Creutzfeldt-Jakob-Epidemie denkbar

Creutzfeldt-Jakob ist die menschliche Variante der Rinderkrankheit BSE

Seit sie 1996 zum ersten Mal festgestellt wurde, hat die so genannte neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJD) weltweit 187 Menschenleben gefordert, hauptsächlich in Großbritannien. Einem internationalen Forscherteam um John Collinge des University College London zufolge könnte künftig jedoch eine wahre vCJD-Epidemie ausbrechen. Auf der Grundlage einer umfassenden Analyse der Inkubationszeiten bei der nahe verwandten Kuru-Erkrankung schließen die Wissenschaftler, dass die Zeitspanne zwischen einer Infektion mit dem BSE-Erreger und der Erkrankung fünfzig Jahre oder mehr betragen kann, und dass in den kommenden Jahrzehnten daher mehr Menschen an vCJD erkranken könnten als bisher vermutet. Die Studie wird heute, Freitag, in dem britischen Fachmagazin „The Lancet“ veröffentlicht.

Die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit ist die menschliche Variante der Rinderkrankheit BSE und wird durch den Verzehr von infiziertem Rindfleisch verursacht. Ebenso wie Creutzfeldt-Jakob und BSE wird auch die Kuru-Krankheit durch infektiöse Eiweiße, so genannte Prionen, hervorgerufen. Kuru kommt ausschließlich beim Fore-Stamm aus dem östlichen Hochland von Papua-Neuguinea vor, der seine toten Angehörigen bis vor etwa 50 Jahren rituell verspeiste. Da Kannibalismus in den fünfziger Jahren offiziell verboten wurde, gehen die Wissenschaftler davon aus, dass sich nach 1960 niemand mehr mit Kuru infiziert hat. Diese Erkenntnis ermöglicht es den Forschern, die Inkubationszeit für die Erkrankung abzuschätzen.

Im betroffenen Gebiet stieß das Forscherteam zwischen 1996 und 2004 auf elf neue Kuru-Patienten, die zwischen 34 und 56 Jahren nach dem mutmaßlichen Infektionszeitpunkt an die Erkrankung starben. Bei nur zwei von den elf Betroffenen wurde das Markierungsgen angetroffen, das von Menschen getragen wird, bei denen eine Prionenenerkrankung am schnellsten zum Tod führt. Da der größte Teil der Weltbevölkerung dieses Markierungsgen nicht in sich tragen und bei einer BSE-Infektion zudem die Artenbarriere überwunden werden muss – in Gegensatz zur Kuru-Erkrankung, die nur von Mensch zu Mensch weitergegeben wird -, schätzen die Forscher, dass vCJD in vielen Fällen erst nach einer viel längeren Inkubationszeit ausbricht.

Christoph Mohs, Oberarzt in der Neurologischen Klinik des Krankenhaus Nordwest in Frankfurt, zeigt sich den Studienergebnissen gegenüber etwas zurückhaltend. „Natürlich können wir eine künftige Creutzfeldt-Jakob-Epidemie nicht ausschließen“, erzählt er auf Nachfrage von pressetext. Es gäbe jedoch auch nicht genügend Beweismaterial um diese Schlussfolgerung zu untermauern. „Bisher gibt es nur ganz wenige Fälle, bei denen der Zusammenhang zwischen BSE und Creutzfeld-Jakob nachgewiesen werden konnte. Darüber hinaus war die Inkubationszeit in all diesen Fällen relativ kurz“, erläutert der Neurologe. „Ich glaube daher nicht, dass dies eine ernsthaft legitime wissenschaftliche Schlussfolgerung ist.“ Auch unter englischen Spezialisten stößt die Studie auf viel Widerstand.

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Reanne Leuning pressetext.deutschland

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