Dichtes Gefäßnetz reguliert Bildung von Thrombozyten im Knochenmark

Lichtblatt-Fluoreszenzmikroskopie (LSFM): Rekonstruktion eines Maus-Unterschenkelknochens. Megakaryozyten (grün) sind eingebettet in ein dichtes Gefäßnetzwerk (rot) und Knochengewebe (grau) Foto: AG Heinze

Thrombozyten, auch Blutplättchen genannt, heften sich bei Verletzung eines Blutgefäßes an das umliegende Gewebe an und sorgen dafür, dass Verletzungen verschlossen und Heilungsprozesse ausgelöst werden.

Sie spielen auf diese Weise eine entscheidende Rolle in der Blutgerinnung und müssen im Köper ständig neu gebildet werden. Ihren Ursprung finden die Thrombozyten im Knochenmark. Riesige Vorläuferzellen, die so genannten Megakaryozyten, geben nach einem komplexen Reifungsprozess frische Thrombozyten direkt in die Blutbahn ab.

In der Kinderstube der Thrombozyten geht es ruhiger zu als man dachte

Bisher dachte man, dass sich die Vorläuferzellen mühsam ihren Weg durch das Knochenmark bis zum Gefäß bahnen müssen. Mit modernen Mikroskopieverfahren und computerbasierten Simulationen konnten Forscher des Rudolf-Virchow-Zentrums für Experimentelle Biomedizin und des Universitätsklinikums Würzburg diese Theorie jetzt widerlegen.

Wie sie zeigen konnten, entstehen die meisten Megakaryozyten bereits in der vaskulären Nische, also unmittelbar am Gefäß. Die übrigen Vorläuferzellen sind gleichmäßig im Knochenmark verteilt und typischerweise so groß und formflexibel, dass sie durch kleinste (Wackel-) Bewegungen im dichten Gefäßnetz des Knochenmarks das Gefäß erreichen können.

„Erst die Kombination aller Informationen aus Intravital- und Lichtblattblattmikroskopie hat diese Erkenntnisse möglich gemacht“, sagt Prof. Katrin Heinze, Leiterin der Studie. Weiter erklärt sie: „Wir konnten zudem zeigen, wie die 3D-Bilder der Gefäße und Zellen zu perfekten biologischen Vorlagen für computergestützte, realistische Simulationen der Zellverteilung im Knochenmark werden können“.

Komplementäre Mikroskopieverfahren erlauben die virtuelle Reise durch das Knochenmark

Dr. David Stegner, Erstautor der Studie, ergänzt: „Wir haben schon länger vermutet, dass die existierenden Modelle der Thrombopoese unzureichend oder falsch sind, es war jedoch schwierig, das experimentell zu beweisen.“ Mit ihrem neuen Ansatz ist es dem Forscherteam jetzt erstmals gelungen, hochauflösende Einblicke in den intakten Knochen zu bekommen. Die beiden Federführenden der Studie weisen darauf hin, dass ihre Kollaboration nicht nur ein Glücksfall, sondern auch eine zukunftsweisende Entscheidung gewesen sei, die noch lange tragen werde.

„Aufbauend auf unseren Befunden könnten in Zukunft neue Behandlungsstrategien bei Erkrankungen, die mit verminderter Thrombozytenbildung einhergehen, entwickelt werden“, hofft Dr. Stegner. Ihre neuen Erkenntnisse konnten die Würzburger Forscher jetzt in einem Artikel in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlichen.

Publikation:

Stegner, D. et al. (2017). Thrombopoiesis is spatially regulated by the bone marrow vasculature. Nature Communications 8(127). DOI: 10.1038/s41467-017-00201-7

Website:

http://www.rudolf-virchow-zentrum.de/home.html
http://www.rudolf-virchow-zentrum.de/en/research/research-groups/heinze-group/re…

Kontakt:

Prof. Dr. Katrin Heinze (Molekulare Mikroskopie, Rudolf-Virchow-Zentrum)
Tel. +49 (0)9 31/ 31 – 84214, katrin.heinze@virchow.uni-wuerzburg.de

Dr. David Stegner (Gruppenleiter, Vascular Imaging)
Tel. +49 (0)9 31/ 31 – 80419, stegner@virchow.uni-wuerzburg.de

Dr. Frank Sommerlandt (Public Science Center, Rudolf-Virchow-Zentrum)
Tel. +49 (0)9 31/ 31 – 88449, frank.sommerlandt@uni-wuerzburg.de

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