TU Berlin übergibt Indonesien neuen Satelliten – Zur TUBSAT-Familie gehören nun sieben Modelle

Am 7. September übergeben ein Forscherteam um Prof. Dr.-Ing. Udo Renner vom Institut für Luft- und Raumfahrt der TU Berlin und TU-Präsident Prof. Dr. Kurt Kutzler den neuen Satelliten LAPAN-TUBSAT der indonesischen Raumfahrtbehörde LAPAN. Sie hatte vor zwei Jahren den jüngsten TU-Forschungssatelliten zum Festpreis von einer Million Euro in Auftrag gegeben. Der neue Satellit soll Video-Aufnahmen von Umweltphänomenen in Indonesien liefern und mit einer indischen Trägerrakete ins All geschossen werden.


Nach dem erfolgreichen Start des ersten Berliner TUBSAT-A vor genau 14 Jahren ist LAPAN-TUBSAT nun bereits das siebte Modell, das Wissenschaftler der TU Berlin entwickelten und fertig stellten. Die TU Berlin war damals die erste Universität Deutschlands, die einen Forschungssatelliten konstruierte und im All erprobte. Sie ist auch diejenige universitäre Einrichtung, die die meisten Satelliten in die Umlaufbahn geschossen hat.

Der Satellit wird am 7. September im Beisein des Botschafters der Republik Indone-sien, Mr. Makmur Widodo, des Präsidenten der TU Berlin, Prof. Dr. Kurt Kutzler, des Präsidenten von LAPAN, Dr. Mahdi Kartasasmita, und von Frau Dr. Cornelia Rieß, Leiterin der Internationalen Beziehungen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, übergeben. Die Zusammenarbeit soll mit einem weiteren Kooperationsvertrag gefestigt werden. Mit dem Auftrag für den Forschungssatelliten ist gleichzeitig eine wissenschaftliche Kooperation und ein Austausch von Nachwuchswissenschaftlern verbunden.

Der neue Satelit LAPAN-TUBSAT

LAPAN-TUBSAT ist mit 55 Kilogramm Masse ein typischer Mikrosatellit (Klasse bis 100 kg) und hat mit den Maßen 45 x 45 x 27 Zentimetern die Form eines abgeplatteten Würfels. Das Besondere an diesem Projekt ist der Einsatz einer TV-Videokamera anstelle der sonst üblichen Festbildkamera, die den Empfang der Bilder in Echtzeit und damit den interaktiven Eingriff auf die Blickrichtung ermöglicht. Die Beobachtungsstrategie entspricht der eines Astronauten, der sein Auge wandern lässt, bis er etwas Interessantes gefunden hat. Die Kompaktheit eines Mikrosatelliten zusammen mit einer speziell entwickelten Lageregelung ermöglicht dabei schnelle Schwenkmanöver im All.

Zusätzlich zu der Normalkamera mit dem Blickwinkel eines Astronauten (50 mm Brennweite) ist noch eine Teleskopkamera mit 20-facher Vergrößerung (1000 mm Brennweite) an Bord, die Gegenstände bis zu sechs Metern Größe auf der Erde erkennen lässt. Ziel des Suchvorganges ist das Aufspüren zeitlich und lokal veränderlicher Ereignisse, die im indonesischen Alltagsleben eine Rolle spielen, wie zum Beispiel:

– Seeverkehr, Fischerei, Wasserverschmutzung, Plankton,
– Landwirtschaft, Bewässerungszustand, Hagelschäden, Schädlingsbefall,
– Vulkanausbrüche,
– Überschwemmungen, Tsunami,
– Wetterentwicklung, Sandstürme,
– Waldbrände, unerlaubte Brandrodungen.

Die Bahn des Satelliten ist annähernd polar (sonnensynchron) mit einer Bahnneigung von 98° und einer gleichmäßigen Bahnhöhe von 620 Kilometern. Die Umlaufzeit um die Erde beträgt etwa anderthalb Stunden. Da sich die Erde in der Zwischenzeit weiterdreht, überfliegt der Satellit im Laufe von 24 Stunden jeden Ort zweimal (einmal tags und einmal nachts) und kann daher nicht nur in Indonesien nützliche Dienste leisten, sondern überall wo eine entsprechende Empfangsstation steht, wie zum Bei-spiel auf dem Dach des Institutsgebäudes für Luft- und Raumfahrt der TU Berlin.

Das Ausbildungsprogramm

Die erste Phase des Ausbildungsprogramms bestand in dem gemeinsamen Bau eines Satelliten im gemischten Team, an dem vier indonesische Ingenieure permanent (anderthalb Jahre lang) und weitere zwölf für jeweils drei Monate involviert waren. Die Ausbildung wurde durch Unterrichtsstunden, rechnergestützte Simulationen und praktische Laborversuche unterstützt. Der Satellitenentwurf stammt von der TU Berlin. Der Abschluss dieser Phase wird am 7. September 2006 in der TU Berlin mit der feierlichen Übergabe des Satelliten markiert.

Die zweite Phase, die durch eine Vertragsunterzeichnung am 7. September eingeleitet wird, beinhaltet einerseits den Start und den gemeinsamen Betrieb des Satelliten, andererseits den Nachweis, dass derselbe Satellit, mit einigen Verbesserungen und Erweiterungen, aus eigener Kraft in Indonesien hergestellt werden kann. Die Rolle der TU Berlin besteht in einer beratenden Funktion.

In der dritten Phase sollen indonesische Ingenieure einen Satelliten nach eigenem Entwurf herstellen.

Stellung der TU Berlin im internationalen Vergleich

Auf nationaler Basis bleibt die TU Berlin auf dem Gebiet der Kleinsatelliten-Entwicklung führend, obwohl in der Zwischenzeit auch andere Universitäten wie Stuttgart, München, Bremen, Dresden, Aachen oder Würzburg ihre Vorliebe für diese Disziplin entdeckt haben. International rangiert die TU Berlin auf einem der vorderen Plätze, wobei die Universität von Surrey (England) mit Abstand mehr Satelliten gestartet hat und die Universität von Stellenbosch (Südafrika) noch deutlich mehr in dieses Fachgebiet investiert. Beide Universitäten haben inzwischen An-Institute gegründet, über die internationale Aufträge abgewickelt werden.

In diesem Zusammenhang ist es für die TU Berlin sehr ehrenvoll, wenn die indonesische Luft- und Raumfahrtbehörde LAPAN, nach vorheriger Konsultation mit Surrey und Stellenbosch, sich trotzdem für das Berliner Angebot entschieden hat und nach offensichtlich guten Erfahrungen auch in der zweiten Vertragsphase mit der TU Berlin kooperieren will.

Weitere Informationen erteilt Ihnen gern: Prof. Dr.-Ing. Udo Renner,
Institut für Luft- und Raumfahrt, Tel: 030/314-22308, Fax: 030/314-21306,
E-Mail: Udo.Renner@ilr.tu-berlin.de, Homepage der TUBSAT-Familie: http://www.ilr.tu-berlin.de/RFA/

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