Wissenschaftler der FAU nutzen weltweit einzigartige Umformpresse

Europaweit einzigartig wird diese Forschungsanlage durch die Vielzahl an Funktionen, die sie beherrscht: Bleche unterschiedlichster Werkstoffe und Dicken werden von der Maschine umgeformt, geprägt und gestaucht.

Das ermöglicht den kooperierenden Wissenschaftlern und Ingenieuren des Lehrstuhls für Fertigungstechnologie und der NMF GmbH die Herstellung von Materialien und Bauteilen mit völlig neuen Eigenschaften, die in der Automobilbranche ebenso eingesetzt werden können wie in der Luft- und Raumfahrttechnik oder jedem anderen Industriezweig, der Blech verarbeitet.

Kernstück der Presse ist der quaderförmige Stößel, der allein bereits mehr als 24 Tonnen auf die Waage bringt. Er hat eine Grundfläche von vier Quadratmetern, ist über zwei Meter hoch, wird durch seitlich angebrachte Führungen in Position gehalten und kann sich mit Geschwindigkeiten von bis zu 0,25 Metern pro Sekunde bewegen. Herkömmliche Umformpressen bringen es dagegen in der Regel auf Geschwindigkeiten von nur 0,04 Metern pro Sekunde. Setzt man das Gewicht von 24 Tonnen in Relation zu der erzielten Geschwindigkeit, dann bewegt sich ein 100-Meter-Läufer gerade mal im Schneckentempo vorwärts.

Den unteren Teil der Presse bildet der 2,5 Quadratmeter große Pressentisch. Im Arbeitsraum der Presse können die eingebrachten Bleche in dafür vorgesehenen Werkzeugen umgeformt werden. Dabei befindet sich das zu formenden Blech, beispielsweise eine runde, flache Platte, zwischen zwei sich ergänzenden Vorlagen, den Werkzeugen. Im einfachsten Fall steht unter dem Blech zum Beispiel eine Art Schale, deren Negativ durch den Stößel wie ein Stempel auf das Blech gedrückt wird. Ist die Kraft groß genug, um das Material dauerhaft zu verformen, entsteht dadurch eine Blechschale in der Form der unteren Vorlage. Bei solchen Prozessen wirken in der Presse stufenlos regelbare Kräfte bis zu 4000 Kilonewton. Das entspricht einer Masse von 400 Tonnen, also 400.000 Kilogramm.

Zum weltweiten Unikat wird die Presse durch ihre integrierte „Taumelfunktion“. Damit bezeichnet man die Fähigkeit der Maschine, nicht nur einfache, geradlinige Bewegungen von oben nach unten auszuführen, sondern das untere Werkzeug kreisförmig umlaufend zu heben und zu senken, also beispielsweise schräg zu stellen. In Fürth steht also die einzige Presse der Welt, die über einen Hüftschwung verfügt, der keinen Vergleich mit menschlicher Konkurrenz zu scheuen braucht.

Die Fürther hydraulische Presse nutzt für das „Taumeln“ eine besondere Technik, die es so weltweit kein zweites Mal gibt: Die Wissenschaftler können hier ohne großen Aufwand eine sieben Tonnen schwere, kipp- und schwenkbare Platte, das so genannte Taumelmodul, auf den Pressentisch aufsetzen. An den Ecken dieser Platte befinden sich Zylinder, die unterschiedlich weit ausgefahren werden können. Dadurch kann die Platte während des Umformprozesses in stufenlos wählbaren Winkeln schräg stehen. Das wiederum hat zur Folge, dass sich die Kraft des Stößels lokal ungleichmäig auf die zu pressenden Bleche verteilt, die dadurch ihre individuelle Form erhalten. Der Einsatz der Taumelplatte ermöglicht den Forschern bei der Herstellung ihrer Bauteile und Halbzeuge nicht nur besonders große Flexibilität, sondern darüber hinaus höchste Präzision.

Weitere Informationen

Prof. Dr. Marion Merklein
Tel.: 09131/85-27140
m.merklein@lft.uni-erlangen.de
Sebastian Rösel
Tel.: 09131/85-28317
s.roesel@lft.uni-erlangen.de

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