Erfolgsversprechende T-Zelltherapie -Transfer von Immunzellen kann immunschwache Patienten schützen

Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) entwickelten jetzt zusammen mit Kollegen aus Frankfurt, Würzburg und Göttingen eine Methode, die Patienten nach einer Transplantation schonend vor diesen Infektionen schützen kann. Sie wurde bereits bei mehreren Patienten erfolgreich eingesetzt.

Die Zellen des menschlichen Immunsystems werden aus speziellen Stammzellen im Knochenmark gebildet. Bei einer Erkrankung des Knochenmarks wie zum Beispiel Leukämie, müssen die entarteten Zellen durch Bestrahlung oder Chemotherapie zerstört werden. Danach muss das blutbildende System durch Gabe von Stammzellen aus dem Blut eines gesunden Spenders ersetzt werden. Weil der Immunschutz deshalb zeitweise fehlt, können sich Viren, die normalerweise kontrolliert werden, vermehren.

Ein großes klinisches Problem stellt hierbei das Zytomegalievirus (CMV) dar, das in geschwächten Personen schwere Schädigungen der Lunge oder der Leber hervorrufen kann. Gesunde Menschen entwickeln bei einer CMV-Infektion dagegen meist keine Symptome, weil das Virus durch spezifische Immunzellen dauerhaft in Schach gehalten wird.

In ihrer Arbeit konnten die Wissenschaftler jetzt zeigen, dass schon die zusätzliche Übertragung von wenigen spezifischen Immunzellen ausreicht, um den immungeschwächten Empfänger vor Infektionen zu schützen. Sie verwendeten hierfür T-Zellen, die Erreger gezielt erkennen und vernichten können.

Im Tiermodell getestet

Zuerst isolierten Dr. Christian Stemberger, Erstautor der Studien, und seine Kollegen T-Zellen aus dem Blut von gesunden Spendermäusen. Diese Immunzellen waren gegen molekulare Bestandteile einer Bakterienart gerichtet, die normalerweise schwere Infektionen in den Tieren hervorruft. Sie verabreichten diese T-Zellen anschließend Empfängermäuse, die aufgrund einer genetischen Veränderung keine eigenen Immunzellen mehr bilden konnten – ähnlich wie bei Leukämiepatienten.

Nach der Übertragung der T-Zellen infizierten die Forscher die behandelten Empfängermäuse mit den Bakterien. Die Ergebnisse zeigten, dass die Tiere jetzt einen wirkungsvollen Immunschutz gegen die Erreger hatten und nicht mehr erkrankten. „Wirklich überraschend war, dass schon die Nachkommen einer einzigen übertragenen Spenderzelle ausreichten, um die Tiere vollständig zu schützen“, erklärt Christian Stemberger.

In Patienten erfolgreich eingesetzt

Die Wissenschaftler setzten schließlich virus-spezifische T-Zellen zur Behandlung zweier schwerkranker Patienten ein. Aufgrund eines angeborenen Immundefekts bzw. einer Leukämieerkrankung mussten beide mit einer Stammzelltransplantation behandelt werden. Dadurch abwehrgeschwächt, brachen in beiden Patienten CMV-Infektionen aus.

Die Wissenschaftler isolierten deshalb mit einer neuen Methode aus dem Blut der jeweiligen Spender T-Zellen, die gezielt gegen das CMV-Virus gerichtet waren, und übertrugen niedrige Mengen davon auf die Patienten. Das Ergebnis: nach nur wenigen Wochen vermehrten sich die virus-spezifischen Zellen stark, gleichzeitig sank die Anzahl der Viren im Blut. “Dass schon wenige Zellen Schutz bieten können, ist ein großer Vorteil. Damit können diese in niedrigen, gut verträglichen Dosen bereits prophylaktisch eingesetzt werden“, erklärt Dr. Michael Neuenhahn, Letztautor der Studie.

Das Potential der identifizierten T-Zellen soll nun im Rahmen einer klinischen Studie getestet werden. Hierfür steht neben einem innovativen Zellaufreinigungsverfahren seit kurzem auch eine neue Einrichtung der TUM zur sterilen Herstellung von Zellprodukten zur Verfügung. Bei TUMCells können Zellen unter hochreinen Bedingungen, in so genannten Reinräumen produziert werden. In Zukunft wollen die Wissenschaftler ihre aktuellen Ergebnisse und TUMCells nutzen, um innovative Zelltherapeutika zu entwickeln.

Originalpublikation:
Christian Stemberger, Patricia Graef, Marcus Odendahl, Julia Albrecht, Georg Dössinger, Florian Anderl, Veit R. Buchholz, Georg Gasteiger, Matthias Schiemann, Götz U. Grigoleit, Friedhelm R. Schuster, Arndt Borkhardt, Birgitta Versluys, Torsten Tonn, Erhard Seifried, Hermann Einsele, Lothar Germeroth, Dirk H. Busch und Michael Neuenhahn, Lowest numbers of primary CD8+ T cells can reconstitute protective immunity upon adoptive immunotherapy, Blood, 2014.
DOI: 10.1182/blood-2013-12-547349

Kontakt:
Dr. Michael Neuenhahn
Institut für Medizinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene
Technische Universität München
Trogerstr. 30
81675 München
Tel.: 089/4140 – 7454
Email: michael.neuenhahn@tum.de

http://www.tum.de/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/kurz/article/31607/ – Dieser Text im Web
http://www.tum.de/die-tum/aktuelles/ – Pressemeldungen der Technischen Universität München

Media Contact

Dr. Ulrich Marsch idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer