Forschung an Supraleitern – Den Energiefluss per Laser verfolgen

Im Versuchsaufbau erscheinen die zwei Laserstrahlen durchgehend, weil sie sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegen – tatsächlich sind es aber wenige Billiardstel einer Sekunde lange Lichtpulse. Mit dem roten Laser wird die Probe angeregt, abgefragt wird mit UV-Licht. Da Letzteres für das menschliche Auge nicht sichtbar ist, wird es im Foto durch den grünen Strahl ersetzt. Fotonachweis: AG Bovensiepen, UDE

Ein Supraleiterkabel verbindet seit 2014 zwei Umspannwerke im Zentrum der Stadt Essen. Es ist das weltweit längste, so der Energieversorger. Auf einem Kilometer ersetzt es in einem Pilotprojekt die konventionelle Erdleitung und benötigt nur etwa ein Zehntel der Spannung, um eine fünfmal so hohe Strommenge zu transportieren.

„Uns reicht es aber nicht zu wissen, dass es funktioniert“, erklärt Prof. Dr. Uwe Bovensiepen, Sprecher des Sonderforschungsbereichs Nichtgleichgewichtsdynamik kondensierter Materie in der Zeitdomäne und Mitglied im Center for Nanointegration Duisburg-Essen (CENIDE). „Wir Physiker möchten solche komplexen Materialien verstehen.“

Dazu bedienen sich die Wissenschaftler seiner Arbeitsgruppe der sogenannten Laser-Stroboskoptechnik: Mit unvorstellbar kurzen Lichtpulsen von nur wenigen Billiardsteln einer Sekunde regen sie das Material an und fragen das Ergebnis mit leicht verzögert abgegebenen Laserpulsen ab.

„Das ist in etwa so, als wenn man einen Stein ins Wasser wirft und anschließend die Wellen beobachtet“, verdeutlicht Bovensiepen. Dadurch machen sie den Energiefluss sichtbar wie in einem Film, der aus lauter eingefrorenen Einzelbildern besteht – von der Anregung bis zurück zu dem Moment, in dem der Ausgangszustand wieder erreicht ist.

Dabei wurde erstmals eine besondere Wechselwirkung bemerkt, bei der angeregte Elektronen und die Atome in der gleichen Frequenz miteinander schwingen – wie eine Stimmgabel, die einen einzigen reinen Ton erklingen lässt. Noch ist nicht bekannt, welchen Einfluss dieser Zustand auf die elektrischen Eigenschaften des Supraleiters hat, aber „irgendetwas Besonderes ist da dran.“ Was das ist, wollen sie im nächsten Schritt herausfinden.

Die Veröffentlichung entstand zusammen mit Kollegen aus den USA (New York, Raleigh und Washington D.C.), aus Japan (Tsukuba) sowie aus Hamburg.

Originalpublikation: J. D. Rameau, S. Freutel, A. F. Kemper, M. A. Sentef, J. K. Freericks, I. Avigo, M. Ligges, L. Rettig, Y. Yoshida, H. Eisaki, J. Schneeloch, R. D. Zhong, Z. J. Xu, G. D. Gu, P. D. Johnson, and U. Bovensiepen, „Energy Dissipation from a Correlated System Driven Out of Equilibrium,“ Nature Communications (2016)

DOI: 10.1038/NCOMMS13761

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Uwe Bovensiepen, Experimentalphysik, Tel. 0203/379-4566, uwe.bovensiepen@uni-due.de

Redaktion: Birte Vierjahn, Tel. 0203/ 379-8176, birte.vierjahn@uni-due.de

Media Contact

Katrin Koster idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Physik Astronomie

Von grundlegenden Gesetzen der Natur, ihre elementaren Bausteine und deren Wechselwirkungen, den Eigenschaften und dem Verhalten von Materie über Felder in Raum und Zeit bis hin zur Struktur von Raum und Zeit selbst.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Astrophysik, Lasertechnologie, Kernphysik, Quantenphysik, Nanotechnologie, Teilchenphysik, Festkörperphysik, Mars, Venus, und Hubble.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer