Neue Membran-Synthesewege in Bakterien entdeckt

Xanthomonas campestris © RUB, Bild: Moser

Biologen der Ruhr-Universität Bochum (RUB) haben neue Mechanismen entdeckt, mit denen Bakterien Lipide, also Fettmoleküle, für die Zellmembran herstellen. Die Mechanismen sind eine Kombination aus bereits bekannten bakteriellen Synthesewegen und solchen, die in höheren Lebewesen vorkommen. Damit widerlegt das Team um Prof. Dr. Franz Narberhaus und Dr. Roman Moser die lange gehegte Theorie, dass Bakterien und höhere Lebewesen Lipide grundsätzlich unterschiedlich produzieren. Die Ergebnisse sind in der Zeitschrift „Molecular Microbiology” veröffentlicht.

Potenzial für die Pharmaindustrie

Viele Medikamente werden mit Lipiden ummantelt, weil der Körper sie so leichter aufnimmt. Die Lipide zu synthetisieren ist jedoch oft aufwendig und teuer. Enzyme mit neuen Eigenschaften könnten den Produktionsaufwand verringern und die Kosten senken. Die RUB-Forscher vom Lehrstuhl Biologie der Mikroorganismen haben nun Enzyme entdeckt, die eine Reihe von unterschiedlichen Lipiden erzeugen können. „Die Entdeckung solcher Biosynthesewege und ihre biotechnologische Optimierung birgt großes Potenzial für die industrielle Lipidproduktion“, sagt Roman Moser.

Enzym kann mehrere Lipide herstellen

Die Biologen untersuchten, wie das Bakterium Xanthomonas campestris, ein Pflanzenschädling, verschiedene Lipide herstellt. Eines der häufigsten bakteriellen Lipide, Phosphatidylethanolamin, produziert das Bakterium auf verschiedenen Wegen: Einer davon ist schon lange bekannt; ein weiterer war bisher völlig unbekannt. Das Enzym, das im neu entdeckten Syntheseweg eine entscheidende Rolle spielt, kann auch ein strukturell völlig anderes Lipid synthetisieren, das Cardiolipin. „Möglicherweise trägt dieses vielseitige Enzym in der natürlichen Umgebung dazu bei, dass Xanthomonas einen Vorteil gegenüber anderen Bakterien hat“, spekuliert Franz Narberhaus.

Nicht nur Modellorganismen untersuchen

Xanthomonas kann auch das für Pflanzen und Tiere typische Lipid Lecithin erzeugen. Nur wenige Bakterien sind dazu in der Lage. Das RUB-Team fand heraus, dass Xanthomonas dafür keinen der beiden bislang bekannten bakteriellen Synthesewege nutzt. „Um die bekannten Theorien zur Biosynthese der Zellmembran auf den Prüfstand zu stellen, wird es sich in Zukunft lohnen, die Vorgänge nicht nur in den üblichen Modellorganismen zu untersuchen“, sagt Prof. Narberhaus.

Titelaufnahmen

R. Moser, M. Aktas, F. Narberhaus (2014): Phosphatidylcholine biosynthesis in Xanthomonas campestris via a yeast-like acylation pathway, Molecular Microbiology, DOI: 10.1111/mmi.12492

R. Moser, M. Aktas, C. Fritz, F. Narberhaus (2014): Discovery of a bifunctional cardiolipin/phosphatidylethanolamine synthase in bacteria, Molecular Microbiology, DOI: 10.1111/mmi.12603

Weitere Informationen

Prof. Dr. Franz Narberhaus, Lehrstuhl Biologie der Mikroorganismen, Fakultät für Biologie und Biotechnologie der Ruhr-Universität, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-23100, E-Mail: franz.narberhaus@rub.de

Dr. Roman Moser, Lehrstuhl Biologie der Mikroorganismen, Fakultät für Biologie und Biotechnologie der Ruhr-Universität, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-25624, E-Mail: roman.moser@gmx.de

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