Aus Knochenmark, Nabelschnur oder Fettgewebe: Stammzelle ist nicht gleich Stammzelle

Doktorand Ralf Gäbel untersucht Zellen am Mikroskop. Foto: Anke Wagner<br>

Auch wenn sie phänotypisch gleiche Merkmale aufweisen, hinsichtlich des therapeutischen Potenzials unterscheiden sich Stammzellen aus unterschiedlichen Quellen deutlich voneinander. Für eine Stammzelltherapie nach Herzinfarkt, das wiesen die Wissenschaftler der Universität Rostock erstmals systematisch nach, sind Stammzellen aus dem Knochenmark am wirksamsten, am wenigsten tragen Stammzellen aus Nabelschnurblut zu Heilungsprozessen bei. Die Studie ist am 11. Februar im Journal „PLoS one“ erschienen.

Die Arbeitsgruppe des Referenz- und Translationszentrums für kardiale Stammzelltherapie der Universität Rostock (RTC) untersuchte mesenchymale Stammzellen (MSC). „Diese Untergruppe adulter Stammzellen findet man beim Menschen im Knochenmark, im Fettgewebe, aber auch im Nabelschnurblut.“, erläutert Doktorand Ralf Gäbel, Erstautor der Publikation. „MSC sind interessant für eine autologe therapeutische Anwendung, das heißt, dass ein Patient mit seinen eigenen Stammzellen behandelt werden kann.“ Bisher werden in Kultur vermehrte MSC noch nicht gegen Herzkrankheiten klinisch eingesetzt, sondern nur an Tieren getestet. In derzeit laufenden klinischen Studien werden hämatopoietische (blutbildende) Stammzellen aus dem Knochenmark verwendet.

Die Rostocker Forscher prüften das Regenerationspotential von humanen MSC nach Herzinfarkt am Mausmodell und verknüpften dabei gleich zwei Fragestellungen miteinander: Einerseits wurde untersucht, ob sich MSC aus verschiedenen Geweben in ihrer regenerativen Wirkung unterscheiden, andererseits wurde nach Merkmalen gesucht, in denen sich die MSC aus den drei Quellen unterscheiden und geprüft, ob diese einen Einfluss auf ihre regenerative Wirksamkeit haben. „Bereits 2006 zeigten Wissenschaftler aus Mannheim, dass MSC aus Nabelschnurblut weniger Endoglin produzieren, als Knochenmark- bzw. Fettgewebs-MSC.“ sagt Ralf Gäbel.

„Endoglin ist ein Schlüsselenzym in biochemischen Signalwegen, welche die Blutgefäßbildung induzieren und das Absterben des erkrankten Gewebes aufhalten. „Die Ergebnisse der vergleichenden Analyse im Tier belegen tatsächlich eine geringere therapeutische Wirkung von MSC aus Nabelschnurblut gegenüber den beiden anderen Stammzellquellen. Isoliert man nun aus Nabelschnurblut-MSC die Zellen mit einer hohen Endoglinexpression, dann verhalten sich diese in ihrem Regenerationspotential ähnlich den Knochenmark-MSC. Bevor Stammzelltherapien, besonders mit Zellen aus Nabelschnurblut, am Menschen angewendet werden, sollte, so die Schlussfolgerung der Rostocker Zellbiologen, die therapeutische Wirkung der Zellen gründlich untersucht werden.

Im RTC Rostock werden neue Behandlungsmethoden mit Stammzellen für Herzkrankheiten erforscht und angewandt. Ziel ist es, auf dem Weg der Regenerativen Medizin eine langfristige Heilung des geschädigten Herzens möglich zu machen. Klinische Stammzell-Studien werden an der Universität Rostock derzeit mit hämatopoietischen Stammzellen durchgeführt. Die Grundlagenforschung des RTC Rostock befasst sich aber mit einer Weiterentwicklung der Therapiemöglichkeiten, unter anderem auch mit der Erforschung von MSC.

Das RTC Rostock wurde 2008 auf Initiative von Professor Dr. Gustav Steinhoff, Direktor der Klinik und Poliklinik für Herzchirurgie und der Forschungslaboratorien für kardialen Gewebe- und Organersatz gegründet. Es wird von Bund (BMBF) und Land M-V sowie durch Industriekooperationen finanziert.

Publikation:
Cell origin of human mesenchymal stem cells determines a different healing performance in cardiac regeneration
Ralf Gaebel, Dario Furlani, Heiko Sorg, Bianca Polchow, Johannes Frank, Karen Bieback, Weiwei Wang, Christian Klopsch, Lee-Lee Ong, Wenzhong Li, Nan Ma, Gustav Steinhoff

PLoS one, 11.2.2011

Referenz- und Translationszentrum
für kardiale Stammzelltherapie
Universität Rostock (RTC)
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Anke Wagner Universitätsklinik Rostock

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