Neue superschwere Atomkerne im Ganil entdeckt

Das schwerste natürliche Element, Uran, besitzt dagegen nur 92 Protonen im Kern.

Der Atomkern besteht aus Protonen und Neutronen. Je größer ihre Anzahl, desto „schwerer“ ist das Element. Über die Anzahl von 92 Protonen hinaus sind Atome in der Regel sehr instabil und können nur kurze Zeit überleben. Jedoch besagt die Theorie, dass es eine „Insel der Stabilität“ gibt, die aus Atomen besteht, deren Protonenanzahl über der des Urans liegt. Forschern aus verschiedenen Ländern gelingt es in zahlreichen Experimenten immer schwerere Elemente zu erzeugen, um diese „Insel“ zu erreichen.

Das bislang schwerste synthetisierte Element besitzt 118 Protonen im Kern. Die sogenannten superschweren Atome (die mehr als 110 Protonen im Kern enthalten) entstehen in der Regel bei der Verschmelzung von zwei leichteren Kernen. Eine der größten Schwierigkeiten der Synthese besteht darin, dass die neuentstandenen Verbundkerne sehr „heiß“ sind. Sie sind hoch angeregt und zerfallen sehr schnell. Es können auch „kältere“ Verbundkerne erzeugt werden, jedoch ist die Verschmelzung durch die enormen Abstoßungskräfte der geladenen Kerne sehr stark behindert. Diese Kerne werden so extrem instabil und spalten sich in zwei leichtere Kerne auf, noch bevor sie von einem Detektor registriert werden können, welcher der direkten Beobachtung dient.

Im Rahmen einer Zusammenarbeit von sechs Laboratorien [1] wurde nun am Ganil eine originelle Methode zur Beobachtung der superschweren Elemente entwickelt: statt den Kern zu beobachten, wird die Zeit gemessen, die der Kern zum Spalten braucht. Je mehr Zeit ein Kern benötigt, desto näher kommt er an die Stabilitätsgrenze. Im Laufe der Experimente konnten die Physiker anhand einer sogenannten „blocking technique in single crystals“ [2] sehr lange Kernspaltungszeiten feststellen. Zeiten von über 1018s (Milliardstel von Milliardstel von Sekunden) bei den Kernspaltungen wurden für Elemente mit 120 und 124 Protonen im Kern gemessen. Diese Kerne entstanden durch den Beschuss von Zielen aus Nickel und Germanium mit Hilfe beschleunigter Uran-Ionen. Sie konnten dank Indra, einem Detektor für Atomkerne und geladene Teilchen, identifiziert werden. Diese Ergebnisse eröffnen neue Perspektiven auf der Suche nach der „Insel der Stabilität“.

Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift Physical Review Letters veröffentlicht.

[1] Beteiligte Labore:
– großer französischer Schwerionenbeschleuniger (CEA/CNRS), Frankreich
– Institut für Nuklearphysik in Orsay (CNRS/Université Paris-Sud 11)
– CEA-Saclay, Irfu/Abteilung für Nuklearphysik, Frankreich
– Institut für Nanowissenschaften in Paris, (Université P. et M. Curie/CNRS/Université Paris Diderot),
– National Institute for Physics and Nuclear Engineering, Rumänien
– Institut für Nuklearphysik in Lyon (CNRS/Université Lyon1), Frankreich
[2] Diese Technik beruht auf der Atomwechselwirkung zwischen Spaltfragmenten (in Form von positiv geladenen Ionen) und geordneten Atomen einer Reihe oder einer Fläche des Kristalls, in dem die Verschmelzung stattgefunden hat. Die Wechselwirkung lenkt die Fragmente von ihrer Anfangsrichtung ab. Je größer die Ablenkung, desto kleiner der Abstand der Fragmente zu den Gitterreihen bzw. –flächen, d.h. desto kürzer die Verschmelzungszeit des superschweren Kerns.
Kontakt: Ganil – http://www.ganil.fr
Quelle: « De nouveaux noyaux d’atomes super-lourds au Ganil », CEA – 04.09.2008
Redakteurin: Nadia Heshmati, nadia.heshmati@diplomatie.gouv.fr
Wissenschaft-Frankreich (Nummer 149 vom 18.09.08)
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