5th Conference on Laser Polishing LaP 2022

Linse aus Quarzglas geschliffen (links) und laserpoliert (rechts). Durch die laserpolierte Linse ist ein laserpoliertes Bauteil aus Werkzeugstahl zu sehen.
© Fraunhofer ILT, Aachen

Laser-Alternativen zum mechanischen Polieren und Entgraten.

Die Bilanz des englischsprachigen Expertentreffens des Aachener Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT kann sich sehen lassen. Wieder trafen sich über 70 Fachleute aus der ganzen Welt im Oktober 2022 auf der »5th Conference on Laser Polishing LaP«, um virtuell über den neuesten Stand bei laserbasierten Alternativen zum letzten Schliff u. a. von Bauteilen aus Glas, Metall und Kunststoff zu diskutieren. Im Mittelpunkt standen das Laserentgraten und Laserpolieren sowie verwandte Themen wie Messtechnik und Prozesskontrolle.

Die Forschenden aus der ganzen Welt setzen auf ähnliche Rezepte wie die traditionsreiche Polier-Community, die sich zunehmend vom analogen Schleifen verabschiedet und mittlerweile auch auf Digitalisierung mit Industrie 4.0, digitalem Zwilling und KI setzt.

Alle diese Themen stehen auf der Agenda der internationalen »Conference on Laser Polishing LaP«, zu der Dr. Edgar Willenborg, Leiter der Gruppe Polieren am Fraunhofer ILT, seit 2014 alle zwei Jahre einlädt. Wegen der unsicheren Reise-Situation von Teilnehmenden aus Asien und Amerika fand auch die LaP 2022 wieder als Online-Konferenz statt.

12 Oktober 2022: Glas und Kunststoff im Visier

Die Mischung macht‘s: So richtete die LaP Nummer 5 sich am ersten Tag vor allem an Unternehmen, die z. B. optische Oberflächen herstellen und Glas sowie Kunststoffe polieren.

Den Auftakt machte ein Referat aus Jena, eines der internationalen Zentren für Glas und Optikfertigung: Mut zum Einstieg in das Laserpolieren machten den LaP-Teilnehmenden Anett Jahn, Geschäftsführerin der Firma ShapeFab, und Thomas Schmidt, Laboringenieur des Instituts für Fügetechnik und Werkstoffprüfung (ifw). ShapeFab und ifw setzen beim Polieren von bis zu 250 mm x 400 mm große optische Flächen auf die Kombination CNC-Fräsen/Laserpolitur. Jede Kontur und sogar komplexe Freiformflächen sollen sich mit dieser Hybrid-Methode prozesssicher, kostengünstig und schnell bearbeiten lassen.

Ein großes komplexes Demonstratorbauteil entstand in insgesamt rund sieben Stunden, von denen aber nur rund 10 Minuten auf das Laserpolieren entfielen. Konventionell hätte der mechanische Polierprozess bis zu zehn Stunden gedauert. Im nächsten Schritt wollen Unternehmen und Institut nun die CNC-Bearbeitungszeit weiter senken.

Eine wichtige Rolle spielt in Jena die Prozessüberwachung mittels Pyrometrie. Auf die digitale Überwachung mit dieser Messtechnik setzt auch Manuel Jung vom Fraunhofer ILT, der auf der LaP den Aufbau eines geschlossenen, rauscharmen Regelkreises für die Laserpolitur von Optik vorstellte. Der wissenschaftliche Mitarbeiter aus Willenborgs Team empfahl den Einsatz von Software, mit der sich die Laserpolitur prozesssicher mit einer maximalen Temperaturabweichung von weniger als 0,5 Prozent durchführen lässt. So konnten die Aachener die Welligkeit (MSFE) sogar um den Faktor 10 senken. Weitere Verbesserungen erhofft sich der Wissenschaftler vom Aufbau eines thermisch noch stabileren und rauschärmeren Regelprozesses, der nicht mehr mit Pyrometer, sondern mittels Thermokamera und ausgefeilten statistischen Methoden arbeitet.

