Zerstörungsfreies Aufspüren winziger Oberflächenrisse

Erhitzt man beispielsweise mit einem Fön die Oberfläche eines Metallkörpers, verteilt sich normalerweise die Wärme sehr homogen und dringt hauptsächlich senkrecht zur Oberfläche langsam in die Tiefe des Materials ein. Da Oberflächenrisse oftmals auch senkrecht zur Oberfläche verlaufen, sind dann der Wärmestau und dadurch die Nachweismöglichkeit vermindert.

Deshalb nutzten Wissenschaftler der BAM Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung den Effekt der radialen Wärmeausbreitung bei punktförmigen Wärmequellen (wie sie durch einen Laser erzeugt wird) aus, und haben ein lasergestütztes Prüfverfahren entwickelt, mit dem man zerstörungsfrei auch sehr feine Risse erkennen kann.

Angewandt wird zunächst folgendes Prinzip der Laserthermographie: Ein Laser erwärmt an einer winzigen Stelle das zu prüfende Material. Mit einer Wärmebildkamera wird dann die Wärmeverteilung an der Oberfläche inspiziert. Dabei rastert man die Oberfläche mit einer Geschwindigkeit von bis zu zehn Metern pro Sekunde ab. An der Rissflanke entsteht ein Wärmestau. Somit kann man an der Flanke einen Bereich mit einem sehr steilen Anstieg der Temperaturverteilung sehen. Das Problem: „Wenn man mit einer Wärmebildkamera auf die Oberfläche des Materials schaut, sieht man nur den heißen Punkt des Lasers“, sagt der BAM-Physiker Marc Kreutzbruck. Doch der interessiere natürlich bei einer Überprüfung nicht. Denn geschaut werden soll ja nach der auffälligen Wärmeverteilung, die durch Risse hervorgerufen wird, so Kreutzbruck weiter.

Die BAM-Experten entwickelten deshalb für die zerstörungsfreie Prüfung ein mathematisches Verfahren, mit dem es möglich ist, durch einen Algorithmus auf der einen Seite das Signal des Risses (durch eine so genannte örtliche Ableitung) zu verstärken, auf der anderen Seite aber das Signal des Lasers auszulöschen. Dabei sei das nicht nur eine mathematische Spielerei, sagt Kreutzbruck. Sondern man bekomme die ganz konkrete physikalische Größe des Wärmewiderstandes.

Zudem können mögliche Defekte in alle Richtungen festgestellt werden. Risse sind deshalb in Abhängigkeit der eingesetzten Laserleistung bis zu einer Tiefe von zehn Mikrometern nachweisbar. Aber auch die Ortsauflösung ist sehr gut und lässt Risse noch in einem Abstand von nur 100 Mikrometern einzeln erkennen. „Das Verfahren ist schnell, gänzlich berührungslos und mittels kommerziell erhältlicher Komponenten zu realisieren“, sagt Kreutzbruck. Der Experte sieht die Entwicklung vor allem als Hilfe in der Industrie und bei Dienstleistern, die die zerstörungsfreie Prüfung (ZfP) automatisieren möchten.

Kontakt:
Dr. rer. nat. habil. Marc Kreutzbruck
Abteilung 8 Zerstörungsfreie Prüfung
E-Mail: Marc.Kreutzbruck@bam.de
(BAM-Pressemitteilung Nr. 11/2013)

Media Contact

Dr. Ulrike Rockland idw

Weitere Informationen:

http://www.bam.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Materialwissenschaften

Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Artikel über die Materialentwicklung und deren Anwendungen, sowie über die Struktur und Eigenschaften neuer Werkstoffe.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer