HAI 2011: Operationsrisiko älterer Patienten verringern

Denn trotz fortgeschrittener chirurgischer und anästhesiologischer Techniken erhalten ältere Menschen nicht immer die bestmögliche Therapie, meint die Tagungspräsidentin des Hauptstadtkongresses der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI).

Häufig würden zum Beispiel Risiken wie Mangelernährung oder Bewegungsarmut nicht berücksichtigt. Eine aktuelle Studie an Patienten mit einem Krebsleiden untersucht die Vorteile einer solchen Risikoeinschätzung. Erste Erfahrungen diskutieren Anästhesisten, Intensivmediziner und Schmerztherapeuten auf der Vorab-Pressekonferenz am 6. September 2011 anlässlich des Hauptstadtkongresses der DGAI für Anästhesiologie und Intensivtherapie (HAI 2011) in Berlin.

Zwar sank im vergangenen Jahrzehnt die Rate anästhesiebedingter Todesfälle bei gesunden Menschen auf 0,04 pro 10 000 Anästhesien. Bei alten Menschen, die früher noch als nicht operabel galten, stieg sie jedoch auf bis zu 5,5 pro 10 000 Operationen. „Nicht das Alter allein ist verantwortlich für Komplikationen bei Operationen unter Allgemeinanästhesie“, erklärt Professor Dr. med. Claudia Spies, Tagungspräsidentin des HAI 2011. Schwere Begleiterkrankungen, ein schlechter Ernährungsstatus und die Fitness seien entscheidend, wie gut die Operation verlaufe. Zudem gebe es Hinweise, dass nicht alle alten Patienten die bestmögliche Behandlung erhalten. Die Direktorin der Universitätsklinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin der Charité ist sich sicher: „Würden diese Risikofaktoren konsequent vor einer Operation mit Anästhesie überprüft, so ließen sich viele Komplikationen auch bei alten, vielfach erkrankten Menschen vermeiden.“

Um das zu belegen läuft seit dem Frühjahr 2011 die fachübergreifende Studie „Patient Empowerment and Risk-assessed Treatment to Improve Outcome in the Elderly After Onco-surgery“ (PERATECS). Die Deutsche Krebshilfe unterstützt das Projekt mit 331 000 Euro. Zum jetzigen Zeitpunkt hat ein interdisziplinäres Team aus Anästhesisten, Geriatern, Chirurgen und Pflegekräften an der Charité Berlin ihre These an 158 Patienten, die älter als 65 Jahre sind und an Krebs leiden, geprüft. Mehrere Hundert sollen bis Februar 2013 folgen – auch in München und Heidelberg. Im Vordergrund steht dabei die aktive Einbeziehung der älteren Patienten. Alle Studienteilnehmer erhalten eine Informationsbroschüre und ein Tagebuch, in dem sie ihr Befinden über mehrere Tage vor und nach der Operation dokumentieren. Gesundheitsrisiken, wie etwa Mangelernährung, Gewichtsabnahme, Bewegungsarmut, Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum sowie psychische Belastungen werden vorab ausgewertet und in der Therapie berücksichtigt. Für Patienten mit einem Krebsleiden etwa steht eine psychoonkologische Beratung auf der Station zur Verfügung. Zwischen zwei und sechs Stunden nach der Operation beginnt zudem eine frühe Bewegungstherapie. „So beugen wir Thrombosen und Lungenentzündungen vor“, berichtet Spies.

„Wir gehen davon aus, dass wir mit dieser Strategie die Lebensqualität der Patienten verbessern und Komplikationen nach der Operation reduzieren“, berichtet die Tagungspräsidentin im Vorfeld des Hauptstadtkongresses der DGAI. Im August 2013 soll die Studie beendet und ausgewertet werden. Erste Erfahrungen und Tendenzen berichtet die Studienleiterin Spies bereits auf der Vorab-Pressekonferenz am 6. September 2011 anlässlich des HAI 2011. Auf der Kongress-Pressekonferenz am Dienstag, dem 13. September 2011 diskutieren Anästhesisten zudem über den aktuellen Stand der Forschung und über Chancen und Risiken hochbetagter Patienten. Der Hauptstadtkongress der DGAI findet vom 11. bis 13. September 2011 im ICC Berlin statt.

Terminhinweise:

Vorab-Pressekonferenz anlässlich des HAI 2011
Ort: Tagungszentrum im Haus der Bundespressekonferenz, Schiffbauerdamm 40, 10117 Berlin

Termin: Dienstag, 6. September 2011, 11 bis 12 Uhr

Eines der Themen:
Ältere Menschen in der Anästhesie: Was sind die Risiken für alte
Menschen und wie bleiben Sie nach einer Anästhesie mobil?
Professor Dr. med. Claudia Spies, Berlin
Dr. med. Rahel Eckardt, Berlin
Kongress-Pressekonferenz anlässlich des HAI 2011
Ort: ICC Berlin, Raum 43, Messedamm 22, 14055 Berlin
Termin: Dienstag, 13. September 2011, 10.30 bis 11.30 Uhr
Zwei der Themen:
Operationen im hohen Alter: Herausforderungen, Risiken, Chancen
Professor Dr. med. Gabriele Nöldge-Schomburg, Rostock
Beweglos auf der Intensivstation – Macht Strom lahme Beine munter?
Professor Dr. med. Simone Spuler, Berlin
Vorträge und Sitzungen auf dem HAI 2011
Anesthesia for elderly cancer patients – Multi-Morbidity-Management
Ort: ICC Berlin, Saal Oslo
Termin: Montag, 12. September 2011, 14.00 bis 15.35 Uhr
J. V. Reynolds (Dublin); E. Steinhagen-Thiessen (Berlin)
Shake it baby: Vibrationstherapie in der Geriatrie
Ort: ICC Berlin, Saal 3
Termin: Dienstag, 13. September 2011, 15.00 bis 15.15 Uhr
E. Steinhagen-Thiessen (Berlin)
Delirium prevention and treatment
Ort: ICC Berlin, Saal 10
Termin: Dienstag, 13. September 2011, 12.00 bis 13.35 Uhr
C. Spies (Berlin); W. A. van Gool (Amsterdam)
Pressekontakt für Rückfragen:
Kathrin Gießelmann
DGAI/BDA Pressestelle
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
Tel. 0711 8931-981
Fax: 0711 89 31-167
E-Mail: giesselmann@medizinkommunikation.org

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idw

Weitere Informationen:

http://www.hai2011.de/

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