Freiformflächen mit dem Ultrakurzpulslaser herstellen

Wie sich mit Femtosekunden-Lasern die Form von Glasbauteilen mit nm-Höhenauflösung korrigieren lässt, berichtete Dr. Jie Qiao, Associate Professor vom Rochester Institute of Technology, USA. Das Erfolgsgeheimnis liegt in einem dynamischen mathematischen Modell, mit dem sich Abtrag und Temperaturentwicklung vorhersagen lassen. Als Maß für die weitere Skalierung des Prozesses dient die Energiedichte. Der an Flachproben demonstrierte Prozess macht nun den Weg frei zur hochpräzisen Produktion auch komplexerer Oberflächen.

Den Subnano-Bereich hatte auch Emrah Uluz, wissenschaftlicher Mitarbeiter vom Fraunhofer ILT beim Laser Beam Figuring LBF im Visier. Im Mittelpunkt seines Vortrags stand die Reduzierung der Welligkeit polierter Quarzglasoberflächen durch Nanometer-genauen Abtrag. Ein Schlüsselfaktor ist dabei der Einsatz eines hochstabilen, mit konstanter Laserleistung arbeitenden Lasers (Standardabweichung: ≈ 0,1 Prozent).

Bei der klassischen mechanischen Politur von Glas kommt es immer wieder zu kleineren und größeren Kratzern, die die Oberflächenqualität beeinträchtigen. Diese Kratzer lassen sich laut Dr.-Ing. Kerstin Götze, Gruppenleiterin Laserstrahlpolieren an der Ernst-Abbe-Hochschule Jena, zu 99,9 Prozent mit dem CO2-Laser zuverlässig entfernen – vor allem wenn er mit niedriger Vorschubgeschwindigkeit arbeitet. Bewährt hat sich das Verfahren vor allem beim Verbessern der Qualität von gekrümmten und strukturierten Oberflächen.

Grüner Laser beseitigt »Untergrundschäden«

Thermische Effekte beobachtete Professor Jiwang Yan von der Keio University aus Yokohama (Japan) beim klassischen mechanischen Polieren von einkristallinen Silizium-Wafern, die direkt unter der Oberfläche zu Beschädigungen führten. Es gelang den japanischen Fachleuten die »Untergrundschäden« ohne Materialabtrag und Umweltverschmutzung mit grünem Laserlicht durch Umschmelzen zu reparieren. Die umgeschmolzene Schicht wuchs dabei einkristallin auf das darunter liegende Material auf. Das glückte jedoch nur nach vorheriger Simulation der Molekularstruktur. Nach den erfolgreichen Versuchen entstanden in Yokohama verschiedene Laseranlagen, die sich nicht nur zur Reparatur von Oberflächen, sondern auch zum Erzeugen von Funktionsoberflächen eignen.

Ein interessantes Phänomen inspirierte Wissenschaftler Dr. Bowei Luo vom Shenzhen Institute of Information Technology aus China zur Kombination von kaltem und heißem Laserpolieren von Siliziumcarbid. Das Polieren dieses keramischen Werkstoffes mit einem UV-Laser senkt die Oberflächenrauheit bei einer Laserleistung von 15 Watt auf 1,4 µm. Das Politurergebnis lässt sich aber durch Vorheizen der Keramik mit einem IR-Laser auf 1400 °C auf 1,082 µm reduzieren. Doch dazu gilt es, auch den »kalten« UV-Laser-Prozess an das »heiße« IR-Verfahren anzupassen und zu optimieren. Eine Schlüsselrolle spielt dabei laut Dr. Luo die Form des Laserstrahls: So könne ein gleichförmiger Tophat-Laserstrahl z. B. mit einem Durchmesser von 0,32 bis 0,54 mm den Wärmeschock besonders an den Randbereichen Polierbereichs wirksam verringern.

Die Form des Laserstrahls beschäftigt auch Wissenschaftler Karsten Braun vom Fraunhofer ILT beim Entwickeln von Prozessstrategien von 3D-gedruckten Kunststoffteilen, deren Rauheit Sa je nach Werkstoff von 14 µm (PA12) bis 42 µm (PEEK) variiert. Beim Polieren mit einem 120 W CO2-Laser im mittleren IR-Bereich (Wellenlänge: 10.600 nm) setzt Braun auf schnelles Quasi-Tophat-Scannen (5-10 m/s) aus großem Abstand (100 bis 1000 mm). Der Scan-Prozess läuft bis zu 20 Mal temperaturgeregelt ab. Je nach Werkstoff beträgt die Rauheit Sa nach der Laserpolitur 0,8 bis 0,25 µm.

