Viele Schilddrüsenoperationen in Deutschland vermeidbar

Schilddrüse vergrößert: Nicht jeder Knoten bedeutet Krebs

In Deutschland werden Patienten häufiger an der Schilddrüse operiert als in allen anderen westlichen Ländern. Teilweise geht das zu Lasten von Patienten mit einem durch Jodmangel entstandenen Kropf, die vielleicht nicht hätten operiert werden müssen. Aber die Angst vor einem Schilddrüsenkarzinom in den damit entstandenen Knoten ist hierzulande weitaus größer als im Ausland, betont die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) im Vorfeld ihres 56. Symposiums in Düsseldorf.

Daher ist auch die Operationszahl wegen des Verdachts auf einen bösartigen Befund etwa 2 bis 4-fach höher als in den USA und in Großbritannien. Über therapeutische Möglichkeiten bei Schilddrüsenerkrankungen und die notwendige Spezialisierung an Kliniken diskutieren Experten auf der DGE-Pressekonferenz am 13. März 2013 in Düsseldorf.

Jedes Jahr werden in Deutschland mehr als 100 000 Schilddrüsen teilweise oder komplett entfernt. „Bezogen auf die Bevölkerung ist die Zahl der Operationen drei bis acht Mal höher als in Großbritannien oder den USA“, berichtet DGE-Tagungspräsident Professor Dr. med. Peter E. Goretzki, Chefarzt am Lukaskrankenhaus Neuss. „Doch Deutsche haben nicht mehr Schilddrüsenkrebs als Briten oder Amerikaner, weshalb wir hierzulande offensichtlich ein Missverhältnis zwischen derzeitigen Operationszahlen und tatsächlich notwendigen Eingriffen haben.“

Die meisten Operationen nehmen Ärzte wegen einer Vergrößerung der Schilddrüse vor, die Spätfolge eines Jodmangels ist. In der vergrößerten Schilddrüse bilden sich häufig Knoten. „Aufgrund der Befürchtung, dass sich daraus Krebs entwickelt, raten Kollegen hier mitunter voreilig zu einer Operation“, erläutert der Tagungspräsident im Vorfeld des 56. Symposiums der DGE in Düsseldorf. Nicht jeder Knoten bedeute jedoch Krebs, meint Goretzki und bemängelt, dass „die Entscheidung für eine Operation mitunter fällt, ohne die diagnostischen Möglichkeiten voll ausgeschöpft zu haben.“

Zudem bieten in Deutschland die meisten Krankenhäuser Schilddrüsenoperationen an – unabhängig von der Expertise der jeweiligen Klinik. Die DGE fordert daher Leitlinien für die Diagnose und klare Regeln für die Entscheidung zur Operation. Auch die Qualität der Operationen müsse überprüft werden, wie Holland und Schweden vorbildlich zeigen. Dort werden die Operationsergebnisse der einzelnen Kliniken stetig überprüft und bilden die Grundlage für die Genehmigung solcher Eingriffe. Eine freiwillige Zertifizierung, die eine leitliniengerechte Behandlung, Forschung und Weiterbildung umfasst, könnte die Qualität von Schilddrüsenbehandlungen in Deutschland künftig deutlich verbessern, meinen die DGE-Experten: „Wichtig für die Qualitätssicherung ist, dass die Entscheidung zur Operation nicht allein vom Chirurgen getroffen wird, sondern in gemeinsamer Absprache mit Endokrinologen, Internisten und Nuklearmedizinern geschieht“, empfiehlt Professor Goretzki. Bei vielen Patienten helfe eine Behandlung mit Jod und Schilddrüsenhormonen oder eine Radiojodtherapie – oft sind sie eine Alternative zur Operation. Über geeignete Behandlungsmethoden, fachärztliche Spezialisierungen und Qualitätssicherung in der Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen diskutieren die Experten am 13. März von 12 bis 13 Uhr auf der Pressekonferenz in Düsseldorf.

Terminhinweise:

Pressekonferenz:
Termin: Mittwoch, 13. März 2013, 12:00 bis 13:00 Uhr
Ort: CCD Congress Center Düsseldorf, Eingang Süd, Raum 15
Anschrift: Stockumer Kirchstr. 61, 40474 Düsseldorf
Symposium:
Qualitätssicherung in der endokrinen Chirurgie
Vorsitz: Wolfram Karges, Aachen und Thomas Musholt, Mainz
Termin: Mittwoch, 13. März 2013, 15:15 bis 16:40 Uhr
Ort: CCD Congress Center Düsseldorf, Eingang Süd, Raum 3
Anschrift: Stockumer Kirchstr. 61, 40474 Düsseldorf
Weitere Informationen zum 56. Symposium der DGE und dem Tagungsprogramm finden Sie unter http://www.dge2013.de
Kontakt für Journalisten:
DGE Pressestelle
Anna Voormann/Dagmar Arnold/Dr. Adelheid Liebendörfer
Postfach 30 11 20, 70451 Stuttgart
Telefon: 0711 8931-380, Telefax: 0711 8931-984
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