Weichen gestellt –klinische Prüfung eines Ebola-Impfstoffs in Deutschland vom Paul-Ehrlich-Institut

Elektronenmikroskopische Aufnahme Ebola-Virus Quelle: Cynthia Goldsmith, CDC

Das Paul-Ehrlich-Institut, Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, hat zur Vorbereitung frühzeitig mit der kanadischen Gesundheitsbehörde Health Canada, wo der Impfstoff entwickelt wurde, und dem Lizenzinhaber, der Firma NewLink Genetics, kommuniziert und den Kontakt zu Professorin Marylyn Addo und Professor Stephan Becker, beide Deutsches Zentrum für Infektionsforschung (DZIF), hergestellt. Die klinische Prüfung wird unter Leitung von Professorin Addo am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf stattfinden.

Das Bundes­ministerium für Gesundheit hat die Planung der Studie gefördert und wird auch die klinische Prüfung finanzieren. Die notwendigen Impfstoffdosen werden nach Deutschland geliefert.

Die klinische Prüfung erfolgt an gesunden Erwachsenen, darunter möglicherweise medizinisches Personal, das Ebola-Erkrankten in Deutschland oder in Afrika helfen wird. Der potenzielle Nutzen des Impfstoffkandidaten und seine Risiken sollen in der Studie erforscht werden.

Während die Anzahl der Todes- und Krankheitsfälle in den Ebola-Epidemie­gebieten ständig steigt, laufen die Vorbereitungen klinischer Impfstoff-Prüfungen auf Hochtouren.

„Bereits zu Beginn des Ebola-Ausbruchs haben PEI und BMG darauf gedrungen, die klinische Entwicklung von Impfstoffkandidaten und Therapeutika gegen die gefährliche Ebolavirus-Infektion voranzutreiben. Nur in kontrollierten klinischen Prüfungen sind zuverlässig die Daten zu erheben, die eine Bewertung der Wirksamkeit und Sicherheit von Impfstoffen und Therapeutika erlauben““, betont Prof. Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts.

Um keine Zeit zu verlieren, hat das Paul-Ehrlich-Institut einen ungewöhnlichen Weg eingeschlagen: Mit der Prüfung der sukzessive eintreffenden Unterlagen wurde jeweils unmittelbar nach deren Eingang begonnen: „“Die Daten zu Qualität, präklinischen Untersuchungen zur Sicherheit und Wirksamkeit im geeigneten Tiermodell und das beabsichtigte Studiendesign wurden sorgfältig geprüft““, erläutert Cichutek.

Wie auch bei der Entwicklung anderer Impfstoffe müssen nach Abschluss der präklinischen Untersuchungen Verträglichkeit sowie möglicher Nutzen des Impfstoffs in klinischen Prüfungen an Freiwilligen untersucht werden, die über potenzielle Risiken aufgeklärt wurden. Vergleichbare Studien laufen in den USA und werden in der Schweiz und bald auch in Afrika durchgeführt werden. Die Weltgesundheitsorganisation WHO übernimmt dabei eine koordinative Funktion.

Die klinische Studie wird unter der Leitung von DZIF-Professorin Marylyn Addo als „Investigator Initiated Study“ am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf durchgeführt. Dies bedeutet, dass die Prüfleiterin selbst die Genehmigung der klinischen Prüfung beantragt hat. Die Studie, die unter dem Dach des DZIF läuft, wird zum Großteil vom Bundesministerium für Gesundheit finanziert.

In dieser klinischen Prüfung geht es vor allem darum, erste Hinweise auf die Verträglichkeit des Impfstoffs zu erhalten. Hierzu werden drei verschiedene Dosierungen (zehn Studien­teilnehmer pro Dosierung) verabreicht. Um die Sicherheit der Studienteilnehmer zu gewährleisten, wird mit der geringsten Dosierung begonnen und erst nach Sicherstellung der Verträglichkeit die nächst höhere Dosierung geprüft.

Gleichzeitig sollen auch Informationen über die Immunogenität gewonnen werden. Die Immunogenitäts­untersuchungen helfen abzuschätzen, in welcher Dosierung der Impfstoff vor einer Ebolainfektion schützen könnte. Im Hinblick auf diesen Impfschutz wird dabei die Fähigkeit des Impfstoffs untersucht, bei Geimpften gegen das Ebolavirus gerichtete Antikörper zu induzieren.

Hierzu sollen umfangreiche Untersuchungen mit Blutproben der Studienteilnehmer im Hochsicherheitslabor von Prof. Stephan Becker, Universität Marburg, durchgeführt werden, der Leiter der Sektion „Neu auftretende Infektionskrankheiten“ des DZIF ist.

Der Vektorimpfstoff rVSV-ZEBOV basiert auf dem „Vesikulären Stomatitis Virus“ (VSV) als Übertragungsvehikel. Auf seiner Oberfläche trägt es das zellrezeptorbindende Protein des Ebolavirus, wogegen das Immunsystem der Geimpften Antikörper bildet. Diese Antikörper sollen im Fall eines Kontakts mit dem Ebolavirus die Krankheit verhindern. In präklinischen Untersuchungen konnten 100 Prozent der prophylaktisch geimpften Altweltaffen vor der tödlichen Ebolavirus-Infektion geschützt werden. Der Vektorimpfstoff selbst kann keine Ebolainfektion hervorrufen.

Das Paul-Ehrlich-Institut gehört als Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel zum Geschäftsbereich des Bundesgesundheitsministeriums. Das Paul-Ehrlich-Institut ist Partner des DZIF, eines der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Zentren für Gesundheitsforschung in Deutschland, deren Ziel es ist, die Forschung und die frühe klinische Arzneimittelentwicklung zu stärken.

Das Paul-Ehrlich-Institut verfolgt innerhalb des DZIF die Erforschung neuer „Impfstoffplattformen“ sowie die regulatorische Forschung. Die Aufgabe der Genehmigung klinischer Prüfungen nehmen vom DZIF unabhängige Experten des Paul-Ehrlich-Instituts vor.

Das Paul-Ehrlich-Institut in Langen bei Frankfurt am Main ist als Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel eine Bundesoberbehörde im Geschäfts­bereich des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG). Es erforscht, bewertet und lässt bio­medizinische Human-Arzneimittel und immunologische Tierarzneimittel zu und ist für die Genehmigung klinischer Prüfungen sowie die Pharmakovigilanz – Erfassung und Bewertung möglicher Nebenwirkungen – zuständig.

Die staatliche Chargenprüfung, wissenschaftliche Beratung/Scientific Advice und Inspektionen gehören zu den weiteren Aufgaben des Instituts. Unverzichtbare Basis für die vielseitigen Aufgaben ist die eigene experimentelle Forschung auf dem Gebiet der Biomedizin und der Lebenswissenschaften.

Das Paul-Ehrlich-Institut mit seinen rund 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nimmt zudem Beratungsfunktionen im nationalen (Bundesregierung, Länder) und inter­nationalen Umfeld (Weltgesundheitsorganisation, Europäische Arzneimittel­behörde, Europäische Kommission, Europarat und andere) wahr.

Weitere Informationen:

http://www.pei.de
http://www.dzif.de

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Dr. Susanne Stöcker idw - Informationsdienst Wissenschaft

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