Neues Tiefseebohrgerät vorgestellt

Das MARUM-MeBo200 auf dem Bremer Betriebsgelände. Foto: V. Diekamp, MARUM, Universität Bremen

Wissenschaftlich und technisch erprobt wird das Hightech-Instrument in der zweiten Oktoberhälfte dieses Jahres auf einer Fahrt mit dem neuen Forschungsschiff SONNE. Das gut acht Millionen Euro teure System wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert.

Mit dem rund zehn Tonnen schweren MARUM-MeBo200 steht jetzt ein ferngesteuertes Bohrgerät zur Verfügung, das sich von größeren Forschungsschiffen einsetzen lässt. Das weltweit einzigartige mobile Bohrgerät ist für den Einsatz in Wassertiefen von bis zu 2.700 Meter ausgelegt.

Vier große, tellerartige Füße verleihen dem sechs Meter hohen Bohrturm die nötige Standfestigkeit am Meeresgrund, wo er bis zu 200 Meter lange Kerne von Lockersedimenten und Festgesteinen erbohren kann.

„Wir hatten bereits ab 2005 ein Vorgängermodell entwickelt, das 70 Meter tief bohren kann“, sagt der frühere Direktor des MARUM, Prof. Gerold Wefer. Im Vergleich zu MeBo70 bietet das neue System allerdings vielfältige Vorteile:

1) Da das Gerät tiefere Sedimentschichten erbohren kann, lassen sich so länger zurück liegende Abschnitte der Klima- und Umweltgeschichte entschlüsseln.

2) Bis in die jüngste Vergangenheit haben untermeerische Hangrutschungen Tsunamis ausgelöst; MARUM-MeBo200 versetzt Geowissenschaftler in die Lage, dickere Rutschungspakete zu durchbohren, um die Physik und die Dynamik solcher Ereignisse besser zu verstehen.

3) MARUM-MeBo200 lässt sich zudem mit einem speziellen Lot ausrüsten, um Methanhydrate im Meeresboden beproben. Die eisartige Substanz gilt als potentielle Rohstoffquelle der Zukunft, ist aufgrund ihrer Treibhauswirkung aber auch als Klimarisiko im Gespräch. Wenn Hydrate mit traditionellen Loten an Deck gebracht werden, zerfallen sie sehr schnell. Das Speziallot bietet dagegen weit bessere Untersuchungsmöglichkeiten, denn seine druckfeste Kammer garantiert, dass die Hydrate stabil bleiben.

4) MARUM-MeBo200 kann in Meerestiefen von bis zu 2.700 Meter eingesetzt werden, also gut ein Drittel tiefer als das Vorgängergerät. Damit können jetzt tiefere Regionen etwa der mittelozeanischen Rücken erforscht werden. Dort interessieren sich die Wissenschaftler vor allem für die geologisch-chemisch geprägten Prozesse an schwarzen und weißen Rauchern, die über die chemische Zusammensetzung des Meerwassers und damit auf lange Sicht auch über das Klimageschehen mitbestimmen.

„Mit dem neuen Bohrsystem bauen wir die weltweite Spitzenstellung Bremens, aber auch Deutschlands in der Tiefseetechnologie weiter aus“, betont Prof. Michael Schulz. Der Direktor des MARUM verweist darauf, dass auf internationaler Ebene, etwa im Rahmen des weltweiten International Ocean Discovery Program IODP, bereits intensiv über Einsätze des Bremer Bohrgeräts diskutiert wird. Zwar müssen Bohrgerät und Gestänge, Winde, Steuerungs- und Aussetzeinheit, Hydraulik und Stromversorgung in sieben Containern zu den Ausgangshäfen der Expeditionen verschickt werden.

„Dennoch bietet MARUM-MeBo200 die Möglichkeit, deutlich kostengünstiger als mit Bohrschiffen wertvolle Proben aus der Tiefsee zu gewinnen“, sagt Michael Schulz.

Weitere Informationen / Interviewanfragen / Bildmaterial:
Albert Gerdes
MARUM-Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 0421 218 65540
Email: agerdes@marum.de

http://www.marum.de/MARUM-MeBo200_der_Oeffentlichkeit_vorgestellt.html

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