Zielgenaue Medikamente gegen Rheuma

Biotechnologische Medikamente gegen Rheuma – sogenannte Biologika – lindern nicht nur die Krankheit selbst. Sie schwächen unter anderem auch die körpereigene Abwehr. Dadurch sind Patienten schlechter vor Infektionen geschützt.

Wie sich Biologika sicher einsetzen lassen und warum ihr Nutzen im Kampf gegen Rheuma sehr groß ist, diskutieren Experten im Rahmen des 37. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh), der vom 23. bis 26. September in Köln stattfindet.

Biologika sind hierzulande seit etwa einem Jahrzehnt im Einsatz. Ursprünglich zur Therapie von Blutvergiftungen entwickelt, bekämpfen die molekularbiologisch hergestellten Medikamente heute erfolgreich zum Beispiel Rheumatoide Arthritis (RA): Sie blockieren gezielt die von der körpereigenen Abwehr gesteuerten entzündlich-rheumatischen Vorgänge im Gelenk. Mittlerweile sind mehrere Wirkstoffe auf dem Markt. „Die verschiedenen Biologika greifen – wenn auch auf unterschiedlichen Wegen – direkt in den Erkrankungsprozess ein“, erläutert DGRh-Beirat Professor Dr. med. Gerd-Rüdiger Burmester, leitender Rheumatologe an der Berliner Charité. Mit wachsender Erfahrung und Studienzahl setzten Rheumatologen Biologika heute individuell angepasst und zunehmend sicher bei ihren Patienten ein, erläutert der Experte: „Kontrollierte klinische Studien belegen eine hohe Wirksamkeit und ein gutes Sicherheitsprofil.“

Ein gewisses Risiko besteht jedoch darin, dass Biologika die körpereigenen Abwehrkräfte gegen Infektionen schwächen. „Viele Rheumatologen standen deshalb den neuen Medikamenten skeptisch gegenüber“, sagt Professor Burmester im Vorfeld des Kongresses in Köln. Mithilfe von großen Studien und Patientenregistern prüfen Wissenschaftler diese Bedenken. Die Daten von weltweit etwa 20 000 Patienten, die in Registern genau nachuntersucht wurden, belegen: „Vor allem im ersten Jahr der Biologika-Behandlung kommt es vermehrt zu Infektionen, danach scheint das Risiko nicht mehr erhöht“, so der DGRh-Experte. Lungenentzündungen oder Gürtelrose gehören zu den möglichen, wenn auch seltenen Folgen einer solchen Therapie.

Biologika erfordern auch eine genaue Überwachung bei Menschen, die unterschwellig mit Tuberkulose infiziert sind. Diese Patienten sind äußerlich gesund, weil die Immunabwehr die Erreger der Infektionskrankheit in Schach hält. Unter Biologika-Therapie kann die Tuberkulose jedoch ausbrechen. Professor Burmester: „Alle Rheumapatienten werden deshalb vor Beginn der Therapie auf Tuberkulose getestet und bei einer bestehenden Infektion vorsorglich behandelt.“ Die Befürchtung, Biologika begünstigten das Krebsrisiko, hat sich bei Erwachsenen nicht bestätigt. Und auch Menschen mit nicht zu ausgeprägter Herzschwäche können die Präparate einnehmen. Schwangere sollten davon jedoch absehen beziehungsweise das Medikament bei eingetretener Schwangerschaft absetzen.

Bei einigen Patienten lösen Biologika allergieähnliche Reaktionen aus. Dies gilt besonders dann, wenn der Arzt die Medikamente als Infusion in die Vene verabreichen muss. Auch vorübergehend ansteigende Leberwerte, erhöhte Blutfette oder eine verminderte Zahl von Abwehrzellen im Blut treten auf. Diese Risken hat der behandelnde Arzt laut Professor Burmester unbedingt zu berücksichtigen und entsprechend gegenzusteuern: „Der Einsatz von Biologika bei rheumatischen Erkrankungen erfordert Vorsichtsmaßnahmen und sollte deshalb ausschließlich Rheumatologen vorbehalten sein“. Nutzen und Sicherheit von Biologika erörtern Experten im Rahmen des 37. Kongresses der DGRh in Köln.

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Kongress-Pressestelle DGRh
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Dr. Cornelia Rufenach idw

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