Dimethylfumarat – eine neue Behandlungsoption für Lymphome

Bösartige Zellen sind rot, sterbende Zellen grün gefärbt. Stribt eine Tumorzelle, überlagern sich die Farben und es kommt zu einer gelben Färbung. Die vielen gelben Zellen zeigen, dass das medikament DMF die Lymphomzellen wirksam bekämpft. (Es handelt sich um Lymphomzellen des Menschen, die auf Mäuse übertragen wurden; Nicolay et al. Blood 2016.)

Nachdem Wissenschaftler des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) Signalwege in Tumorzellen entdeckt hatten, die wichtig für das Überleben dieser malignen (bösartigen) Zellen sind, haben sie jetzt einen neuen vielversprechenden Wirkstoff überprüft, der das Wachstum und vor allem die Metastasierung von Tumoren bremst.

Die Wissenschaftler des DKFZ konnten den gesamten molekularen Wirkmechanismus dieser Substanz aufklären und sind zur Zeit damit beschäftigt, aus diesen Forschungsergebnissen neue Therapien zu entwickeln.

Dr. Karsten Gülow und sein Team in der Abteilung von Prof. Dr. Peter H. Krammer am DKFZ haben in einem von der Wilhelm Sander-Stiftung geförderten Projekt nach neuen Therapieoptionen für resistente Tumore gesucht. Als Modellsystem diente die besonders agressive Form des kutanen T-Zell-Lymphoms – das sogenannte Sézary Syndrom. Für diese tödlich verlaufende Tumorerkrankung gibt es zur Zeit keinerlei Heilverfahren.

Schon 2009 konnten die Forscher mit Unterstützung der Wilhelm Sander-Stiftung zeigen, dass ein bestimmter Signalweg in diesem Tumor permanent aktiviert ist. Diese schon damals sehr bedeutsamen Daten wurden in der internationalen Fachzeitschrift Cancer Research veröffentlicht und stießen nicht nur in der wissenschaftlichen Gemeinschaft, sondern auch allgemein auf großes Interesse.

Eine direkte Anwendungsmöglichkeit für die Therapie ergab sich damals aber noch nicht. Karsten Gülow, Jan Nicolay und Anne Schröder erforschten in den folgenden Jahren viele mögliche Wege um diesen fehlgesteuerten Signalweg abzuschalten und die Tumorzellen zu töten. Jetzt haben sie einen Wirkstoff gefunden der diese Voraussetzungen erfüllt.

Gülow, Schröder, Nicolay und Kollegen erprobten beim kutanen T-Zell-Lymphom erstmals den Wirkstoff Dimethylfumarat (DMF). Sie konnten zeigen, dass dieser Wirkstoff den fehlgesteuerten Signalweg abschaltet und dass die malignen Zellen dadurch effektiv absterben (siehe Abbildung). Des Weiteren konnten sie auch zeigen, dass die Ausbreitung (Metastasierung) des Tumors auf andere Gewebe verhindert wird.

DMF wird bereits klinisch zur Behandlung der Schuppenflechte und bei Multipler Sklerose angewandt. Daher ist bekannt, dass dieser Wirkstoff nahezu keine Nebenwirkungen aufweist. Der Einsatz von DMF in der Tumortherapie hingegen ist neu und ermöglicht neue Ansätze zur Behandlung von Tumoren wie dem Sézary Syndrom. Diese bedeutenden Erkenntnisse wurden nun in den internationalen Fachzeitschrift Blood und Scientific Reports veröffentlicht.

Literatur:
Kiessling MK, Klemke CD, Kaminski MM, Galani IE, Krammer PH, Gulow K (2009) Inhibition of constitutively activated nuclear factor-kappaB induces reactive oxygen species- and iron-dependent cell death in cutaneous T-cell lymphoma. Cancer Res 69: 2365-74

Nicolay JP, Muller-Decker K, Schroeder A, Brechmann M, Mobs M, Geraud C, Assaf C, Goerdt S, Krammer PH, Gulow K (2016) Dimethyl fumarate restores apoptosis sensitivity and inhibits tumor growth and metastasis in CTCL by targeting NF-kappaB. Blood 128: 805-15

Schroeder A, Warnken U, Roth D, Klika KD, Vobis D, Barnert A, Bujupi F, Oberacker T, Schnolzer M, Nicolay JP, Krammer PH, Gulow K (2017) Targeting Thioredoxin-1 by dimethyl fumarate induces ripoptosome-mediated cell death. Sci Rep 7: 43168

Kontakt:
P.D. Dr. Karsten Gülow / Prof. Dr. Peter H. Krammer
Tumor Immunology Program
Abteilung Immungenetik
Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)
Im Neuenheimer Feld 280
69120 Heidelberg
k.guelow@dkfz.de / p.krammer@dkfz.de

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft und ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland.

Die Wilhelm Sander-Stiftung unterstützte dieses Forschungsprojekt seit 2012 mit 177.000 Euro und fördert die zweite Phase mit über 100.000 Euro. Stiftungszweck ist die Förderung der medizinischen Forschung, insbesondere von Projekten im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden insgesamt über 220 Mio. Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz bewilligt. Die Stiftung geht aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.

Weitere Informationen zur Stiftung: http://www.wilhelm-sander-stiftung.de

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Bernhard Knappe idw - Informationsdienst Wissenschaft

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