Implantierbarer Katalysator gegen Krebs

Nebenwirkungen von Krebstherapien lassen sich beschränken, wenn der Wirkstoff erst am Einsatzort zusammengesetzt wird. (c) Wiley-VCH

Einen Wirkstoff erst am Zielort, etwa einem Tumor, aus harmlosen Einzelteilen zusammenzusetzen, würde helfen, die Nebenwirkungen einer Therapie zu beschränken. Britische und malaysische Wissenschaftler stellen in der Zeitschrift Angewandte Chemie jetzt einen neuen, ungiftigen Katalysator aus Kupfernanopartikeln vor, mit dem sich Bausteine spezifisch und selektiv in einem lebenden System verknüpfen lassen. Sie konnten zeigen, dass es auf diese Weise möglich ist, einen Anti-Tumorwirkstoff aus zwei inaktiven Komponenten in situ herzustellen.

Chemische Reaktionen, die zelluläre Vorgänge nicht stören, sind wichtig für die Erforschung biologischer Funktionen im nativen Umfeld. Die sogenannte Klick-Chemie stellt auch in komplexer Umgebung selektiv und hochspezifisch laufende Reaktionen zur Verfügung, die einfach durchzuführen sind. Moleküle werden wie Puzzleteile „zusammengeklickt“.

Die (von Meldal und Sharpless entwickelte) Azid-Alkin-Cycloaddition ist eine solche Klick-Reaktion. Eine Azido-Gruppe (–N3) reagiert dabei mit einer Alkin-Gruppe (–C≡C–) spezifisch zu einem Triazol, einem Fünfring aus drei Stickstoff- und zwei über eine Doppelbindung verbundenen Kohlenstoffatomen. Die Reaktion wird häufig zur Verknüpfung von Biomolekülen verwendet, eignete sich bisher aber nicht für den Einsatz in lebenden Systemen, da die als Katalysator benötigten Kupferionen giftig sind.

Ein neuer ungiftiger Katalysator eröffnet der Reaktion nun neue Anwendungsgebiete. Er wurde von einem Team von der University of Edinburgh (UK) sowie der Universiti Kebangsaan Malaysia entwickelt und besteht aus Kupfer-Nanopartikeln, die in ein Polymerharz eingebunden sind.

Das Team testete den neuen Katalysator erfolgreich in biologischen Systemen von Zellen bis zu Zebrafischen – zunächst anhand eines Farbstoffs, der erst fluoresziert, wenn zwei Einzelteile durch eine „Klick-Reaktion“ miteinander verbunden werden. Um die Biokompatibilität des Katalysators zu belegen, implantierten die Forscher ein Kupfer-Harzkügelchen in den Dottersack von Zebrafisch-Embryonen, die sich normal weiter ins Larvenstadium entwickelten. Nach Zugabe der Farbstoff-Vorstufen ins Wasser begannen die Larven zu fluoreszieren, der Katalysator war also auch als Implantat wirksam.

Für weitere Tests zerlegten die Forscher den Antitumorwirkstoff Combretastatin A-4 (CA-4) in zwei Hälften und statteten eine mit einer Azido-, die andere mit einer Alkingruppe aus. Mithilfe des neuen Katalysators können die Bausteine über den entstehenden Triazol-Ring verknüpft werden. Während die beiden Einzelteile ungiftig sind, stoppte das CA-4-Triazol-Produkt das Zellwachstum kultivierter Tumorzellen und löste den programmierten Zelltod aus.

Die Kupfer-Harzkügelchen könnten in die Umgebung eines Tumors implantiert werden und dann vor Ort aktive Wirkstoffe aus inaktiven Vorstufen generieren. So ließe sich die cytotoxische Wirkung auf den Tumor beschränken.

Angewandte Chemie: Presseinfo 41/2016

Autor: Mark Bradley, University of Edinburgh (United Kingdom), http://www.chem.ed.ac.uk/staff/academic-staff/professor-mark-bradley

Link zum Originalbeitrag: http://dx.doi.org/10.1002/ange.201609837

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