Wissenschaftler entschlüsseln Erbgut von Weiß- und Braunfäulepilzen

Tametes versicolor ist ein Weißfäulepilz, der hierzulande sehr häufig auf faulendem Holz gefunden werden kann. Der Pilz baut mit seinen Enzymen das Holz ab, um Nährstoffe zu gewinnen, zu wachsen und den Fruchtkörper auszubilden.<br>Foto: Universität Göttingen<br>

Ein internationales Forscherteam mit Beteiligung der Universität Göttingen hat in Zusammenarbeit mit dem Joint Genome Institute in Kalifornien das Erbgut von zwölf holzabbauenden Pilzen entschlüsselt.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verglichen ihre Daten mit 19 weiteren bereits bekannten Pilzgenomen. Dadurch konnten sie Rückschlüsse auf die Entstehung und Entwicklung von Weiß- und Braunfäulepilzen im Verlauf der Erdgeschichte ziehen. Die Ergebnisse der Studie wurden in der renommierten Fachzeitschrift Science veröffentlicht.

Weißfäuleerreger bauen die verschiedenen Bestandteile der Zellwände im Holz ihrer Wirtspflanze – wie Lignin, Zellulose und Hemizellulose – mithilfe von Enzymen ab. Andere Pilze erzeugen Braunfäule: Sie lösen chemische Reaktionen im Holz aus, durch die Zellulose freigelegt wird. Die freigelegte Zellulose bauen sie dann mithilfe von Enzymen ab, während das Lignin als Reststoff übrigbleibt. Die Wissenschaftler stellten nun bei ihren Untersuchungen fest, dass Weißfäulepilze im Verlauf der Erdgeschichte erstmals zum Ende des Karbonzeitalters auftraten, also vor etwa 300 bis 350 Millionen Jahren.

„Zu dieser Zeit ging die Bildung von Kohlevorkommen aus Pflanzen deutlich zurück“, erklärt Prof. Dr. Ursula Kües von der Universität Göttingen, die einzige deutsche Wissenschaftlerin im Team. „Ein Grund dafür könnte das Auftreten der Weißfäulepilze gewesen sein. Braunfäulepilze entstanden offenbar deutlich später“, erläutert sie. „Sie entwickelten sich, indem bestimmte Gene aus dem Erbgut der Weißfäulepilze im Laufe der Zeit verschwanden.“

In einer umfangreichen biometrischen Analyse der 31 Pilzgenome verglichen die Wissenschaftler das zeitliche Auftreten, die Entwicklung und den Verlust von 27 spezifischen Genfamilien. Dabei konzentrierten sie sich hauptsächlich auf die Gene, die für die potentielle Bildung verschiedener Enzyme zum Abbau der Holzbestandteile verantwortlich sind. Prof. Kües untersuchte Gene für Multikupfer-Oxidasen, spezielle Enzyme, die zum Abbau des Zellwandbestandteils Lignin beitragen.

Originalveröffentlichung: Dimitros Floudas et al. The Paleozoic origin of enzymatic mechanisms for decay of lignin reconstructed using 31 fungal genomes. Science 2012.

Kontaktadresse:
Prof. Dr. Ursula Kües
Georg-August-Universität Göttingen
Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie
Büsgen-Institut – Abteilung Molekulare Holzbiotechnologie und technische Mykologie
Büsgenweg 2, 37077 Göttingen, Telefon (0551) 39-7024
E-Mail: ukuees@gwdg.de

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