Viele Wege führen zur Supraleitung

Eine neue Klasse von Supraleitern weckt seit ihrer Entdeckung 2008 das Interesse der weltweiten Forschung. Anders als die bisher bekannten Kupfer-Keramiken (Kuprate) bestehen sie in ihrer Grundstruktur aus Eisenverbindungen. Vor allem weil sie sich in vielen grundlegenden Fragen des Strukturaufbaus von den Kupraten unterscheiden, erhofft man sich neue Erkenntnisse darüber, wie das Phänomen der Supraleitung entsteht.

Forscher des Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) haben nun in Kooperation mit einer internationalen Wissenschaftlergruppe eine magnetische Signatur entdeckt, die universell bei allen Eisen basierten Supraleitern auftritt, auch wenn die Stammverbindungen, aus denen die Supraleiter entstanden, unterschiedliche chemische Eigenschaften haben. Sie publizieren dies in der Zeitschrift Nature Materials (DOI: 10.1038/NMAT280).

Supraleiter werden in der Regel durch Dotieren von so genannten Stammverbindungen hergestellt, also indem man Fremdatome einschleust. Dabei hängen Magnetismus und Supraleitung – diese beiden Eigenschaften von Festkörpern – eng zusammen. Konventionelle Supraleiter, zum Beispiel solche, die in MRT-Geräten in Krankenhäusern eingesetzt werden, mögen keinen Magnetismus, da er die Wechselwirkungen stört, die im Kristall zur Supraleitung führen. Ganz anders ist dies bei den Hochtemperatur-Supraleitern, etwa den Kupraten und den Eisen-Arsen-Verbindungen. Hier helfen die magnetischen Kräfte und befördern das Entstehen von Supraleitung. Bei diesen Verbindungen gibt es magnetische Grundordnungen, von denen man weiß: wenn diese in einer Kristallstruktur auftreten, dann taugt das Material zum Hochtemperatur-Supraleiter.

Bei den neuen Eisen basierten Supraleitern zeigt sich nun, dass die Symmetrie einer magnetischen Ordnung genau der Symmetrie im Supraleitungssignal entspricht.

Dimitri Argyriou (HZB) und seine Kollegen haben Eisen-Tellur-Selen-Kristalle hergestellt und mit Röntgen- sowie Neutronenbeugung deren chemische Zusammensetzung und Struktur bestimmt. Mit Neutronenstreu-Experi­menten am Forschungsreaktor BER II des HZB und am Forschungsreaktor des Institut Laue-Langevin in Grenoble haben sie die magnetischen Signale in den Kristallen gemessen.

Dabei haben sie festgestellt, dass sich die Symmetrie der magnetischen Ordnung deutlich von anderen Eisen basierten Stammverbindungen, etwa den Eisen-Arsen-Verbindungen unterscheidet. Doch überraschenderweise spielt diese Differenz keine Rolle bei der Herausbildung der supraleitenden Eigenschaft. Das magnetische Muster im entstehenden Supraleiter ist in allen Eisenverbindungen gleich und folgt offenbar einem universellen Mechanismus.

Dimitri Argyriou beschreibt diese Ergebnisse wie folgt: “Nach dem, was wir über die magnetische Ordnung von Eisenverbindungen wissen, dürften die Eisen-Tellur-Selen-Materialien gar keine Supraleitung zeigen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Trotz der Unterschiede bei den Ausgangsverbin­dungen ist die Signatur der Supraleitfähigkeit gleich. Wenn wir jetzt verstehen würden, wie die Supraleitung angesichts der unterschiedlichen Ausgangsbedingungen entsteht, könnten wir vielleicht Materialien entwickeln, die bei noch höherer Temperatur supraleitend sind.“

Media Contact

Dr. Ina Helms Helmholtz-Zentrum

Weitere Informationen:

http://www.helmholtz-berlin.de/

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