Peptidvesikel: Durchbruch bei Nanoträgersystem für Medikamente

Schematischer Aufbau eines Peptidvesikels aus amphiphilen Peptiden. Uni Basel/W. Meier<br>

Voraussetzung dafür ist die Ausbildung einer Membran, die nun erstmals mit reinen Peptiden erzeugt werden konnte. Das neue Nanoträgersystem kann für den Transport und Schutz unterschiedlicher Gastmoleküle wie Medikamente verwendet werden. Durch die Verwendung von Peptiden baut sich das Trägersystem nach seinem Einsatz im Körper vollständig ab. Die Forschungsergebnisse sind in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins «Small» beschrieben.

Aminosäuren sind natürliche Grundbausteine von Peptiden, Proteinen und Enzymen und bieten ein breites Feld an Funktionalitäten. Einige von ihnen können je nach vorherrschenden pH-Wert ihren Ladungszustand ändern und damit strukturelle Veränderungen in einem Peptide hervorrufen und somit ein unterschiedliches Löslichkeitsverhalten auslösen. Mit diesen wandelbaren Eigenschaften bieten sich Peptide als ideale Materialien zur Herstellung von funktionellen Medikamententrägersystemen im Nanometerbereich an. Nanostrukturen können durch das Zusammenlagern sogenannter Amphiphile entstehen, die in einem Molekül einen wasserliebenden (hydrophil) und einen wasserabstossenden (hydrophob) Bereich vereinen.

Ein Knackpunkt im Design solcher Materialien mittels rein peptidischen Amphiphilen stellte bisher die Herstellung des hydrophoben Bereichs dar, um eine klare Trennung in hydrophil und hydrophob zu erlangen. Das Forschungsteam von Prof. Wolfgang Meier vom Departement Chemie und NCCR Nano der Universität Basel verwendete als hydrophoben Bereich Teile eines in der Natur vorkommenden Membranproteins, das dank seiner Sekundärstruktur nach Aussen hydrophob erscheint. Für den hydrophilen Bereich wurde eine kurze Abfolge von hydrophilen Aminosäuren gewählt.

Je kürzer ein amphiphiles Molekül ist, desto sensibler und flexibler kann es auf Umwelteinflüsse reagieren, aber umso geringer sind die Möglichkeiten zur Wechselwirkung zwischen den Peptiden, um stabile Nanostrukturen aufzubauen. Deshalb wurden die Peptide so gestaltet, dass zwischen ihnen eine gezielte Wechselwirkung stattfinden kann. Dieser Mechanismus wurde als grundlegend identifiziert, um Peptidvesikel mit einer stabilen Membranstruktur auszubilden. Dabei kam den Forschenden zu Nutze, dass der verwendete hydrophobe Teil von Natur aus reich an der Aminosäure Tryptophan ist und somit in Wechselwirkung mit anderen Tryptophanen zu einer stabilisierenden Wirkung zwischen den Peptiden treten kann. Zudem wurde das hydrophobe Ende so optimiert, dass dort eine spezifische Wechselwirkung ermöglicht wurde. Der Einbau der Aminosäure Glutaminsäure im hydrophilen Bereich sorgt für das Entstehen von intermolekularen Wasserstoffbrücken und somit zu weiteren spezifischen Wechselwirkungen.

Peptidevesikel können als Trägersystem fungieren indem im Innern wasserlösliche Gastmoleküle eingeschlossen werden. Gleichzeitig können in der hydrophoben Membranschicht wasserunlösliche Stoffe eingelagert werden. Die Forschenden veranschaulichten dies erfolgreich mit Fluoreszenzfarbstoffen.

Das vorgestellte, innovative System kann für den Transport und Schutz von unterschiedlichen Gastmolekülen wie z.B. Medikamente verwendet werden. Der Einsatz von Glutaminsäure birgt zusätzlich den Vorteil, dass das System sensibel auf Umwelteinflüsse wie beispielsweise pH-Wert-Änderungen reagieren kann. Dieses Verhalten kann optimiert werden, um eine gezielte Medikamentenfreisetzung zu bewirken. Durch die Verwendung von Peptiden ist auch der vollständige Abbau nach potentieller Medikamentendarreichung gewährleistet, um Anreicherungen des Trägersystems im Körper zu verhindern.

Originalbeitrag
Thomas B Schuster, Dirk de Bruyn Ouboter, Nico Bruns und Wolfgang Meier
Exploiting dimerization of purely peptidic amphiphiles to form vesicles
Small, published online: 31 MAY 2011, DOI: 10.1002/smll.201100701
Kontakt
Prof. Wolfgang Meier, Universität Basel, Departement Chemie, Klingelbergstrasse 80, 4056 Basel, Tel. 061 267 38 02, E-Mail Wolfgang.Meier@unibas.ch

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Hans Syfrig Fongione idw

Weitere Informationen:

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