Wege des Wassers verfolgen

Geoelektrische Multi-Elektroden-Widerstandsmessapparatur – so heißt ein Gerät, das der Geograph Dr. Christof Kneisel von der Universität Würzburg schon seit Jahren bei seinen Forschungen einsetzt. Mit Hilfe des Förderpreises schafft er sich nun die neueste Version an, die schneller und besser ist. Das Gerät liefert dreidimensionale Bilder aus dem Untergrund, gibt Aufschluss über Bodenbeschaffenheit und die Dynamik des Bodenwassers. Mit ihm lassen sich Erkenntnisse gewinnen, die für eine nachhaltige Nutzung des Niederschlagswassers wichtig sein können.

In Mainfranken könnte Wasser in Zukunft rar werden. Schon jetzt zählt die Region, die im Regenschatten des Spessarts liegt, zu den trockensten und wärmsten in Deutschland. Im Zuge des Klimawandels könnte hier künftig noch weniger Wasser zur Verfügung stehen – davon haben Landwirte und Hobbygärtner in den vergangenen, regenarmen Jahren schon einen Vorgeschmack bekommen.

Wege des Wassers in Unterfranken

Welche Wege nimmt das Regenwasser im Boden? Wo fließt es schon in den oberen Schichten ab, hinein in Bäche und Flüsse, und wird damit „hochwasserwirksam“? Wie verändert sich die Neubildung von Grundwasser, wenn es wärmer und trockener wird? Um solche Fragen beantworten zu können, will Kneisel den unterfränkischen Untergrund und seinen Wasserhaushalt untersuchen. „Wir wissen zwar, dass die Böden und der oberflächennahe Untergrund in unserer Region auch auf kleinem Raum sehr variabel sind und dadurch eine starke raum-zeitliche Variabilität des Bodenwasserhaushaltes vorliegt“, sagt Kneisel, „aber in der Fläche messtechnisch erfasst ist das bislang nicht.“

Die Kartierungen starten frühestens im Sommer 2011. Sie erstrecken sich vom relativ niederschlagsreichen Aschaffenburg über den Spessart bis ins trockene Mainfranken; von hier reicht das Studiengebiet nordwärts bis in die Rhön. Kneisel rechnet mit einer Projektdauer von drei bis fünf Jahren. Das komme auch auf das Wetter an, denn: „Gut wäre es, wenn wir im Untersuchungszeitraum neben ‚Normaljahren‘ auch sehr trockene und sehr feuchte Jahre mit dabei haben.“

Permafrost in den Alpen

Mit dem Klimawandel hängt auch ein anderes Projekt zusammen, bei dem Kneisel das neue Gerät einsetzen wird: Die zunehmende Erwärmung lässt in den Alpen und anderen Hochgebirgen Gletscher schmelzen und permanent gefrorene Böden auftauen. Das Schwinden dieser so genannten Permafrostböden ist gefährlich, denn das gefrorene Wasser hält sie wie Kitt zusammen. Taut es dauerhaft auf, können ganze Hänge ins Rutschen geraten.

Den Permafrost erforscht Kneisel in den Schweizer Alpen und an der Zugspitze. Auch dabei liefert ihm die Widerstandsmessapparatur wertvolle Daten: Weil gefrorenes Wasser den elektrischen Strom schlechter leitet als flüssiges, lassen sich mit dem Gerät Ausmaß und Mächtigkeit der Permafrostbereiche analysieren.

Funktionsweise der Apparatur

Wie funktioniert die geoelektrische Multi-Elektroden-Widerstandsmessapparatur? Bis zu 72 Stahlspieße, die Elektroden, werden auf einer definierten Fläche in den Boden gerammt. Über Kabel sind sie mit der eigentlichen Messapparatur verbunden. Die Elektroden schicken elektrischen Strom aus, der je nach Beschaffenheit des Untergrunds unterschiedlich gut geleitet wird.

Aus den gemessenen Widerständen machen sich die Geographen ein dreidimensionales Bild vom Untergrund. Auch die Dynamik des Sickerwassers im Boden können sie erfassen, wenn sie bei Regen über längere Zeit messen und dies später wiederholen.

Messung beim Archäologischen Spessartprojekt

Die Apparatur hat noch ein anderes Einsatzgebiet, das Kneisel seinen Studierenden 2010 bei einem Geländepraktikum in der Nähe von Amorbach demonstriert hat: Dort erforscht das Archäologische Spessartprojekt die Reste einer Klosteranlage, die aufs 12. Jahrhundert zurückgeht.

Als Gäste bei diesem Projekt halfen die Würzburger Geographen mit, den Untergrund elektrisch zu erforschen. Die Archäologen hatten mehrere Mauerfundamente freigelegt, die Geographen untersuchten mit der Apparatur die Fläche hinsichtlich weiterer Mauerstrukturen im Untergrund.

Universitäts-Förderpreis der IHK Würzburg-Schweinfurt

Den Universitäts-Förderpreis der mainfränkischen Wirtschaft vergibt die Industrie- und Handelskammer (IHK) Würzburg-Schweinfurt jedes Jahr. Bis vor kurzem trug der Preis den Namen „IHK-Firmenspende“. Aus dieser Spende von regionalen Unternehmen sind in den vergangenen 29 Jahren rund 780.000 Euro an Wissenschaftler der Universität geflossen. Mit dem Geld können die Forscher neue Arbeitsgebiete und Arbeitsgruppen aufbauen oder die Anlauffinanzierung für Forschungsvorhaben bestreiten.

Kontakt
PD Dr. Christof Kneisel, Institut für Geographie und Geologie der Universität Würzburg, T (0931) 31-85441, kneisel@uni-wuerzburg.de

Media Contact

Gunnar Bartsch idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-wuerzburg.de

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