Obst- und Weinbau: Betriebe und Maschinenparks wachsen weltweit

Rationelle Apfelernte in einem großen Obstbaubetrieb im sächsischen Grimma, den die Konferenzteilnehmer im Rahmen ihrer Exkursion besucht haben.<br><br>(Foto: Thünen-Institut)<br>

Die Tendenzen sind gleich, selbst bei deutlich unterschiedlichen Betriebsstrukturen und Produktionssystemen: So sahen es Experten aus sieben Ländern auf der ersten Konferenz des Agrarökonomen-Netzwerks „agri benchmark Horticulture“, die vom 23. bis 27. September 2013 am Thünen-Institut für Betriebswirtschaft in Braunschweig stattfand.

Ziel der Konferenz war es, Produktionsstrukturen und -kosten zu vergleichen. Grundlage dafür: Modelle typischer Obst- und Weinbaubetriebe, die von Anbauexperten und Produzenten definiert wurden. Die Fachleute erörterten, welche Vollerwerbsbetriebe mit ihren Produktionssystemen, -verfahren und -kosten typisch für die jeweilige Anbauregion sind.

Noch sind europäische Betriebe im Mittel deutlich kleiner als auf der Südhalbkugel. In Italien – immerhin Europas zweitgrößter Apfelproduzent – ist ein typischer Betrieb gerade zwischen 2,5 ha (in Südtirol/Trentino) und 5 ha (Emilia Romagna) groß. Deutschland hat ein breites Band typischer Betriebsgrößen in den wichtigsten Anbauregionen, aber es gibt Betriebe am Bodensee mit 15 ha, an der Niederelbe im Alten Land mit 20 bzw. 40 ha, im sächsischen Elbgebiet sogar mit rund 150 ha, an denen die zukünftige Entwicklung sichtbar wird. Demgegenüber sind in der südafrikanischen Kapregion Betriebe mit 80 bis 120 ha Apfelanbaufläche typisch; in Chile reicht die Bandbreite von 25 bis 80 ha. Ähnlich ist die Situation im Weinbau.

Äpfel und Weintrauben sind arbeitsintensive Kulturen. Der Vergleich der Produktions- und Kostenstrukturen zeigt: Wie sich Betriebe entwickeln, hängt wesentlich davon ab, ob Arbeitskräfte verfügbar sind und was sie kosten. In Europa ist die Mechanisierung aufgrund der hohen Arbeitskosten weit fortgeschritten. Aber auch in Chile und in Südafrika steigt das Interesse an arbeitssparenden Technologien aufgrund steigender Löhne: Allein im letzten Jahr sind die gesetzlichen Mindestlöhne in Südafrika um 50 % angehoben worden. In Chile konkurrieren die Obstbaubetriebe mit dem derzeit florierenden Bergbau um Arbeitskräfte, so dass Saisonarbeiter etwa 30 % mehr als noch vor zwei Jahren verdienen. Je größer ein Betrieb ist, umso stärker rentieren sich Mechanisierung und Rationalisierung, was die Entwicklung weiter beschleunigt. Der Strukturwandel ist für beide Kulturen daher in allen Anbauregionen vergleichbar intensiv, mit einem fortgesetzten Trend zu immer größeren Betriebsstrukturen.

Eine mehrtägige Exkursion führte u.a. nach Sachsen, zum größten deutschen Apfelanbaubetrieb in Grimma und zu Weinbaubetrieben nach Rheinhessen. Der Einsatz von innovativer Technik zur Einsparung von Arbeitskräften wurde von den internationalen Konferenzteilnehmern als ein Blick in die mögliche Entwicklung in den eigenen Ländern gewertet. „Wenn die Lohnkosten weiter so stark ansteigen, bleibt unseren Erzeugern kaum eine Wahl, als in die Mechanisierung zu investieren“, so Nando Baard vom südafrikanischen Verband des Obstbausektors Hortgro.

Beim Besuch einer Weinerzeugergemeinschaft konnten sich die Konferenzteilnehmer davon überzeugen, dass im modernen Weinbau Kosteneinsparungen durch Technikeinsatz und Qualität keine Gegensätze sind. Prof. Hoffmann von der Hochschule Geisenheim erläutert: „Durch den Einsatz moderner Technik in der Kelterei, die ständige Kontrolle des Produktionsprozesses und die gute Abstimmung mit den Weinbauern ist in den letzten Jahren auch im Bereich der Fassweine die Qualität deutlich angestiegen.“

Das Netzwerk agri benchmark Horticulture ist ein noch neuer Teil des etablierten und erfolgreichen Netzwerkverbundes agri benchmark, in dem mit standardisierter Methodik weltweite Vergleiche von Produktionssystemen, ihrer Wirtschaftlichkeit, treibenden Kräfte und Perspektiven durchgeführt werden. Die Ergebnisse der ersten Konferenz zeigen, dass auch im Obst- und Weinbau jährliche Analysen der Wirtschaftlichkeit notwendig sind, um die Anbaustrukturen und die Wettbewerbsfähigkeit verschiedener Länder für die Apfel- und Traubenproduktion zu verstehen.

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Dr. Michael Welling Thünen-Institut

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