BMBF-Zukunftsforum diskutiert Wege in eine Industrialisierung neuen Typs

Es ist eine Industrialisierung neuen Typs, die an informationsverarbeitenden Prozessen ansetzt. Über geeignete Strategien für den Umgang mit den neuen Formen der Industrialisierung diskutierten Wissenschaftler des BMBF-Projekts GlobePro mit hochrangigen Vertretern aus Wirtschaft und Verbänden auf einem Zukunftsforum am 22. Februar in Frankfurt am Main.

In modernen Unternehmen zeichnet sich eine „Industrialisierung neuen Typs“ ab. Fortgeschrittene I&K-Technologien und eine neue Qualität der Informatisierung bilden die Basis für grundlegende Veränderungen der Industrialisierungskonzepte – sowohl in der Hand- als auch in der Kopfarbeit. PD Dr. Andreas Boes (Vorstand ISF München), Leiter des Forschungsvorhabens GlobePro, stellte in seinem Vortrag die Diagnose:

„Die Maschinensysteme der ‚großen Industrie’ begründeten die Industrialisierung alten Typs – der Informationsraum bildet die Basis für die Industrialisierung neuen Typs.“

So wird zum Beispiel vor dem Hintergrund eines „Internets der Dinge“ mit dem Konzept „Industrie 4.0“ aktuell eine strategische Neugestaltung der Industrie der Zukunft diskutiert und vorangetrieben. Zugleich werden auch die Welt der Büros und selbst hochqualifizierte Tätigkeitsfelder zum Gegenstand von Industrialisierungsprozessen, die auf eine Kollektivierung von Wissen zielen.

Ein zentraler Baustein des neuen Typs der Industrialisierung ist die Anwendung von Lean-Konzepten. Sie ermöglichen es, auch hochqualifizierte Arbeit in synchronisierte und getaktete Wertschöpfungsketten einzubetten. Vorreiter dafür ist die IT-Industrie. Von hier aus breitet sich das Konzept in den Verwaltungen und den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen aus, auch in der klassischen Industrie. Das verdeutlichten die Vorträge hochrangiger Vertreterinnen und Vertreter von Unternehmen und Verbänden auf dem Zukunftsforum „Neue Formen der Industrialisierung“ des BMBF-Projekts GlobePro. Während Cornelius Clauser (Head of SAP Productivity & LEAN, Office of the CEO, SAP AG) über die Einführung von Lean-Konzepten generell für Wissensarbeiter bei der SAP AG berichtete, präsentierte Christian Gengenbach (Vice President R&D Application Modernization, Software AG) die Erfahrungen der Software AG mit Lean Development. Matthias Grund (Vorstand, andrena objects AG) reflektierte die Entwicklung aus der Sicht eines mittelständischen Beratungsunternehmens, das Unternehmen bei der Umsetzung agiler Methoden unterstützt. Christiane Benner (geschäftsführendes Vorstandsmitglied IG Metall) und Jörg Spies (Betriebsratsvorsitzender, Daimler AG) diskutierten die Herausforderungen für eine menschengerechte Gestaltung neuer Formen der Industrialisierung.

Die Diskussion zeigte, dass mit Blick auf die zukünftige Entwicklung von Lean Development widersprüchliche Entwicklungstendenzen zu konstatieren sind: Einerseits sind Szenarien denkbar, in denen das neue Produktionsmodell Wegbereiter einer neuen Qualität der Nutzung geistiger Produktivkraft ist. Auf der anderen Seite ist jedoch auch ein alternatives Szenario denkbar, in dem das neue Produktionsmodell zum Synonym für „Software vom Fließband“ und für neue Formen der Kontrolle „austauschbarer“ IT-Arbeit wird. In seiner Diagnose stellte Andreas Boes deshalb einen dringenden Handlungsbedarf fest:

„Mit Blick auf diese gegenläufigen Szenarien stehen die Unternehmen heute vor einer wichtigen Richtungsentscheidung. Entscheidend wird es sein, Lean-Konzepte in Richtung Nachhaltigkeit und Empowerment der Beschäftigten zu orientieren.“

Gastgeber dieses Zukunftsforums war die IG Metall. Es handelt sich bereits um die zweite Veranstaltung dieser Art. Die Zukunftsforen finden im Rahmen des Arbeitskreises „Herausforderung Unternehmen 2.n – Nachhaltige Strategien für eine global vernetzte Ökonomie“ statt. Ziel des Arbeitskreises ist es, hochrangige Expertinnen und Experten aus Unternehmen und Verbänden zu einem intensiven Austausch über grundlegende Fragen der Entwicklung der Wirtschaft im 21. Jahrhundert zusammenzubringen. Die Zukunftsforen und der Arbeitskreis werden organisiert vom BMBF-Forschungsprojekt „GlobePro – Global erfolgreich durch professionelle Dienstleistungsarbeit“, das seit mehr als drei Jahren die Herausforderungen der Globalisierung in modernen Dienstleistungs¬branchen untersucht und dafür nachhaltige Gestaltungskonzepte entwickelt. Die Ergebnisse der Zukunftsforen werden für die Öffentlichkeit dokumentiert, unter anderem auf der Webseite des Projekts: http://www.globe-pro.de

Das erste Zukunftsforum „Globalisierung nachhaltig gestalten“ fand bereits im Dezember letzten Jahres bei der DB Systel GmbH im Frankfurter Silver Tower statt. Das nächste Zukunftsforum wird das „Unternehmen der Zukunft“ zum Thema haben.

Das Projekt GlobePro wird im Rahmen des Förderprogramms „Innovationen mit Dienstleistungen“ aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und des Europäischen Sozialfonds der Europäischen Union gefördert. Betreut wird es vom Projektträger im DLR Arbeitsgestaltung und Dienstleistungen.

Projekt GlobePro:
PD Dr. Andreas Boes, Dr. Kira Marrs, Dr. Tobias Kämpf, ISF München, Jakob-Klar-Str. 9, 80796 München, +49 (0) 89 272921-0, andreas.boes@isf-muenchen.de
Ansprechpartner für die Presse:
Frank Seiss, Öffentlichkeitsarbeit am ISF München,
+49 (0) 89 272921-78, frank.seiss@isf-muenchen.de

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Frank Seiß idw

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