Versicherte wollen Wettbewerb zwischen Gesetzlicher und Privater Krankenversicherung
In der deutschen Bevölkerung gibt es ein klares Votum für ein solidarisches Gesundheitssystem. Das zeigt der aktuelle „Gesundheitsmonitor“ der Bertelsmann Stiftung. Über drei Viertel der Befragten (77 Prozent) lehnen die Auflösung der heutigen Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) – unter der Bedingung, dass sich alle je nach Krankheitsrisiko und Leistungsumfang privat versichern – ab.
Auch eine Absicherung der Bedürftigsten aus staatlichen Mitteln würde an diesem Urteil nichts ändern. Eine Auflösung der GKV, bei der Menschen, die sich aus finanziellen oder gesundheitlichen Gründen nicht privat versichern können, von einer staatlichen Versicherung aufgefangen werden, findet nur bei 14 Prozent der Befragten Zustimmung. Eine Abschaffung der Privaten Krankenversicherung (PKV) findet in der Bevölkerung ebenfalls keine Mehrheit. Die Existenz zweier Systeme hat demnach Rückhalt bei den Versicherten. „Die Politik muss jetzt ordnungspolitische Konzepte entwickeln, um einen tatsächlichen Wettbewerb der Systeme zu ermöglichen. Dies bedeutet vor allem, dass die unzeitgemäße Grenzziehung zwischen den Systemen abgeschafft wird“, sagt Brigitte Mohn, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung.
Die Bürger sehen dies ähnlich: 64 Prozent der Befragten befürworten, dass jeder die Möglichkeit haben sollte, sich in der Gesetzlichen oder der Privaten Krankenversicherung zu versichern. Die derzeitige Regelung, dass Besserverdienende sich aus der solidarischen Krankenversicherung verabschieden können, findet wenig Unterstützung.
Die Bürger haben klare Vorstellungen über die Ausgestaltung eines Wettbewerbs zwischen GKV und PKV. Bei der Berechnung der Versicherungsbeiträge lehnen drei von vier Befragten eine Verknüpfung von Gesundheitszustand und Versicherungsbeitrag ab. Selbst die Privatversicherten sind zu 46 Prozent gegen die Risikoabhängigkeit der Prämien. Ein einkommensabhängiger Versicherungsbeitrag wird dagegen von 77 Prozent der Befragten unterstützt. Auch die Privatversicherten, die bei einer einkommensbezogenen Beitragsbemessung höchstwahrscheinlich schlechter abschneiden würden, stimmen dieser immerhin noch zu 48 Prozent zu.
„Es ist nach wie vor unklar, ob in der GKV oder der PKV eine effizientere Versorgung angeboten wird. Die Bertelsmann Stiftung fordert eine nachvollziehbare Erfolgsmessung für Leistungsanbieter und Kostenträger. Dies gilt sowohl für den umfassenden Bereich der Grundleistungen als auch für zusätzlich angebotene Leistungen“, sagt Brigitte Mohn: „Entsprechende Informationen müssen dem Bürger zur Verfügung gestellt werden, damit er eine Chance für rationale Entscheidungen im Wettbewerb hat.“
Der Gesundheitsmonitor der Bertelsmann Stiftung befragt repräsentativ zweimal jährlich die Bevölkerung und einmal im Jahr Ärzte zu aktuellen Themen des deutschen Gesundheitswesens. Bislang wurden rund 15.000 Versicherte und 2.500 Ärzte befragt.
Über die Bertelsmann Stiftung:
Die Bertelsmann Stiftung versteht sich als Förderin des Wandels für eine zukunftsfähige Gesellschaft. Sie will Reformen in den Bereichen Bildung, Wirtschaft und Soziales, Gesundheit sowie Internationale Verständigung voranbringen. Die 1977 von Reinhard Mohn gegründete, gemeinnützige Einrichtung hält die Mehrheit der Kapitalanteile der Bertelsmann AG. In ihrer Projektarbeit ist die Stiftung unabhängig vom Unternehmen und parteipolitisch neutral.
Rückfragen an: Jan Böcken, Telefon: 0 173 / 54 52 073; E-Mail: Jan.Boecken@Bertelsmann.de
Der „Gesundheitsmonitor 2006“ erscheint im Herbst im Verlag Bertelsmann Stiftung.
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