Der zweite Konferenztag richtete sich vor allem an Firmen, die konventionell hergestellte oder 3D-gedruckte Bauteile aus Metall bearbeiten. Eine sehr anspruchsvolle Aufgabenstellung kam von Dr. Safak Nelsi. Der Assistant Professor von der OSTİM Teknik Üniversitesi aus Ankara (Türkei) berichtete über die Laserpolitur eines mit dem Elektronenstrahlschmelz-Verfahren (Arcam A2X EBM) hergestellten Bauteils für die Luft- und Raumfahrt (Ti48AL2Cr2Nb). Es gelang in diesem Gemeinschaftsprojekt mit einem Industriepartner, die oft sehr rauen Oberflächen eines additiven gefertigten Bauteils um rund 95 Prozent auf bis zu 1,6 µm zu senken. Zum Einsatz kam ein 600 W-IPG-Faserlaser (Wellenlänge: 1070 nm), der mit einer Scan-Geschwindigkeit von 220 mm/s die Oberfläche polierte. Herausforderungen bei den Versuchen waren Oberflächenrisse, Welligkeit und Oxidation.

Laserpolitur im Keyhole- und Conduction-Mode

Mit den typischen Problemen von additiv im Pulverbett per LPBF-Prozess hergestellten Bauteilen beschäftigte sich auch Prof. Dr. Frank E. Pfefferkorn von der University of Wisconsin-Madison zusammen mit dem Bremer Institut für angewandte Strahltechnik BIAS: LPBF-Bauteile besitzen wegen partiell anhaftenden Partikeln, Schichteffekten und Balling oft eine schlechte Oberflächenqualität. Das deutsch-amerikanische Team fand bei Experimenten mit einem Bauteil aus Kobaltchrom (Stellite 21) heraus, dass hier das sonst üblicherweise eingesetzte Laserpolieren im Conduction-Mode (CM) Grenzen hat. Die besten Ergebnisse mit Blick auf Rauheit und Welligkeit ergab dagegen das Laserpolieren im Keyhole-Mode (KM), den abschließenden Arbeitsgang übernahm zur Feinpolitur dann wieder ein CM-Prozess.

Die Rauheit von Metallbauteilen, die mit laserbasierten 3D-Druckverfahren im Pulverbett (Laser Powder Bed Fusion LPBF) entstehen, lässt sich per Laserpolitur senken. Problematisch sieht es bei der Welligkeit aus, stellte Laura Kreinest, Mitarbeiterin am Fraunhofer ILT, beim Laserpolieren eines LPBF-Bauteils aus Werkzeugstahl 1.2343 fest. Selbst nach 16-fachem Laserpolieren betrug die Welligkeit Wa immer noch rund 1 µm. Die Wissenschaftlerin löste das Problem, mit dem am Institut entwickelten »WaveShape«-Verfahren, das die inverse Struktur der unerwünschten Welligkeit auf der Metalloberfläche durch Laserumschmelzen erzeugt und so die Welligkeit reduziert.

Laser erhöht Ermüdungslebensdauer

Der Einfluss des Laserpolierens von LPBF-Bauteilen aus Inconel 718, einem bekannten Werkstoff aus der Luftfahrt, auf das Ermüdungsverhalten untersuchte Professorin Yingchun Guan von der Beihang University aus Peking. Sie wies auf eine ältere, bereits auf der LaP 2020 vorgestellte Untersuchung mit Turbinenbauteilen hin, bei denen sich durch Laserpolieren die Rauheit Ra von mehr als 10 auf unter 0,1 µm senken ließ. Neue Analysen wiesen nun nach, dass sich auch das Festigkeitsverhalten verbessert hat: So steigert das Laserpolieren die Ermüdungslebensdauer bei einer mechanischen Spannung von 840 MPa um 15 bis 20 Prozent im Vergleich zu den Werten bei gefrästen Oberflächen, bei 500 bis 600 MPa fällt sie genauso hoch aus.

