Die erstickende Kraft der Korruption

Ein dezent übergebener Geldschein, manchmal auch eine Schachtel Zigaretten ebnet in manchen Ländern Wege und beschleunigt Verfahren, die sich ohne diese Gefälligkeit zermürbend lange hinziehen würden. Dabei durchzieht die alltägliche Korruption nicht selten die gesamte Gesellschaft und vermag ganze Länder regelrecht zu lähmen.

Dem Phänomen Korruption wollen Wissenschaftler der Friedrich-Schiller-Universität Jena auf einer internationalen Arbeitstagung vom 29. Juni bis zum 2. Juli auf den Grund gehen. Unter dem Titel „Korruption, soziales Vertrauen und politische Verwerfungen – unter besonderer Berücksichtigung südosteuropäischer Gesellschaften“ lädt der Romanist Prof. Dr. Wolfgang Dahmen nach Jena ein. Kooperationspartner sind die Hochschule der Sächsischen Polizei und die Sektion „Europa Soziologie“ der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, finanziell unterstützt wird die Tagung durch die Fritz-Thyssen-Stiftung.

Die Wurzeln der Korruption reichten bis in die Zeit des Osmanischen Reiches zurück, sagt Dahmen. Für die Tagung sei jedoch die Gegenwart maßgeblich: „Wir wollen danach fragen, was die Europäische Union unternimmt, die Korruption einzudämmen“, so der Rumänist. Schließlich hätten Länder wie Rumänien und Bulgarien de facto einen Freifahrtschein erhalten, um der EU beitreten zu können. Inzwischen habe sich vieles verbessert, doch vieles liege noch im Argen, schätzt Dahmen ein. „Diese Länder sind nun in der Bringeschuld.“

Die Jenaer Tagung wird durch ausgewiesene Fachleute aus dem In- und Ausland, nicht zuletzt aus Südosteuropa selbst, bereichert. So gehörte Prof. Dr. Anton Sterbling von der Hochschule der Sächsischen Polizei einst gemeinsam mit Herta Müller und Richard Wagner der Aktionsgruppe Banat an. Begrüßt werden kann zudem Prof. Dr. Dr. h. c. Bálint Balla, der 82-jährige Nestor der Osteuropa-Soziologie von der TU Berlin.

Fehlendes Vertrauen sei eines der Schlüsselworte für die grassierende Korruption in Südosteuropa, sagt Dahmen. „Wir haben es mit Gesellschaften zu tun, in denen ein starkes öffentliches Misstrauen herrscht“, konstatiert der Wissenschaftler von der Uni Jena. Insbesondere die politische Klasse werde misstrauisch beargwöhnt. Diesem Problemfeld wird sich der Schweizer Prof. Dr. Christian Giordano widmen, der über balkanische und mediterrane Parallelen referieren wird.

Wolfgang Dahmen sagt, zahlreiche südosteuropäische Staaten litten an einer tiefen sozialen Vertrauenskrise, die durch Korruption und mangelndes Vertrauen in öffentliche Institutionen und ihre Repräsentanten gekennzeichnet sei. Dieser Zustand öffne zugleich populistischen Stimmungen und Tendenzen Tür und Tor – eine zunehmende Gefahr für den europäischen Einigungsprozess. Während der Jenaer Tagung soll nach Lösungsansätzen gesucht werden. Interessierte Gäste sind herzlich willkommen, um Anmeldung wird gebeten.

Kontakt:
Prof. Dr. Wolfgang Dahmen
Institut für Romanistik der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Ernst-Abbe-Platz 8, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 944660
E-Mail: wolfgang.dahmen[at]uni-jena.de

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Stephan Laudien idw

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