Hüftspeck für Ackerpflanzen: Forscher arbeiten daran, Nährstoffdepots in Pflanzen auszubauen

Pflanzen, die Nährstoffarmut überdauern oder Grundwasser gefährdende Stickstoff-Überschüsse einlagern: Dieser Zukunftsvision könnten Forscher der Universität Hohenheim ein Stück näher gerückt sein. Zusammen mit Forschern der Carnegie Institution in Stanford, USA, entschlüsselten sie erstmals den Mechanismus, mit dem Pflanzen – ähnlich wie das Völlegefühl des Menschen – die Nährstoffaufnahme bei Überangebot verweigern (www.nature.com).

Wird dieser Mechanismus außer Kraft gesetzt, ließen sich – so die Hoffnung der Forscher – vielleicht Pflanzen züchten, die Nährstoffdepots für schlechte Zeiten anlegen.

Wie eine Stopfgans sollen Pflanzen künftig auch dann Nährstoffe wie Stickstoff aufnehmen, wenn sie für den aktuellen Bedarf schon genug haben. „Bislang nehmen Ackerpflanzen nur soviel Nährstoffe auf, wie sie gerade brauchen. Bei Überangebot besteht die Gefahr, dass Nitrat ins Grundwasser gelangt und bei Nährstoffmangel ist die Pflanze schnell ausgehungert“, erklärt Prof. Dr. Nicolaus von Wirén vom Fachgebiet Molekulare Pflanzenernährung der Universität Hohenheim.

Bei hungrigen Pflanzenzellen dienen tunnelförmige Proteine, die im Dreierpack in der Zellmembran sitzen, als Eingangstor für die Stickstoffform Ammonium in das Pflanzeninnere. Ist der Stickstoffhunger gestillt, sendet die Zelle ein Signalmolekül an einen Tunneleingang. Dabei reicht es – so die neue Erkenntnis der Forscher – nur eines der drei Tunnelproteine zu informieren: „Wir haben jetzt herausgefunden, dass diese drei Proteine wie eine Telefonkette arbeiten: „Das erste Protein, das informiert (phosphoryliert) wird, gibt die Nachricht an die zwei anderen weiter, damit der Tunnel geschlossen wird“, meint Prof. von Wirén. In der Fachsprache nennt man diese Kettenreaktion „kooperative Regulation“.

Für die Zelle ist dies ein rasch wirkender Schutzmechanismus: Denn ein Übermaß an Ammonium lässt die Pflanze eingehen. Nimmt sie aber eine ideale Menge auf, so wird der Ertrag in der Pflanzenproduktion hoch.

In einem weiteren Schritt ist es dem internationalen Team von Agrar- und Biowissenschaftlern gelungen, dieses pflanzliche Völlegefühl zu überwinden. „Wird der pflanzliche Schutzmechanismus ausgeschaltet, besteht die Hoffnung, ein bisschen mehr an diesem Nährstoff in die Zelle transportieren zu können“, erläutert Prof. von Wirén. Hintergrund ist die Vorstellung, „dass Zellen größere Nährstoff-Depots anlegen, die sie bei Überangebot füllen und bei Bedarf entleeren können“.

Für die Ackerpflanzen wäre eine gute Stickstoffeinlagerung in vielen Umweltsituationen von Vorteil: Einerseits gibt es der Pflanze die Möglichkeit, auch bei Sommertrockenheit gut über die Runden zu kommen. Denn ohne Regen können die Nährsalze im Boden nicht gelöst und von den Wurzeln aufgenommen werden. Doch auch bei zu viel Regen hilft die Nährstoffeinlagerung, weil Pflanzen dann unter Sauerstoffmangel leiden und keine Energie für die Nährstoffaufnahme aufbringen können. „Unser Ziel ist es, dass die Ackerpflanzen zu jeder Zeit gut ernährt sind und keinen Nährstoffmangel erleiden „, erklärt Prof. von Wirén.

Zusammen mit einem vierköpfigen internationalen Forscherteam arbeiten die Hohenheimer Forscher auf dem Gebiet der molekularen Pflanzenernährung. Die aktuellen Forschungsergebnisse sind ab dem 11. Februar 2007 online auf http://http:www.nature.com veröffentlicht.

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Florian Klebs idw

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