Besondere Werkstoffe sind AHSS Stähle (Advanced High Strength Steel), die wegen ihrer hohen Festigkeit (>1000 MPa) für den Leichtbau im Automotive-Bereich interessant sind. Beim Scherenschnitt oder Laserschneiden treten jedoch Mikrodefekte an der Kante auf, was die Bauteile anfällig für Kantenrisse macht. Der Wissenschaftler Dongsong Li vom Institut für Eisenhüttenkunde (RWTH Aachen University) stellte ein Verfahren zum Entgraten und Kantenverrunden mit Laserstrahlung vor, welches zusammen mit dem Fraunhofer ILT entwickelt wurde. Der Laser schmilzt die Kante, beseitigt die Mikrodefekte und glättet sie. Im Versuch gelang es mit einem 4 KW-CW-Diodenlaser, ein 1,5 mm dickes Blech aus hochfestem Dualphasenstahl (Festigkeit: 1000 MPa) mit 3,6 m/min zu bearbeiten. Lochaufweitungsversuche und Diabolo-Tests zeigen eine deutlich verbesserte Performance nach der Laserbehandlung. So wird eine um mehr als 200% größere Umformung ermöglicht bevor die ersten Kantenrisse auftreten.

Eine immer wichtigere Rolle spielt beim Laserpolieren die Prozessüberwachung: Über deutsch-kanadische Zusammenarbeit auf diesem Gebiet u. a. mit dem Fraunhofer ILT berichteten Dr. Evgueni V. Bordatchev, Teamleiter am National Research Council of Canada in London (Ontario) und Sven Linden vom Fraunhofer ILT. Um das Einrichten eines Polierprozesses zu automatisieren, wurde in eine Laserpoliermaschine u.a. ein Weißlichtinterferometer (WLI) integriert, das Oberflächenstrukturen hochgenau erfasst. Ebenfalls im Rahmen der Zusammenarbeit wurde in eine weitere Maschine eine thermografische Hochgeschwindigkeitskamera integriert. Die Echtzeitdaten der Kamera dienen zum Schließen des Regelkreises und Anpassen der Parameter. Sichtlich fasziniert sahen die LaP-Gäste das Video einer Hochgeschwindigkeitskamera, die mit 42.000 Bildern pro Sekunde das Erstarren von flüssigem Warmarbeitsstahl (1.2343) im Schmelzbad sichtbar machte.

Die Thermokamera nutzte Daniel Beyfuss, Wissenschaftler an der University of Western Ontario, London (Kanada) bei der Prozessüberwachung von Laserumschmelzprozessen (Laser Remelting LRM). Der Kanadier analysierte mithilfe von koaxialer optischer Messung die Auswirkungen von thermodynamischen Instabilitäten auf den LRM-Prozess. Ein wichtiges Ergebnis ist die tragende Rolle des thermodynamischen Gleichgewichts zwischen zugeführter Laserleistung und ihrer Umsetzung in Umschmelzprozesse, denn sie beeinflusst die Prozessstabilität maßgeblich.

Schmelzbadanalyse im Synchrotron

Über ein Forschungsprojekt mit dem Bremer Institut für angewandte Strahltechnik BIAS berichtete US-Wissenschaftler Patrick J. Faue von der University of Wisconsin-Madison. Im Mittelpunkt standen Hochgeschwindigkeits-Röntgenaufnahmen im Synchrotron des renommierten Argonne National Laboratory (ANL), die zu interessanten Einsichten zur Schmelzbad-Dynamik beim Laserpolieren führten. Das Forscherteam beobachtete zum Beispiel, wie sich Schmelzbadschwingungen aufbauen und damit auch das Keyhole beeinflussen.

Zufrieden stellte LaP-Initiator und Moderator Dr. Willenborg vom Fraunhofer ILT nach der virtuellen LaP fest: »16 Referate behandelten an zwei Tagen sehr viele Aspekte vom klassischen Glaspolieren bis hin zur Schmelzbadanalyse im Synchrotron. Die Mischung macht‘s: Daher waren wahrscheinlich auch fast alle 70 Teilnehmenden durchgängig online präsent. Ich freue mich trotz des virtuellen Erfolgs aber auf ein Wiedersehen mit der internationalen Laserpoliergemeinde auf der sechsten LaP, die dann hoffentlich im Jahr 2024 wieder live in Aachen stattfindet!«

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Edgar Willenborg
Gruppenleitung Polishing
Telefon +49 241 8906-213
edgar.willenborg@ilt.fraunhofer.de

Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT
Steinbachstraße 15
52074 Aachen

Weitere Informationen:

http://www.ilt.fraunhofer.de

Media Contact

Petra Nolis M.A. Marketing & Kommunikation
Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT

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