Sächsische Steuertagung in Leipzig

Eine umfassende Neuregelung der Besteuerung deutscher Unternehmen steht unmittelbar bevor: Der Bundestag hat das Gesetzespaket am 25. Mai endgültig verabschiedet; der Bundesrat wird voraussichtlich im Juli das gesamte Vorhaben bestätigen. Damit sind umfangreiche Änderungen der Einkommen- und Körperschaftssteuer und der Gewerbesteuer ab 2008 verbunden, die nicht nur Kapitalgesellschaften und Großbetriebe, sondern alle Betriebe erfassen können. Auch Kapitalanleger und Sparer sind betroffen, wenn auch die wichtigsten neuen Vorschriften für sie erst ab 2009 gelten werden.

Die am meisten genannten neuen Regelungen sind die Senkung der Körperschaftsteuer und die völlig neue Tarifgestaltung bei der Gewerbesteuer. Nach den Aussagen der Bundesregierung wird dadurch die Steuerlast auf unter 30 % gesenkt, aber das trifft zum Beispiel für Leipzig nicht zu: Bei dem hier geltenden hohen Hebesatz der Gewerbesteuer von 460% des Steuermessbetrages, wie er auch in vielen anderen großen Städten erhoben wird, bleibt es bei Belastungen über 30 %! Die Rechnungen der Bundesregierung basieren auf Durchschnittssätzen und Einzelbeispielen. Die Wirklichkeit ist komplizierter.

Wie ist die ganze Wahrheit darüber? Welche anderen Neuregelungen stehen unmittelbar bevor? Welche zusätzlichen Belastungen für die Steuerpflichtigen entstehen als Preis der Senkung der tariflichen Belastung? Was müssen alle Fachleute und bald auch alle Steuerpflichtigen beachten, wenn sie nicht mehr Steuern zahlen wollen, als nach dem Gesetz vorgesehen ist? Welche Anpassungen müssen bedacht und unverzüglich eingeleitet werden? Wie viel Zeit bleibt noch für gestaltende Maßnahmen zur Anpassung?

Die Sächsische Steuertagung wird seit 1994 jährlich veranstaltet; in den letzten Jahren wechselten sich die Universität Leipzig und die TU Dresden regelmäßig ab.

Prof. Dr. Hans Günter Rautenberg vom Institut für Unternehmensrechnung und Steuerlehre an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät, der früher selbst Steuerberater war, hat die Tagung konzipiert: Er hat sie in diesem Jahr besonders auf die aktuellen Fragen der beiden großen Reformvorhaben ausgerichtet, die noch in diesem Jahr Gesetz werden könnten. Die schon feststehenden Neuregelungen der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer sind verbunden mit einigen wichtigen Anpassungen bei der Einkommenssteuer für alle Unternehmer und die Inhaber von Anteilen oder Aktien. Vor allem die Finanzierung der Betriebe wird völlig neu durchdacht werden müssen, weil Zinsen, Mieten, Pachten und Leasingraten nicht mehr in dem großen Maß bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen abgezogen werden können, wie das bisher fast selbstverständlich war. Trickreiche Gestaltungen bei großen Betrieben kann der Gesetzgeber nach seiner Überzeugung nur durch zahlreiche neue Beschränkungen verhindern. Leider treffen viele der Neuregelungen alle Betriebe, auch die Kleinen!

Die Tagung beginnt am Freitag um 9.30 im Hörsaal an der Jahnallee; Prof. Jörg Mössner wird einen Überblick geben und erste kritische Anmerkungen zur Unternehmensteuerreform anschließen.

„Was kann der deutsche Steuergesetzgeber von Österreich lernen – und was nicht“ ist das zweite Thema (Prof. Dr. Rainer Niemann, Graz). Der Gesetzgeber wird sich kaum danach richten, aber diese Überlegungen ermöglichen eine Einschätzung der Auswirkungen, denn in Österreich sind ähnliche Regelungen zum Teil schon eingeführt worden.

Weitere Einschätzungen der Auswirkungen für die Betriebe sind am Samstagmorgen ab 9 Uhr an gleicher Stelle zu erwarten, wenn die Überlegungen zur Unternehmenssteuerreform und zur Bewertung von Grundvermögen bei der Erbschaftsteuer fortgesetzt werden.

Vorher wendet sich die Tagung am Freitagnachmittag Überlegungen zur Erbschaftsteuer zu. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts muss die Erbschaftsteuer spätestens bis 2009 wesentlich umgestaltet werden, weil verschiedene Vermögensarten zur Zeit sehr unterschiedlich mit Erbschaftsteuer belastet sind. Hans-Joachim Beck, Vorsitzender Richter am Finanzgericht Berlin-Brandenburg wendet sich der Frage zu, wie man durch vorweggenommene Erbfolge eine künftige höhere Belastung vermeiden kann, wenn man eine solche Erhöhung erwartet. Anschließend wird Frau Prof. Johanna Hey, Universität Köln, die verfassungsrechtlichen Anforderungen und die politischen Ziele darstellen, um die möglichen Änderungen der Erbschaftsteuer konkreter abschätzen zu können. Eine Prognose der bevorstehenden Regelungen ist (im Gegensatz zur Unternehmenssteuer) noch schwer, weil bisher vom Gesetzgeber nur wenig konkret festgelegt wurde. Widerstreitende Interessen der Koalitionspartner und die Koalitionsvereinbarung erschweren die Neuregelung.

Eine geplante „Abschmelzungsregelung“, nach der die Erbschaftsteuer entfällt, wenn der Betrieb 10 Jahre „im wesentlichen unverändert fortgeführt“ wird, stößt auf herbe Kritik: Kann man verlangen, dass ein Betrieb so unflexibel fortzuführen ist? Kann man die Erben von Betrieben höher belasten, wenn sie sich neuen Entwicklungen anpassen müssen?

Die Erbschaftsteuer kann bei der Übertragung eines Betriebs oder von Grundstücken und Häusern eine schwere Belastung werden. Wer ist möglicherweise betroffen, wer sollte sich keine Sorgen über die Erbschaftsteuer machen, weil er und seine Familie durch Freibeträge verschont werden? Inhaber, Erben und vor allem Steuerberater sollten sich rechtzeitig informieren!

Zum Abschluss sprich am Samstag ab 11.30 Uhr Dr. Markus Märtens, Richter am Bundesfinanzhof in München über „Aktuelle Rechtsprechung zum Bilanzsteuerrecht“. So ist auch diesmal wieder ein Bericht unmittelbar aus dem obersten deutschen Gericht für Steuerstreitsachen Teil dieser Tagung an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität.

Die Veranstalter weisen darauf hin , dass die Tagung für alle Interessenten aus dem Fach ohne Kosten zugänglich ist. Beginn am Freitag 9.30 auf dem Campus der Universität an der Jahnallee, am Samstag ab 9 Uhr.

Ort:
Universität Leipzig
Campus Jahnallee
Jahnallee 59 (Foyer und Hörsaal)
04109 Leipzig
Kontakt:
Prof. Dr. Hans Günter Rautenberg
Telefon: 0341 97-33590
E-Mail: rautenberg@wifa.uni-leipzig.de

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Dr. Manuela Rutsatz idw

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