Brustkrebs bremsen: Forscher finden neuen Ansatzpunkt

Prof. Dr. Steven A. Johnsen, Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Kinderchirurgie der Universitätsmedizin Göttingen. mit seiner Doktorandin Sankari Nagarajan im Labor. Foto: umg

Die Diagnose Brustkrebs trifft in Deutschland jedes Jahr über 70.000 Frauen. Dank neuer Behandlungsmöglichkeiten steigen die Heilungschancen. Nach wie vor erliegen jedoch viele Patientinnen ihrem Leiden, weil Tumore unempfindlich gegen die angewandte Chemotherapie sind.

Ein internationales Forscherteam um Prof. Dr. Steven A. Johnsen, Leiter Schwerpunkt Translationale Krebsforschung der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Kinderchirurgie der Universitätsmedizin Göttingen, und des Göttinger Zentrums für molekulare Biowissenschaften (GZMB) hat nun herausgefunden, dass Brustkrebs-Zellen das Protein BRD4 benötigen, um sich zu vermehren. Die Erkenntnisse könnten dazu beitragen, neue Therapien für Brustkrebs zu entwickeln. Die Ergebnisse wurden in der amerikanischen Fachzeitschrift Cell Reports veröffentlicht.

Originalpublikation: Nagarajan S, Hossan T, Alawi M, Najafova Z, Indenbirken D, Bedi U, Taipaleenmäki H, Ben-Batalla I, Scheller M, Loges S, Knapp S, Hesse E, Chiang CM, Grundhoff A, Johnsen SA. Bromodomain Protein BRD4 Is Required for Estrogen Receptor-Dependent Enhancer Activation and Gene Transcription. Cell Rep. 2014 Jul 24;8(2):460-9. doi: 10.1016/j.celrep.2014.06.016. Epub 2014 Jul 10.

Um zu wachsen, sind viele Brusttumore auf das weibliche Geschlechtshormon Östrogen angewiesen. Östrogen dockt in den Zellen an ein Partner-Protein an, den Östrogen-Rezeptor alpha (englisch: estrogen receptor alpha, ERα). Der Rezeptor ERα schaltet dann mithilfe anderer Proteine gezielt Gene an, die die Krebszellen dazu anregen, sich zu teilen. Die Folge ist: Das Geschwür vergrößert sich. Solche Östrogen-abhängigen Tumore lassen sich meist gut therapieren. Spezielle Medikamente unterbrechen gezielt den Östrogen-Signalweg und hindern den Tumor so daran, zu wachsen. Manchmal verändern sich die Krebszellen jedoch während der Therapie – sie mutieren und reagieren so nicht mehr auf Medikamente. In diesen Zellen sind die Gene, die eigentlich von Östrogen abhängig sind, nicht mehr auf das Hormon angewiesen. Sie sind dauerhaft angeschaltet, sodass der Tumor trotz Behandlung weiter wuchert. Daher suchen Forscher nach anderen Möglichkeiten, Brustkrebszellen am Wachsen zu hindern.

WACHSTUMS-GENE BRAUCHEN BRD4
Prof. Dr. Steven A. Johnsen, Leiter Schwerpunkt Translationale Krebsforschung der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Kinderchirurgie der UMG, und seine Dok-torandin Sankari Nagarajan haben jetzt in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, dem Hamburger Heinrich-Pette-Institut, der Universität Oxford und der Universität Texas einen neuen Angriffspunkt für Medikamente gefunden. Sie entdeckten, dass Brusttumore zusätzlich zu Östro-gen auch auf das Protein BRD4 angewiesen sind. „BRD4 hilft dem Östrogen-Partner ERα dabei, Wachstums-Gene anzuschalten“, sagt Prof. Dr. Steven Johnsen. Blockierten die Forscher BRD4 in Brustkrebszellen, waren diese Gene weniger aktiv und die Tumorzellen hörten auf zu wachsen. Dieser Effekt lässt sich in Zukunft möglicherweise für die Krebstherapie nutzen. „Medikamente, die BRD4 lahm legen, könnten Östrogen-abhängige Tumore am Wachsen hindern. Dieser Umstand ließe sich vor allem bei Patientinnen nutzen, deren Brustkrebs nicht mehr auf die herkömmliche Behandlung anschlägt“, sagt Sankari Nagarajan. „Tumore, bei denen die eigentlich Östrogen-abhängigen Gene ständig angeschaltet bleiben, obwohl Medikamente die Wirkung des Hormons blockieren, brauchen trotzdem BRD4. Wenn man also auch BRD4 ausschaltet, könnte dies das Tumorwachstum bremsen. Dies wollen wir jetzt untersuchen.“

WEITERE INFORMATIONEN:
Universitätsmedizin Göttingen und Göttinger Zentrum für Molekulare Biowissenschaften
Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Kinderchirurgie
Schwerpunkt Translationale Krebsforschung
Prof. Dr. Steven A. Johnsen, Telefon: 0551 / 39-20830
Robert-Koch-Straße 40, 37075 Göttingen
steven.johnsen@med.uni-goettingen.de

Weitere Informationen:

http://www.med.uni-goettingen.de

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