zugrunde liegen, sind experimentell bisher schwierig zu untersuchen. Die Heidelberger Wissenschaftler entwickelten eigens einen neuartigen experimentellen Ansatz. Damit gelang es ihnen, bei narkotisierten Mäusen das Membranpotenzial von einzelnen Neuronen, die die Aktivität des Hippocampus hemmen (Interneurone) zu messen. Gleichzeitig zeichneten sie das Feldpotenzial von tausenden Nervenzellen der Großhirnrinde auf. So konnten sie das Verhalten der einzelnen Nervenzelle in Zusammenhang mit dem der Großhirnrinde stellen. Die Forscher fanden heraus, dass die untersuchten Interneurone nur mit kleinem Verzug, also fast im Gleichtakt mit dem Feldpotenzial der Großhirnrinde aktiv sind - wie ein Echo.
Ein überraschender Befund, denn die Interneurone hemmen so gerade in Phasen hoher Aktivität der Großhirnrinde jene Neurone im Hippocampus, welche die Informationen in die Grosshirnrinde schreiben sollen. Laut Mayank Mehta kann das Ergebnis auf sehr verschiedene Art und Weise interpretiert werden: "Entweder der Mechanismus trägt zur Gedächtniskonsolidierung bei, oder aber der Informationstransfer vom einen zum anderen Teil des Gehirns findet während des Schlafs gar nicht so statt wie angenommen." Welche mögliche Erklärung zutrifft, wollen die Hirnforscher nun ergründen.
In jedem Fall können die Wissenschaftler mit der neuen experimentellen Methode vielen weiteren offenen Fragen der Hirnforschung nachgehen. Thomas Hahn betont: "Setzt man das Verhalten eines einzelnen Neurons in den Kontext von großräumigen Aktivitätsmustern, verspricht das ganz neue Einblicke in die Organisationsprinzipien unseres Gehirns."
Originalveröffentlichung:
Nature Neuroscience, November (2006)
Dr. Andreas Trepte | Max-Planck-Gesellschaft
Weitere Informationen:
http://www.mpg.de
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