Schlauer googeln dank Sprachforschung

Das Problem kennt wohl jeder, der schon einmal eine Internetsuchmaschine benutzt hat: Wählt man den Suchbegriff zu allgemein, so wird man von einer riesigen Anzahl an Treffern überflutet.

Ist der Suchbegriff dagegen zu speziell, entgehen einem viele wichtige Informationen: Sinnverwandte Wörter, Ober- oder Unterbegriffe des Gesuchten werden von den heute gängigen Suchmaschinen nicht erfasst. „Das macht eine Recherche im Internet oftmals unübersichtlich und zeitraubend“, sagt Dr. Bettina Bock von der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Doch das könnte sich bald ändern: Denn Dr. Bock und einige Kolleginnen vom Lehrstuhl für Indogermanistik haben gemeinsam mit Wirtschaftsinformatikern der Jenaer Universität ein Projekt ins Leben gerufen, das Suchmaschinen künftig wesentlich „intelligenter“ machen könnte. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt das Vorhaben im Rahmen des Förderprogramms ForMaT (Forschung für den Markt im Team) in den kommenden sechs Monaten mit 100.000 Euro.

„Die Idee ist, unsere Erkenntnisse auf dem Gebiet der mehrdimensionalen Wortschatzvernetzung für praktische Anwendungen nutzbar zu machen“, begründet Dr. Bock die ungewöhnliche Kooperation von Sprachwissenschaftlern und Wirtschaftsinformatikern. So könnte die Benutzerfreundlichkeit von Suchmaschinen z. B. dadurch erhöht werden, dass auch sinnverwandte oder Teilbegriffe als Treffer angezeigt und vorsortiert werden. „Wenn Sie beispielsweise nach der 'Universität Jena' suchen, würden Sie dann automatisch auch Einträge zur 'Hohen Schule' oder 'Salana' erhalten, aber auch zur Jenaer Fachhochschule, weil das für Sie vielleicht auch interessant sein könnte“, verdeutlicht Prof. Dr. Rosemarie Lühr, Inhaberin des Jenaer Lehrstuhls für Indogermanistik.

An ihrem Lehrstuhl läuft eine ganze Reihe von Forschungsprojekten, in denen sogenannte Wortfelder – Gruppen von Wörtern, die sinnverwandt oder in engem Zusammenhang stehen – erfasst werden. Diese Daten sollen nun die Grundlage für das aktuelle Projekt bilden. In der ersten Projektphase werden die Wissenschaftler zunächst analysieren, welche potenziellen Anwendungsbereiche ihrer sprachwissenschaftlichen Ergebnisse es gibt. „Denkbar ist hier neben dem Bereich der Suchmaschinen vor allem Übersetzungssoftware“, sagt Dr. Sabine Ziegler, die das Projekt gemeinsam mit ihrer Kollegin Dr. Bock initiiert hat. „Diese Programme arbeiten bislang automatisiert und vor allem nach statistischen Kriterien ohne Kontextbezug; sie sind somit äußert fehleranfällig: Bei einer Suche nach dem Stichwort ,Freiheit' wird zum Beispiel unter den Oberbegriffen auch ,Helium' aufgeführt, was jedoch an spezielle chemische Kontexte gebunden ist“, weiß die Jenaer Indogermanistin. Sprachwissenschaftliche Erkenntnisse, die unter anderem nach Konnotationen, Stilebenen und Fachsprachen differenzieren, könnten die Übersetzungsgenauigkeit dieser Software wesentlich verbessern.

Nach der nun beginnenden sechsmonatigen Screening-Phase stellen die Jenaer Wissenschaftler ihre Projektergebnisse erneut zur Begutachtung dem BMBF vor. Im Falle einer positiven Bewertung lockt im Anschluss eine weitere Förderung. „Dann wird es um die Umsetzung unserer Verwertungsansätze in praktische, wirtschaftlich verwertbare Produkte gehen“, erläutert Ralf Herud, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik (Prof. Dr. Johannes Ruhland) das Projekt betreut. Die Umsetzungsphase dauert bis zu zwei Jahre.

Kontakt:
Dr. Bettina Bock
Lehrstuhl für Indogermanistik der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Zwätzengasse 12
07743 Jena
Tel.: 03641 / 944385
E-Mail: bettina.bock[at]uni-jena.de

Media Contact

Dr. Ute Schönfelder idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-jena.de

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