EATB 2016: Gewebemediziner treffen sich in Hannover

Gewebe werden vor der Transplantation in speziellen Gewebebanken, für die Operation vorbereitet. DGFG/Schaft

„Wir freuen uns, Forscher und Mediziner aus der ganzen Welt im Wissenschaftsstandort Hannover begrüßen zu dürfen“, sagt Martin Börgel, Vorstandsmitglied der EATB und Geschäftsführer der DGFG. „Die Konferenz bietet einmal mehr die Gelegenheit, aktuelle Themen der Gewebemedizin zu diskutieren und Entwicklungen voranzubringen.“

Zu den Geweben gehören u.a. Augenhornhäute, Herzklappen, Blutgefäße, Haut, Knochen oder auch die Amnionmembran. Die Gewebemedizin ist fester Bestandteil der medizinischen Versorgung. Nach Informationen der DGFG transplantieren Ärzte jedes Jahr allein in Deutschland etwa 6.000 Augenhornhäute, zehntausende Knochenpräparate und mehr als 200 Herzklappen und Blutgefäße. „Damit transplantieren Ärzte deutlich mehr Gewebe als Organe“, sagt Börgel. Das Grundprinzip ist einfach zu erklären: Das geschädigte Gewebe eines Patienten wird durch das funktionsfähige Gewebe eines Spenders ersetzt. Zuvor muss es in einer Gewebebank aufbereitet werden.

Wissenschaft verändert die Gewebemedizin

Das Prinzip der reinen Übertragung verändert sich. Tissue Engineering und wissenschaftliche Forschung verändern das Gewebebanking und die Operationstechniken. In der Augenheilkunde verwenden Ärzte zunehmend Verfahren, bei denen sie nur eine ultradünne Schicht der Hornhaut ersetzen müssen. Dezellularisierte Herzklappen sind die große Hoffnung der Herzchirurgie.

Sie haben gegenüber herkömmlichen Herzklappen eine deutlich längere Haltbarkeit und wachsen bei Kindern sogar mit. Die Anwendung der Amnionmembran, die von der mütterlichen Fruchtblase, der Plazenta, stammt, eröffnet völlig neue Möglichkeiten der Behandlung von chronischen Wunden. Die Transplantation von Haut rettet Schwerstbrandverletzten das Leben.

Im Mittelpunkt der internationalen 2-tägigen Konferenz steht der gemeinsame Austausch über wissenschaftliche Entwicklungen, den aktuellen Stand der Forschung, aber auch das Üben ganz praktischer Anwendungen in internationalen Workshops. Grundlage der Gewebemedizin in Europa bildet die aus dem Jahr 2004 stammende Richtlinie 2004/23/EG der Europäischen Union. „Diese Richtlinie wurde dann von den Mitgliedsländern der EU ganz unterschiedlich in nationales Recht umgesetzt“, sagt Börgel.

Ärzte transplantieren mehr Gewebe als Organe

Gewebeverpflanzungen tragen seit über 100 Jahren dazu bei, viele Erkrankungen und Verletzungen zu behandeln. Zehntausende Patienten erleben eine deutliche Verbesserung ihrer Lebensqualität, können wieder sehen oder gewinnen ihre Selbständigkeit zurück. In diesem Zusammenhang stehen zwei neue Entwicklungen der DGFG ebenfalls im Fokus. Seit Ende 2015 hat die DGFG die Genehmigung im Reinraum vorpräparierte Augenhornhautlamellen zur Transplantation abzugeben. Darüber hinaus forscht die DGFG in einer interdisziplinären Arbeitsgruppe an der Anwendung der Amnionmembran in einem Clipring, der wie eine Kontaktlinse auf das Auge gesetzt werden kann. „Damit vereinfacht sich die Anwendung der Amnionmembran bei Augenerkrankungen um ein Vielfaches“, sagt Börgel.

EATB feiert in Hannover 25-jähriges Jubiläum

Die European Association of Tissue Banks ist eine Vereinigung zahlreicher europäischer Gewebeeinrichtungen mit Sitz in Wien. Die Vereinigung verbindet seit nunmehr 25 Jahren Gewebebanken über nationale Grenzen hinweg. Ziel ist die Verbesserung der Strukturen der Gewebebanken im Sinne einer besseren Patientenversorgung. Die EATB organisiert jährlich in Zusammenarbeit mit regionalen Mitgliedern Tagungen zum Austausch über wissenschaftliche, ethische und klinische Fragestellungen. Bei der Tagung in Hannover feiert die EATB ihr 25-jähriges Bestehen.

Die DGFG ist eine unabhängige, gemeinnützige Gesellschaft, die seit 1997 die Gewebespende und -transplantation in Deutschland fördert. Die DGFG hat seitdem ein bundesweites Netzwerk zahlreicher deutscher Kliniken, Gewebebanken und transplantierender Einrichtungen aufgebaut. Jede medizinische Einrichtung in Deutschland kann Gewebe von der DGFG beziehen. Gesellschafter sind vier Universitäten – Anstalten des öffentlichen Rechts: das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, das Universitätsklinikum Leipzig, die Medizinische Hochschule Hannover sowie die Universitätsmedizin Rostock. Mehr als 60 Krankenhäuser unterstützen das Netzwerk der DGFG durch die Meldung möglicher Gewebespender.

http://www.eatb.eu
http://www.gewebenetzwerk.de

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