Der Schwerpunkt der Erde

Dass die Erde keine Scheibe sondern eine Kugel ist, weiß heute jedes Kind. Dabei hat die Form unseres Heimatplaneten mit der ebenmäßigen Gestalt einer Kugel nur wenig gemein: Dellen und Beulen überziehen ihre Oberfläche und so vergleichen Geowissenschaftler die Erde auch gern einmal mit einer Kartoffel.

Ursache für die Deformation sind Unterschiede in der Erdanziehungskraft. „Durch die unregelmäßige Verteilung von Massen variieren die Anziehungskräfte das Schwerefeld der Erde“, erläutert Prof. Dr. Gerhard Jentzsch von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Der Inhaber des Lehrstuhls für Angewandte Geophysik und seine Kollegin, Prof. Dr. Corinna Kroner, wollen in einem gerade gestarteten Forschungsprojekt die Massenverteilung im System Erde jetzt genauer unter die Lupe nehmen.

Denn die Masse ist nicht nur unregelmäßig verteilt, sondern auch ständig in Bewegung. „So verteilen sich beispielweise Grundwasser und Bodenfeuchte stetig um, aber auch wenn Gletschereis schmilzt oder Wasser aus Seen oder Ozeanen verdunstet. Zu Massenverlagerungen kommt es ebenfalls durch Erdbeben, Vulkanausbrüche oder die Bewegung der Kontinentalplatten“, weiß Prof. Kroner. Die Juniorprofessorin für Angewandte Geophysik und Schwerefeldänderungen an der Universität Jena koordiniert das Projekt, das sich in das Schwerpunktprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) „Massentransporte und Massenverteilung im System Erde“ eingliedert. Mit den bewilligten Mitteln für das Forschungsvorhaben werden in den kommenden zwei Jahren drei Stellen für Doktoranden finanziert, von der eine Stelle in Jena angesiedelt ist.

Um die Veränderungen der Massenverteilung in der Erde zu messen, nutzen die Geophysiker aus Jena gemeinsam mit Kollegen des Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie in Frankfurt/M. und dem GeoForschungsZentrum Potsdam sowohl Satellitendaten als auch bodengestützte Messungen. „Da das Schwerefeld der Erde die Bahnen von Satelliten beeinflusst, erlaubt die Vermessung ihrer Bahnen Rückschlüsse über das Schwerefeld“, so Prof. Jentzsch. „Allerdings steht eine Überprüfung der Signale mit terrestrischen Beobachtungen noch aus.“ Deshalb sei der zeitliche und räumliche Vergleich mit bodengestützten Schwerefeldmessungen unerlässlich.

Insbesondere das Geodynamische Observatorium Moxa der Universität Jena sowie die deutschen Stationen des Bundesamtes für Kartographie und Geodäsie sollen die dafür notwendigen Daten von der Erdoberfläche liefern. „Unser supraleitendes Gravimeter ist ein wichtiger Teil in dieser Untersuchung, da es als ein Punkt des Europäischen Geodätischen Referenznetzes sowohl über eine permanente GPS-Station verfügt als auch seitens der Projektpartner regelmäßig mit Absolutgravimetern besucht wird“, schätzt Prof. Jentzsch ein. Von den Ergebnissen erhoffen sich die Forscher zu einer Verbesserung der Modelle zur Wasserverteilung im Untergrund sowie zu deren zeitlicher Veränderung beizutragen. Diese könnten schließlich auch in Modelle zur Berechnung von Klimaveränderungen münden.

Kontakt:
Prof. Dr. Gerhard Jentzsch
Institut für Geowissenschaften der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Burgweg 11, 07749 Jena
Tel.: 03641 / 948660
E-Mail: gerhard.jentzsch[at]uni-jena.de

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Dr. Ute Schönfelder idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-jena.de

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