Neue Facetten der Elektroenzephalographie

Die Elektroenzephalographie, kurz EEG, ist eine weltweit verbreitete Messmethode in der neurologischen Diagnostik und der neurowissenschaftlichen Forschung am Menschen. Bisher wurde EEG nur genutzt, um eine bestimmte Bandbreite neuronaler Signale aus dem Gehirn zu erfassen.

Wissenschaftler um Tonio Ball und Andreas Schulze-Bonhage vom Bernstein Zentrum für Computational Neuroscience und der Universität Freiburg haben nun das Potenzial der EEG erweitert. „Mehr als 80 Jahre nach seiner Entdeckung an der Universität Jena ist das EEG immer noch für Überraschungen gut“, kommentiert Ball.

Durch das EEG kann die summierte Aktivität von Nervenzellen des Gehirns durch Elektroden, die vorübergehend an der Kopfoberfläche angebrachte werden, nebenwirkungsfrei und kostengünstig aufgezeichnet werden. Nur wenn viele Neurone ihre elektrischen Entladungen synchronisieren, addiert sich ihre Aktivität und kann durch EEG-Aufzeichnungen wahrgenommen werden.

Solche „Netzwerk-Oszillationen“ können in verschiedenen Frequenzbereichen auftreten, die jeweils unterschiedliche Funktionen des Gehirns widerspiegeln. Bisher haben sich Studien dabei auf Oszillationen in niedrigen Frequenzbereichen konzentriert, da hohe Frequenzbereiche neuronaler Aktivität durch die Schädeldecke stärker abgeschirmt werden und deshalb schlechter zu messen sind.

Die Freiburger Wissenschaftler untersuchten, wie die Steuerung von Bewegungen aus den EEG-Signalen rekonstruiert werden kann. Langfristiges Ziel dieser Arbeiten ist die Entwicklung von Prothesen, die der Patient durch die Aktivität des Gehirns bei der Vorstellung einer Bewegung steuern kann. Das Team um Ball konnte nun nachweisen, dass mittels EEG-Aufzeichnungen bewegungsbezogene Gehirnaktivität in einem viel breiteren Frequenzspektrum erfasst werden kann, als bisher weithin angenommen wurde.

Hierzu wurden Probanden mit dem EEG untersucht, die zielgerichtete Handbewegungen ausführen sollten. Mittels optimierter Verfahren konnte in den so gewonnenen EEG Daten erstmalig eine sehr 'schnelle' bewegungsbezogene Gehirnaktiviät gezeigt werden, die eine Veränderlichkeit im Bereich von wenigen Millisekunden zeigte. Gerade dieser schnellen, hoch frequenten Gehirnaktivität könnte eine wichtige Rolle bei der Steuerung von Bewegungen zukommen. Die Ergebnisse der Freiburger Forscher eröffnen eine neue Perspektive, diese Form von Gehirnaktivität bei gesunden Probanden, aber auch bei Erkrankungen wie Epilepsie oder Parkinson, günstig und nebenwirkungsfrei zu untersuchen.

Originalveröffentlichung:
Ball, T., Demandt, E., Mutschler, I., Neitzel, E., Mehring, C., Vogt, K., Aertsen, A., Schulze-Bonhage, A. Movement related activity in the high gamma range of the human EEG. Neuroimage. 2008 Jun;41(2):302-310.
Kontakt:
Dr. Tonio Ball
Neurozentrum der Albert-Ludwigs-Universität
Neurochirurgische Universitätsklinik
Tel.: 0761/203-9316

Media Contact

Dr. Katrin Weigmann idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizintechnik

Kennzeichnend für die Entwicklung medizintechnischer Geräte, Produkte und technischer Verfahren ist ein hoher Forschungsaufwand innerhalb einer Vielzahl von medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin.

Der innovations-report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Bildgebende Verfahren, Zell- und Gewebetechnik, Optische Techniken in der Medizin, Implantate, Orthopädische Hilfen, Geräte für Kliniken und Praxen, Dialysegeräte, Röntgen- und Strahlentherapiegeräte, Endoskopie, Ultraschall, Chirurgische Technik, und zahnärztliche Materialien.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer