Vollblutforscher ausgezeichnet

Um die Blütenfarbe von Petunien zu verstärken, schleusten Wissenschaftler 1990 ein Gen in die Blumen, von dem man wusste, dass es die Produktion von Blütenfarbstoffen anregte. Doch die genveränderten Pflanzen wurden beinahe weiss. Offenbar konnten die Petunien die neu eingeschleusten Gene nicht ablesen und in Farbstoffe übersetzen. Darüber hinaus unterdrückten die fremden Gene das natürlich vorhandene.

Diese geheimnisvolle Inaktivierung von Genen durch kleine, nicht-kodierende RNA-Moleküle gilt mittlerweile als eine der fundamentalsten Entdeckungen in der modernen Biologie. Die Funktion und Anwendung der als kleine interferierende RNAs (small interfering RNAs = siRNAs) bekannt gewordenen Moleküle, ist seitdem nicht mehr aus der biologischen Forschung und medizinischen Anwendung wegzudenken. Viele Aspekte der neuen Klasse dieser RNA-Moleküle und ihres biologischen Effekts, der so genannten RNA-Interferenz (RNAi), sind aber noch unerforscht.
Hohe Aufmerksamkeit für junges Forschungsfeld

Schon als Doktorand befasste sich der heute 41-jährige Olivier Voinnet mit dieser Gruppe von Molekülen. Dabei entdeckte er, wie Pflanzen siRNAs dazu benutzen, um sich gegen ein eindringendes Virus zu wehren. Weil die siRNA vom Krankheitserreger selbst stammt, kann die Pflanze diese höchst spezifisch gegen ihn einsetzen. 1997 konnte Voinnet aufzeigen, dass sich die RNA-Interferenz in der ganzen Pflanze ausbreitet, um ihre Immunität gegen das entsprechende Virus zu vermitteln. Voinnet fand überdies heraus, dass das Pathogen die RNA-Interferenz abwehren kann, indem es bestimmte Proteine bildet, welche diesen Mechanismus unterdrücken. Ein Jahr später entdeckten die Forscher Andrew Fire und Craig Mellow einen ähnlichen Vorgang im Fadenwurm C.elegans und erhielten dafür 2006 den Nobelpreis.

Olivier Voinnet hat das Fachgebiet der RNA-Interferenz in den letzten 15 Jahren geprägt. Für seine Leistungen erhält er deshalb den mit 200‘000 Franken dotierten Rössler-Preis der ETH Zürich. «Es freut mich, dass wir auch in diesem Jahr einen Vollblutforscher auszeichnen können, der seine Arbeit mit so viel Begeisterung und Enthusiasmus verfolgt», sagt Ralph Eichler, Präsident der ETH Zü-rich

Jeden Rappen in die Forschung stecken

Das Preisgeld will der Wissenschaftler dazu verwenden, um die Erforschung der RNA-Interferenz in Säugetierzellen weiterzuverfolgen. Vor kurzem hat er entdeckt, dass der Mechanismus in diesen ebenfalls bei der Virenabwehr eine Rolle spielt. «Ich bin unheimlich dankbar für die erstklassige Infrastruktur und das höchst anregende wissenschaftliche Umfeld, das ich hier an der ETH Zürich vorgefunden habe», sagt der Biologe. Der Donator und promovierte ETH-Mathematiker Max Rössler zeigt sich beeindruckt von den High-tech-Labors, die Olivier Voinnet in den letzten zwei Jahren an der ETH aufgebaut hat. «Ich sehe, dass mein Geld ein aussergewöhnliches Talent fördert und einen Beitrag leistet, die Forschung voranzubringen.»

Der Rössler-Preis ist ein weiterer Höhepunkt in der steilen Forschungskarriere des Franzosen. Bis 1994 studierte er Molekular- und Zellbiologie an der Université Pierre et Marie Curie in Paris. Seine Ingenieurdiplomarbeit in Agronomie schrieb er 1996 am Institut National Agronomique de Paris (AgroParisTech). Nach seinem Studium zog es ihn nach England, wo er am Sainsbury Laboratory in Norwich unter der Leitung von Sir David Baulcombe 2001 sein Doktorat abschloss. Bald danach wurde er zum Gruppenleiter am CNRS in Strassburg er-nannt und bereits 2005 zu dessen Forschungsdirektor befördert. 2010 erhielt Voinnet den Ruf an die ETH Zürich, wo er seit Ende 2010 als ordentlicher Pro-fessor für RNA-Biologie am Departement Biologie arbeitet.

Voinnet hat sich als führender Forscher in der RNA-Biologie etabliert und erhielt für seine Arbeit bereits zahlreiche wichtige Auszeichnungen. Zudem bewarb er sich erfolgreich für den ERC Starting Grant und den ERC Advanced Grant. Im Jahr 2009 erhielt er die EMBO Gold Medal als jüngster jemals damit geehrter Wissenschaftler. Diese Medaille gilt als einer der renommiertesten europäischen Forschungspreise für talentierte Nachwuchsforscher.

Media Contact

Claudia Naegeli idw

Weitere Informationen:

http://www.ethz.ch

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