Ernährung hat sehr schnellen Einfluss auf Bakteriengemeinschaften im Darm

Nach Gabe von Laborfutter verändert sich die Bakterienvergesellschaftung im Darm von wilden Hausmäusen innerhalb von einer Woche zu einem Kohlenhydrat-assoziierten Enterotyp. Foto: B. Hansen

Ein Forschungsteam der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und des Max-Planck-Institutes für Evolutionsbiologie in Plön hat jetzt herausgefunden, dass die Ernährung von wildlebenden Hausmäusen ein wesentlicher Einflussfaktor für die bakterielle Zusammensetzung des Mäusedarms ist.

Die Studie ist am 27.05.2014 in der online-Ausgabe der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“ veröffentlicht worden. Von diesen Erkenntnissen verspricht sich das Forschungsteam, das Teil des Exzellenzclusters „Entzündung an Grenzflächen“ ist, neue Aufschlüsse über die Aktivitäten im menschlichen Darm.

„Die Maus ist ein wichtiges Studienobjekt, weil wir sie als Modell für chronische Entzündungskrankheiten wie beispielsweise Darmentzündungen nutzen“, sagt Professor John Baines, Projektleiter der aktuellen Studie. Zusammen mit seinen Kolleginnen und Kollegen untersuchte Baines Hausmäuse in ihrer natürlichen Umgebung, wo diese ein vielfältiges Nahrungsangebot nutzen. Ähnlich wie aktuelle Studien an Menschen zeigen auch Mäuse eine individuelle Bakterienvergesellschaftung im Darm.

„Die Zusammensetzung der Darmflora, der sogenannte Enterotyp, variiert von Maus zu Maus – je nachdem wie sich diese ernährt“, erläutert Baines. So weisen Mäuse, die viel pflanzliche Nahrung aufnehmen ein anderes Bakterienmuster auf als solche, die weniger pflanzliche Nahrung aufnehmen.

Weitergeholfen hat dem Forschungsteam vor allem der Vergleich zwischen freilebenden Mäusen und solchen, die im Labor mit Standardfutter ernährt wurden. Bei den freilebenden Mäusen kamen zwei Enterotypen vor, bei den Labormäusen hingegen nur einer.

Interessanterweise zeigte der Enterotyp der Labormäuse eine Ähnlichkeit zu einem vergleichbaren Enterotypen beim Menschen, der mit einer erhöhten Aufnahme von Kohlenhydraten in Verbindung gebracht wird. Um diese Hypothese weiter zu testen, nahmen die Forscherinnen und Forscher des Exzellenzclusters Entzündungsforschung Kontakt zur Graduiertenschule „Entwicklung menschlicher Gesellschaften in Landschaften“ auf.

Hier wurde die Ernährung der freilebenden Mäuse mittels chemischer Analysen rekonstruiert: „Die freilebenden Mäuse zeigen signifikante Unterschiede in der Aufnahme von Kohlenhydratreicher Nahrung entsprechend ihrer Enterotyp-Klassifikation“, berichtet Doktorand Ricardo Fernandes von der Graduiertenschule, Co-Autor der aktuellen Studie.

Die Forscherinnen und Forscher konnten außerdem nachweisen, dass sich der Enterotyp von Mäusen innerhalb von einer Woche verändert. „Aufgrund dieser Beobachtung müssen wir zukünftig noch intensiver untersuchen, wie sich der menschliche Enterotyp verändert“, fasst Projektleiter Baines die Ergebnisse der Studie zusammen. „Wir vermuten, dass der schnelle Stoffwechsel von kleinen Säugetieren wie der Maus eine Rolle spielt bei der schnellen Umstellung ihres Enterotypen.“ 

Originalpublikation: Wang, J., Linnenbrink, M., Künzel, S., Fernandes, R., Nadeau, M.-J., Rosenstiel, P. and Baines, J.F. (2014): Dietary history contributes to enterotype-like clustering and functional metagenomic content in the intestinal microbiome of wild mice. Proceedings of the National Academy of Sciences, http://dx.doi.org/10.1073/pnas.1402342111 

Fotos stehen zum Download bereit: www.uni-kiel.de/download/pm/2014/2014-156-1.jpg Nach Gabe von Laborfutter verändert sich die Bakterienvergesellschaftung im Darm von wilden Hausmäusen innerhalb von einer Woche zu einem Kohlenhydrat-assoziierten Enterotyp. Foto/Copyright: Berit Hansen, MPI Plön 

www.uni-kiel.de/download/pm/2014/2014-156-2.jpg Dr. Miriam Linnenbrink, eine Co-Autorin der Studie, und ihr Feldassistent Hermann Linnenbrink beim Auslegen von Fallen um Hausmäuse in ihrem natürlichen Lebensraum in Angers, Frankreich, zu fangen. Foto/Copyright: Emilie Hardouin, Bournemouth University 

Kontakt: Dr. Tebke Böschen Exzellenzcluster „Entzündung an Grenzflächen“ Telefon: +49 431 880 4682 Email: tboeschen@uv.uni-kiel.de 

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Presse, Kommunikation und Marketing, Dr. Boris Pawlowski, Text: Dr. Tebke Böschen Postanschrift: D-24098 Kiel, Telefon: (0431) 880-2104, Telefax: (0431) 880-1355 E-Mail: presse@uv.uni-kiel.de, Internet: www.uni-kiel.de 

Link zur Pressemitteilung:

www.inflammation-at-interfaces.de/de/ernaehrung-hat-sehr-schnellen-einfluss-auf-bakteriengemeinschaften-im-darm

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Dr. Boris Pawlowski Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

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