Arme Gemeinden werden trotz entspannter Haushaltslage immer ärmer

Die Schere zwischen armen und reichen Kommunen in Deutschland geht immer weiter auseinander. Während sich bundesweit im Jahr 2007 die Haushaltslage in den Rathäusern entspannte, gerieten bereits verschuldete Gemeinden teils noch tiefer in die Schuldenfalle.

Dies ist das Ergebnis des Kommunalen Finanz- und Schuldenreports 2008 der Bertelsmann Stiftung. Die Studie in Kooperation mit der Universität Münster und der Forschungsgesellschaft für Raumfinanzpolitik erfasst erstmals die tatsächliche Verschuldung der Kommunen.

Bezogen auf die kommunale Gesamtverschuldung sind extreme regionale Unterschiede zu beobachten. Die geringste Pro-Kopf-Verschuldung weisen die Gemeinden in Schleswig-Holstein auf. In der Spitzengruppe folgen Bayern, Niedersachsen und Baden-Württemberg. Im Mittelfeld liegen Sachsen, Thüringen, Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Hessen. In der Schlussgruppe liegen Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen, das Saarland und Mecklenburg-Vorpommern. Die Spannbreite der Gesamtverschuldung ist enorm: So liegt die Pro-Kopf-Verschuldung in den Gemeinden von Mecklenburg-Vorpommern mit rund 4.600 Euro im Vergleich mit Schleswig-Holstein mehr als doppelt so hoch.

„Das aktuell sehr positive bundesdeutsche Gesamtergebnis verschleiert, dass sich in der Vergangenheit in vielen Gemeinden Altlasten angesammelt haben“, erklärt Dr. Johannes Meier, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung. „Ärmere Kommunen drohen, durch Zinszahlungen und Tilgungskosten für die angehäuften Schulden in eine Abwärtsspirale zu geraten.“

Während einige Gemeinden bereits wieder in ihre Infrastruktur investieren, erhöhen andere weiter ihre Kassenkredite. Vor allem finanzschwache Kommunen decken dadurch ihre laufenden Kosten, statt die Kredite für Investitionen zu nutzen. Dies setzt den Trend in die Haushaltskrise fort.

Die Bertelsmann Stiftung nimmt insbesondere die ausgelagerten kommunalen Schulden ins Visier, die in den offiziellen Statistiken bisher kaum ausgewertet werden. Im Jahr 2007 entfiel deutschlandweit nur noch ein Anteil von 32,6 Prozent der Gesamtverschuldung auf fundierte Schulden im Kernhaushalt. Den überwiegenden Teil von 53,1 Prozent trugen die rechtlich selbstständigen Einrichtungen und Unternehmen.

Unabhängig von Finanzschwäche oder -stärke benötigen die Akteure aller Kommunen eine tragfähige Grundlage für planvolles, generationengerechtes Handeln. Der Kommunale Finanz- und Schuldenreport schafft die notwendige Transparenz dafür, indem er die Haushaltssituation der Städte und Gemeinden in Deutschland darstellt.

Der Kommunale Finanz- und Schuldenreport 2008 der Bertelsmann Stiftung erfasst erstmals die vollständige Verschuldung der Kommunen auf Länderebene aggregiert. Die Gesamtverschuldung ist definiert als die Summe aller unmittelbaren Schulden der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der mittelbaren Schulden bei kommunalen Zweckverbänden und den öffentlich bestimmten kommunalen Fonds, Einrichtungen und Unternehmen. Mit diesen umfangreichen Analysen wird Transparenz als Basis für eine strategische Steuerung von Kommunen zurück gewonnen. Im Herbst dieses Jahres werden darüber hinaus für alle Kommunen ab 5.000 Einwohner Kennzahlen zur finanziellen Leistungsfähigkeit in das Portal www.wegweiser-kommune.de eingestellt.

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Ute Friedrich idw

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