Schwere Ionen gegen Prostatakrebs

Erste Heidelberger Studie mit Ionenstrahlen / Bestrahlung bei Gesellschaft für Schwerionenforschung GSI in Darmstadt / Heidelberger Ionenstrahlentherapiezentrum ab 2007 in Betrieb

Im Juni 2005 beginnt die europaweit erste klinische Studie, die die Wirksamkeit der Ionenstrahltherapie (so genannte schwere Ionen) bei Patienten mit Prostatakrebs untersucht.

Die Studie unter Federführung der Abteilung Strahlentherapie und Radioonkologie des Universitätsklinikums Heidelberg wird in der Bestrahlungseinrichtung der Gesellschaft für Schwerionenforschung GSI, Darmstadt, durchgeführt. Die Bestrahlungsplanung und die weitere Betreuung der Patienten erfolgen in der Heidelberger Klinik (Ärztlicher Direktor: Professor Dr. Dr. Jürgen Debus).

An der Studie nehmen insgesamt 28 Patienten teil, die an lokal fortgeschrittenem Prostatakrebs leiden, der noch keine Metastasen gestreut hat, aber aufgrund seiner lokalen Ausdehnung mit einem erhöhten Risiko für ein Therapieversagen nach konventioneller Therapie mit Bestrahlung oder Operation verbunden ist.

Zusätzliche Bestrahlung mit Ionenstrahlen zur Standardtherapie

„Die Patienten erhalten zunächst sechs Tage lang je eine Strahlenbehandlung mit schweren Kohlenstoff-Ionen“, erklärt Professor Debus. Danach wird die Bestrahlung über sechs Wochen als „Intensitätsmodulierte Strahlentherapie“ fortgeführt, die derzeit der Goldstandard bei der Strahlenbehandlung des lokal fortgeschrittenen Prostatakarzinoms ist. Sowohl die in Heidelberg entwickelte Methode der intensitätsmodulierten Strahlentherapie als auch die Kohlenstoffionentherapie ermöglichen eine äußerst zielgenaue und schonende Bestrahlung.

Die Heidelberger Mediziner erwarten jedoch, dass durch die Verwendung von Kohlenstoffionen bei der Bestrahlung von Prostatakarzinomen die Ergebnisse noch weiter verbessert werden könnten. „Erste japanische Studien zur Kohlenstoffionentherapie haben bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem Prostatakrebs bereits sehr gute Ergebnisse gebracht“, berichtet Privatdozentin Dr. Daniela Schulz-Ertner, Oberärztin in der Heidelberger Radiologischen Klinik, die die Heidelberger Studie leitet.

Mehr als 80 Prozent der japanischen Patienten mit lokal fortgeschrittenem Prostatakrebs zeigten nach fünf Jahren keinen Rückfall der Erkrankung. Die Schwerionen werden über eine Beschleunigeranlage auf sehr hohe Geschwindigkeit gebracht und in den Tumor geschossen. Dort fügen sie dem Tumorgewebe irreparablen Schaden zu, schonen aber das umliegende Gewebe.

Die Heidelberger/ Darmstädter Bestrahlung hat einen wichtigen Vorteil gegenüber dem japanischen Verfahren: Sie benutzt das „intensitätsgesteuerte Rasterscan-Verfahren“, mit dem Tumoren präzise mit einer vorgegebenen Dosis-Verteilung bestrahlt und das gesunde Gewebe um den Tumor noch stärker geschont werden kann.

Heilungschancen liegen über 70 Prozent

Auch die Ergebnisse der eigenen Bestrahlungsstudien ermutigen die Heidelberger Ärzte, die Bestrahlung mit Kohlenstoff-Ionen beim Prostatakrebs zu erproben. Bislang wurden mehr als 200 Patienten in der Darmstädter Anlage behandelt, die überwiegend an lokal begrenzten Tumoren, z.B. der Schädelbasis, litten, die anderen Behandlungsverfahren nicht zugänglich waren. Mehr als 70 Prozent der Patienten konnten geheilt werden.

Das Universitätsklinikum Heidelberg errichtet derzeit die europaweit erste Anlage zur Ionenstrahltherapie. Dort können ab 2007 jährlich ca. 1.000 Patienten behandelt und damit eine Versorgungslücke bei unbehandelbaren Tumoren geschlossen werden. Neben klinischen Studien zur Therapie von Kopf-/Hals- und Schädelbasistumoren, Weichteilsarkomen und pädiatrischen Tumoren mit Protonen und Kohlenstoffionen sollen auch weiterführende klinische Studien zur Bestrahlung beim Prostatakrebs durchgeführt werden. „Hierbei sollen die Heilungsraten nach einer Bestrahlung mit Kohlenstoffionen mit den Ergebnissen nach einer Protonentherapie oder aber einer intensitätsmodulierten Photonentherapie im Rahmen von klinischen Studien verglichen werden“, sagt Frau Dr. Schulz-Ertner.

Media Contact

Dr. Annette Tuffs idw

Weitere Informationen:

http://www.klinikum.uni-heidelberg.de

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