Chemie mit Licht betreiben – Internationale Tagung der Photochemiker in Jena
Zusätzlich werden bereits seit 1975 die international anerkanntesten Photochemiker mit der Theodor-Förster-Gedächtnisvorlesung geehrt. In diesem Jahr ist es Professor Dr. Douglas C. Neckers, der an der Bowling Green State University (Ohio) wirkte und das SpinOff-Unternehmen „Spectra Group“ gründete.
Der Albert-Weller-Preis wird in Jena an zwei Deutsche vergeben, die derzeit ihre Post-Doc-Aufenthalte in Straßburg bei Nobelpreisträger Professor Dr. Jean-Marie Lehn bzw. an der Harvard University (Cambridge, USA) absolvieren: Dr. Martin Herder und Dr. Dominik Benjamin Bucher.
Licht als kleinstes Reagenz in der organischen Chemie und in der Polymerchemie hat Douglas C. Neckers besonders fasziniert. Mit neuen Photoinitiatoren trug er zum großen wirtschaftlichen Erfolg von Photopolymeren bei. Als Direktor des Center for Photochemical Sciences an der Bowling Green University verknüpfte er geschickt Grundlagenforschung mit Angewandter Forschung und gründete die „Spectra Group“, die Auftragsforschung für die Industrie durchführt, und die Neckers bis heute leitet.
Auch was heute als 3D-Druck bezeichnet wird, beruht auf einer Technik, die im Wesentlichen von Neckers entwickelt wurde, der Stereolithographie, die letztlich durch Photopolymerisation möglich wird. Für seine geniale Grundlagenforschung und die Umsetzung seiner angewandten Forschung in industrielle Anwendungen wird Neckers mit der Theodor-Förster-Gedächtnisvorlesung ausgezeichnet.
In seinem Vortrag befasst er sich mit dem Technologietransfer in den photochemischen Wissenschaften, insbesondere mit der Photopolymerisation und dem 3D-Druck, wobei er auch auf die Erfolge der deutschen chemischen Industrie Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts verweist, die vielfach auf gelungenem Technologietransfer beruhten, so beispielsweise die Barbiturate von Bayer, basierend auf den Forschungen von Emil Fischer, oder die Kommerzialisierung der Ammoniaksynthese bei der BASF, zu der Fritz Haber die Grundlagen legte.
Für Dominik Bucher und Martin Herder, beide 31 Jahre alt, ist die Auszeichnung mit dem Albert-Weller-Preis ein wichtiger Schritt auf ihrem noch bevorstehenden Karriereweg als Wissenschaftler. Bucher hat mit seiner Doktorarbeit an der Ludwig-Maximilians-Universität München Aufsehen erregt, in der er sich mithilfe der Femtosekunden-Schwingungsspektroskopie mit DNA-Schäden befasste, die durch UV-Strahlung ausgelöst werden. Er konnte zeigen, warum in doppelsträngiger DNA weniger UV-induzierte Schäden entstehen als in der Einzelstrang-DNA, indem er insbesondere die Prozesse der Ladungstrennung untersuchte. Schließlich konnte er die Mechanismen klären, mit denen die DNA ihre Schäden selbst repariert.
Herders Dissertationsschrift, angefertigt an der Humboldt-Universität zu Berlin, gilt auch aus Sicht internationaler Gutachter als Meisterwerk. Während seiner Promotion hatte er sich mit dem Design verbesserter Photoschalter auf Basis der Substanzklasse der Diarylethene beschäftigt, wobei er die Struktur-Schalteigenschaftsbeziehungen näher untersuchte. In Zusammenarbeit mit Physikern gelang es ihm, neuartige Anwendungen in photoschaltbaren Transistoren zu realisieren. An insgesamt elf wissenschaftlichen Publikationen hat er während seiner Tätigkeit als Doktorand mitgewirkt; drei davon verfasste er als Erstautor.
Auch der erste Vortragende in Jena, Professor Dr. Masahiro Irie von der Rikkyo Universität in Tokio, Förster-Preisträger des Jahres 2008, befasst sich mit der Diarylethen-Famile, die sich als photochrome Moleküle sehr gut für molekulare Lichtschalter eignen. Er hat den durch Licht induzierten Aufbau und den Bruch von Bindungen, der sich in den Diarlyethen-Kristallen innerhalb von Pikosekunden abspielt, ganz genau unter die Lupe genommen. Über 10.000 Mal können diese Schaltvorgänge wiederholt werden.
Viele Vorträge in Jena befassen sich mit der Photokatalyse, wobei ein wichtiges Thema die künstliche Photosynthese ist. Noch immer ist der erste und wichtigste Schritt auf dem Weg zur künstlichen Photosynthese, nämlich Wasserstoff durch lichtgetriebene Wasserspaltung zu gewinnen, nicht befriedigend gelöst. So berichtet z.B. Professor Dr. Vincent Artero von der Universität Grenoble über seine Arbeiten zu unterschiedlichen Photokathoden, an denen sich die Protonen aus den Wassermolekülen zu molekularem Wasserstoff reduzieren lassen.
Weitere Informationen unter http://www.gdch.de/photo2016
Die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) gehört mit über 31.000 Mitgliedern zu den größten chemiewissenschaftlichen Gesellschaften weltweit. Sie hat 28 Fachgruppen und Sektionen, darunter die Fachgruppe Photochemie mit derzeit 314 Mitgliedern. Ihre Ziele auf dem Gebiet der Photochemie und ihren Grenzgebieten sind, den Gedankenaustausch unter Fachkollegen zu fördern und fachliche Anregungen zu vermitteln, die Beziehungen zu entsprechenden Organisationen im Ausland zu pflegen, die fachbezogene Lehre an den Hochschulen zu verankern bzw. zu stärken und den wissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern.
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