Kleiner Unterschied und große Ähnlichkeiten

Forscher des Max-Planck-Instituts für molekulare Pflanzenphysiologie wenden Methoden zum Vergleich von Inhaltsstoffen auf gentechnisch veränderte Kartoffeln an

Die Zusammensetzung von gentechnisch hergestellten so genannten Fruktan-Kartoffeln und von konventionell gezüchteten Sorten weicht wenig voneinander ab. Die Kartoffelsorten unterscheiden sich nur anhand der bewusst gentechnisch eingebauten neuen Inhaltsstoffe. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler vom Potsdamer Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie zusammen mit Kollegen der Universität von Wales in Aberystwyth in einer Studie, die jetzt in den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS, Online Early Edition, in der Woche vom 19. bis 23. September) veröffentlicht wurde. Dabei bedienten sich die Wissenschaftler eines am Institut entwickelten Verfahrens zum Nachweis von Inhaltsstoffen in Pflanzen.

Die Forscher hatten gentechnisch veränderte Kartoffeln der Sorte Desirée, die stark erhöhte Mengen des Mehrfachzuckers (Polysaccharids) Inulin enthielten, mit fünf konventionellen Kartoffelsorten verglichen. Inulin ist ein Zucker aus der Klasse der Fruktane, also Polysacchariden, die aus Fruktose (Fruchtzucker) zusammengesetzt sind. Die normale Stärke ist dagegen aus Glucose (Traubenzucker) aufgebaut. Die Fruktane werden im Lebensmittel zu den Ballaststoffen gerechnet und wirken sich günstig auf die menschliche Darmflora aus.

Hauptergebnis der Studie: Die Inhaltsstoffe der Sorten Agria, Désirée, Granola, Linda und Solara weichen in einer überraschend großen Schwankungsbreite voneinander ab. Die gentechnisch veränderten Linien, die aus der Sorte Désirée gewonnen wurden, liegen in ihrer Zusammensetzung im gleichen Schwankungsbereich wie die fünf konventionellen Sorten. Ausnahme ist der höhere Gehalt an inulinähnlichen Polysacchariden. Neue, unerwartete Inhaltsstoffe konnten nicht festgestellt werden.

Inulin ist ein Polysaccharid, das in vielen Pflanzen wie Chicorée, Artischocken und Löwenzahn als Vorratsmolekül gebildet wird. Zwei verschiedene Gene für die Bildung von inulinähnlichen Zuckern wurden in die Kartoffeln eingebaut, weil diese Mehrfachzucker eine positive Wirkung auf die menschliche Darmflora haben und daher ein sehr erwünschter Nahrungsbestandteil sind. Die inulinhaltigen Kartoffelsorten wurden bereits im Jahr 2000 am Potsdamer Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie entwickelt. Die Eigenschaften der neuen Fruktan-Kartoffeln wurden in den Jahren 2001 bis 2004 im Forschungsverbund Fruktan-Kartoffeln untersucht, der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert wurde (www.biosicherheit.de/kartoffeln).

In der Diskussion über gentechnisch veränderte Lebensmittel wird immer wieder die Befürchtung geäußert, das Pflanzen neben der erwünschten gentechnischen Veränderung auch andere neue, unerwünschte Inhaltsstoffe enthalten könnten. Ein umfassender Vergleich der Inhaltsstoffe zwischen einzelnen Pflanzensorten ist jedoch aufwändig, da hunderte von Substanzen gleichzeitig gemessen werden müssen. Der ehemalige Max-Planck-Arbeitsgruppenleiter Oliver Fiehn, der seit Anfang 2005 an der Universität von Kalifornien in Davis arbeitet, hat seinerzeit in Potsdam raffinierte Techniken entwickelt, die Derartiges leisten. Diese apparativ und statistisch anspruchsvollen Methoden, im Fachjargon als Metabolomics bezeichnet, hat er jetzt zusammen mit Kollegen der Universität Wales auf die genannten Kartoffelsorten angewandt. „Unsere Methoden können natürlich auch auf den Vergleich anderer Nahrungspflanzen übertragen werden“, sagt Fiehn.

Die Analysen wurden von der britischen „Food Standards Agency“ finanziert. Insgesamt wurden knapp 2.800 Kartoffelproben, die auf Versuchsfeldern der Biologischen Bundesanstalt für Forst- und Landwirtschaft angebaut wurden, untersucht. An der Auswertung war ein Team von Biologen, Chemikern und Informatikern aus Potsdam und Aberystwyth in Wales beteiligt.

Media Contact

Dr. Andreas Trepte idw

Weitere Informationen:

http://www.mpg.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Ein Herz so groß wie ein Stecknadelkopf

Uni Osnabrück untersucht Herzklappen von Fruchtfliegen… Gerade einmal zweieinhalb Millimeter messen die Fruchtfliegen (Drosophila melanogaster), an denen die Arbeitsgruppe der Zoologie und Entwicklungsbiologie der Uni Osnabrück forscht. Für die Untersuchung…

Waldinventur per Drohne und KI

Im Kampf gegen den Klimawandel sind Mangroven wichtige Verbündete; sie speichern bis zu fünfmal mehr Treibhausgase als andere Bäume. Dank einer von Forschenden aus Mitgliedseinrichtungen der U Bremen Research Alliance…

Beschichtungsverfahren der Zukunft

LZH und Cutting Edge Coatings auf der Optatec… Auf der Optatec 2024 zeigen das Laser Zentrum Hannover e.V. (LZH) und die Cutting Edge Coatings GmbH (CEC) neue Möglichkeiten der Beschichtungsverfahren…

Partner & Förderer