Biomarker für Diabetes gesucht: Omics-Technologie könnte Diabetes vor dem Ausbruch erkennen

Darüber hinaus ließe sich anhand der Ergebnisse die Therapie der Erkrankung gezielter auf den einzelnen Patienten ausrichten. Zwar seien entsprechende Erkenntnisse noch sehr jung und nicht in der Praxis, so die Einschätzung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). Doch die Suche etwa nach neuen Biomarkern, die Diabetes anzeigen, erscheine durchaus vielversprechend.

Viele Diabeteserkrankungen sind vorhersehbar. Bei Kindern weisen oft Antikörper im Blut auf einen bevorstehenden Typ 1 Diabetes hin. Beim Erwachsenen erhöhen Übergewicht und ein Lebensstil mit wenig Bewegung das Risiko für Stoffwechselstörungen, die wiederum auf einen bevorstehenden Typ 2 Diabetes hindeuten. Eine Reihe neuer biochemischer und genetischer Tests, die sogenannte Omics-Technologie, könnte diese Vorhersage zukünftig noch erheblich verbessern.

Die Tests würden Ärzten einen Überblick über das Erbgut, die in den Zellen abgelesenen Gene und die Stoffwechselprodukte eines Patienten liefern. „Metabolomics-Untersuchungen“ könnten erste Stoffwechselstörungen aufdecken. „Dies wäre theoretisch möglich, lange bevor der Blutzucker auf Dauer ansteigt und der Typ 2 Diabetes zu ersten Schäden geführt hat“, erläutert Professor Dr. med. Andreas Fritsche, Pressesprecher der DDG aus Tübingen.

Ein Genomics-Test könnte gleichzeitig alle bisher bekannten mehr als 40 Risikogene für einen Typ 2 Diabetes erfassen. Es ließen sich zudem Genregulatoren – bestimmte Typen der Erbsubstanz Ribonucleinsäure (RNA), die sogenannte micro-RNA – aufspüren, die eine Rolle in der Entstehung des Typ 2 Diabetes spielen könnten. „Doch noch steckt die Erforschung von Metabolom und Transkriptom in den Kinderschuhen, und gerade die Aussagekraft der Genomics ist begrenzt“, gibt Fritsche zu bedenken. Denn alle bekannten Gene erklären nur etwa zehn Prozent des ererbten Typ 2 Diabetes Risikos. Beim Typ 2 Diabetes sei das Risiko zudem überwiegend durch den Lebensstil des Menschen und seine Interaktion mit dem genetischen Hintergrund des Individuums beeinflusst.

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft rechnet damit, dass noch mehrere Jahre bis zur Einführung der neuen Technologien vergehen. „Vorerst bleiben die Bestimmung des Nüchternblutzuckers, des Langzeitwertes HbA1c und der orale Glukosebelastungstest die wichtigsten Instrumente für die Frühdiagnose des Diabetes“, sagt Professor Fritsche. Eine Einschätzung können Interessierte auch ohne Blutuntersuchung vornehmen: Der Deutsche Diabetes-Risiko-Test im Internet

http://www.diabetesde.org/ueber_diabetes/was_ist_diabetes/habe_ich_diabetes/
diabetes_risikotest_findrisk/
der mit Fragen zu Taillenumfang und Lebensstil auskommt, lässt Aussagen über das persönliche Risiko zu, innerhalb der nächsten fünf Jahre an einem Typ 2 Diabetes zu erkranken. Eine ärztliche Untersuchung ersetze er jedoch nicht.

Etwas anders sieht es für den Typ 1 Diabetes aus. Bei dieser Erkrankung gehen die Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse zugrunde, die das lebenswichtige Blutzucker senkende Hormon Insulin produzieren. Hierfür haben Forscher in den letzten Jahren eine Reihe von Biomarkern entwickelt. Diese weisen Vorgänge im Stoffwechsel nach, die einen Angriff auf die Beta-Zellen ankündigen. „Leider können wir die Zerstörung dieser Zellen derzeit noch nicht verhindern“, bedauert Professor Fritsche. Die Biomarker werden deshalb vor allem zu Forschungszwecken eingesetzt. Aber auch hier bestehe aus Sicht der Deutschen Diabetes Gesellschaft zumindest Anlass zur Hoffnung: Die Wissenschaft arbeitet an Therapien, die eine Immuntoleranz bewirken. Ziel ist es dabei, möglichst viele Beta-Zellen zu erhalten. Sollten diese Ansätze erfolgreich sein, helfen die Biomarker dabei, geeignete Patienten für die Therapie auszuwählen.

Literatur: Der Diabetologe 2012; 8 (Springer-Verlag, Heidelberg)

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