Mit Spitzenforschern aus dem Ausland – Tagung über zukünftige Therapeutika und Therapieansätze

Diese Veranstaltungen haben sich zu international stark beachteten „Highlight-Meetings“ entwickelt, die aktuelle therapeutische Schwerpunkte unter Beteiligung renommierter Wissenschaftler aus Hochschule und Industrie behandeln. Auch für die diesjährige Tagung ist es gelungen, zahlreiche Spitzenforscher, großenteils aus dem Ausland, als Vortragende zu gewinnen.

Die Bedeutung der Medizinischen Chemie am Ausbildungs- und Forschungsstandort Deutschland wird sowohl durch das attraktive wissenschaftliche Programm als auch durch die Wahl der Regensburger Universität als Tagungsort sichtbar gemacht. Hat doch die dortige Fakultät für Chemie und Pharmazie dieses Fach bereits 2002 im Rahmen eines viersemestrigen Vertiefungsstudiums und eines DFG-Graduiertenkollegs (GRK 760) als Schwerpunkt in Lehre und Forschung etabliert und damit im deutschen Hochschulbereich als Vorreiter gewirkt. Die wissenschaftliche Ausrichtung des GRK auf G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (GPCR) war für den diesjährigen Tagungsschwerpunkt mit entscheidend.

GPCR wirken bei der Regulation praktisch jeder Körperfunktion mit und sind Zielmoleküle (Targets) für ca. 30% der derzeit auf dem Markt befindlichen Arzneistoffe. Ihr hohes Potential für die Entwicklung zukünftiger Therapeutika macht sie zum Schwerpunkt weiterer molekularbiologischer und medizinisch-chemischer Forschung. Die seit langer Zeit erwartete und Ende 2007 erstmals publizierte Kristallstruktur eines humanen GPCR, des beta2-Adrenozeptors, wird in dieser Hinsicht als Katalysator wirken. In Anbetracht dieses Meilensteins in der GPCR-Forschung freuen sich die Organisatoren der Tagung, dass sie mit Professor Dr. Gebhard Schertler einen der Autoren für den Eröffnungsvortrag gewinnen konnten. Weitere Vorträge zu innovativen Entwicklungen auf diesem Gebiet betreffen Histamin-H3- und Dopamin-D3-Rezeptorantagonisten, potentielle Bindungsmechanismen bivalenter, durch Verbrückung zweier aktiver Strukturen hergestellter Liganden, den Nachweis von GPCR-Dimeren und Oligomeren, sowie das Potential von Agonisten des Fettsäurerezeptors GPR40 in der Therapie von Diabetes Typ 2. (Histamin und Dopamin sind Hormone bzw. Neurotransmitter, Agonisten stimulieren Rezeptoren und wirken daher wie körpereigene Transmitter, Antagonisten blockieren Rezeptoren und hemmen (als Gegenspieler) die Wirkung von Agonisten.)

Neben den GPCR werden auf der Tagung auch antivirale Therapieansätze behandelt, z.B. neue Chemokin-Rezeptorliganden, die bei Entzündungsprozessen eine wichtige Rolle spielen, und die Wachstumshemmung bei Aids-Viren (HIV) und Hepatitis C-Viren (HCV). Vorträge über Targets zur Behandlung von Bluthochdruck und Herzinsuffizienz, A1-Rezeptoragonisten bei instabiler Angina pectoris, über DPP4-Inhibitoren zur Behandlung von Diabetes Typ2 sowie über das Engineering von Herzzellen ordnen sich in den Themenkomplex kardiovaskuläre und metabolische Erkrankungen ein. Eine weitere Sitzung wird sich mit molekularen Sonden für verschiedene bildgebende Verfahren („Molecular Imaging“) in der Arzneistoffforschung und der medizinischen Diagnostik beschäftigen.

Es ist inzwischen zur guten Tradition geworden, die Tagung mit „Highlight-Sessions“ zu beschließen, in denen verschiedene innovative Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der medizinischen Chemie vorgestellt werden. Diesmal geht es unter anderem um die Arzneistoffentwicklung bei seltenen Krankheiten am Beispiel der Dystonie (Bewegungsstörungen), um Adenylylcyclase als Target der nichthormonellen Kontrazeption beim Mann und um Bradykinin-B1-Rezeptorantagonisten als Schmerzmittel (Analgetika).

Ein herausragendes Ereignis auf der Tagung ist die Verleihung des Innovationspreises in Medizinisch/Pharmazeutischer Chemie. Dieser Preis, der mit 5000 Euro dotiert ist, geht in diesem Jahr an Dr. Franz von Nußbaum, Projektleiter in der Herz-Kreislauf-Forschung bei der Bayer-Schering-Pharma AG, Wuppertal, der für seine Arbeiten über Katanosine, eine noch weitgehend unerforschte Antibiotikaklasse, ausgezeichnet wird. Ein neuer Wirkmechanismus macht diese Substanzklasse zu „Resistenzbrechern“. D.h. damit könnte man multiresistente Keime, beispielsweise Staphylokokken und Enterokokken, die sich nicht nur in Krankenhäusern bedrohlich ausbreiten, besser bekämpfen. Die ersten beiden Vertreter der Katanosin-Antibiotika sind auf dem Weg in die klinische Entwicklungsphase.

Informationen zum Programm der Tagung sind auf der Homepage der GDCh unter www.gdch.de/medchem2008 verfügbar.

Die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) gehört mit über 27.000 Mitgliedern zu den größten chemiewissenschaftlichen Gesellschaften weltweit. Sie hat 25 Fachgruppen und Sektionen, darunter die Fachgruppe Medizinische Chemie mit rund 680 Mitgliedern, vornehmlich Chemiker und Pharmazeuten aus Hochschule und Industrie. Die Fachgruppe will Brücken schlagen zwischen Chemie, Biologie, Medizin und Pharmazie. Sie befasst sich gebietsübergreifend mit Fragen der modernen Arzneimittelentwicklung, insbesondere der Wirkstofffindung, der Leitsubstanzoptimierung unter Einbeziehung moderner Technologien wie kombinatorische Synthese, Hochdurchsatz-Screeningsysteme auf der Basis molekularbiologischer Grundlagen, Drug Design, Molecular-Modelling, quantitative Struktur-/Wirkungsanalysen, Pharmakokinetik und Metabolismus.

Media Contact

Dr. Renate Hoer idw

Weitere Informationen:

http://www.gdch.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Veranstaltungsnachrichten

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer