Neue Perspektiven für Werkstoff Gummi: Innovationspreis für Forschung zu elastomeren Nanokompositen
Gewürdigt werden damit ihre Arbeiten zu elastomeren Nanokompositen, die dem altbekannten Werkstoff Gummi durch den Einsatz neuartiger nanoskaliger Füllstoffe ganz neue Eigenschaftsprofile und Anwendungsfelder eröffnen.
Die Besonderheit der ausgezeichneten Gruppe am IPF, die unter der Leitung von Prof. Dr. Gert Heinrich arbeitet, besteht in der Ganzheitlichkeit ihres Ansatzes in der Elastomermaterialforschung. Die Forscher entwickeln innovative Rezeptur- und Mischverfahren sowie Systeme der Verträglichkeitsvermittlung, die den Einsatz neuartiger Füllstoffsysteme (Kohlenstoffnanoröhren, Schichtsilikate wie Montmorillonit und Hydrotalkit, Silicapartikel, Halloysite-Nanoröhren) in Elastomeren erlauben.
Dafür passen sie experimentelle Methoden an, und sie geben ihren Arbeiten durch die Anwendung und Weiterentwicklung von thermodynamischen Konzepten für die Erforschung der Wechselwirkungen in den Grenzflächen zwischen den Nanofüllstoffen und den Matrixelastomeren eine theoretisch fundierte Basis. Das daraus gewonnene tiefere Verständnis des Materialverhaltens ist von großem Nutzen auch für die in der elastomerverarbeitenden Industrie wichtigen Verfahren zur Voraussage des Materialverhaltens unter Einsatzbedingungen (Predictive Testing).
Um die Eigenschaften elastomerer Werkstoffe den jeweiligen Anwendungen anzupassen, werden zur mechanischen Verstärkung häufig Nanopartikel eingesetzt. Die technischen Anforderungen sind nicht selten gegenläufig und schließen sich nahezu aus. Für die Laufflächen von Autoreifen gilt es so beispielsweise die konkurrierenden Anforderungen im magischen Dreieck Abrieb, Nassrutschfestigkeit und Rollreibung durch wohl definierte Beimischung von Nanopartikeln im Sinne eines Optimums auszutarieren. Bisher wurden dafür Ruß und seit etwa 10 Jahren zunehmend Silicapartikel eingesetzt. Es ist jedoch noch nicht gelungen, die Materialeigenschaften in diesem magischen Dreieck der Reifentechnologie unabhängig voneinander auf ein maximal erreichbares Niveau einzustellen, da jeweils zwei der drei Haupteigenschaften reziprok miteinander gekoppelt zu sein scheinen.
Neue nanoskalige Füllstoffsysteme wie Kohlenstoffnanoröhren oder Schichtsilikate versprechen hier neue Lösungsansätze. Sie in optimaler Weise in die Elastomermatrix einzuarbeiten, unter Beachtung hoch komplexer Zusammenhänge (u.a. Vernetzungsart und Vernetzungsdichte des Elastomers sowie Art, Menge und Verteilung der Füllstoffe), stellt die Herausforderung dar.
Dieser Herausforschung haben sich die nunmehr ausgezeichneten Forscher in den vergangenen Jahren auch in einer Reihe von Kooperationen mit führenden Reifenherstellern, Zulieferern der Automobilindustrie und anderen erfolgreich gestellt, z.T. im Rahmen von öffentlich geförderten Verbundprojekten wie der BMBF-Clusterinitiative „Nano im Auto“. Konkrete Anwendungen konnten dabei zum Beispiel für Pkw- und Lkw-Reifen, Luftfedern, Lagerelemente und Walzenbeschichtungen entwickelt werden. Die wissenschaftlichen Grundlagen und Ergebnisse der Forschungsarbeiten sind in über 25 Beiträgen in internationalen Fachjournalen publiziert.
Aus dem Austausch mit anderen Forschergruppen am IPF ist eine weitere Innovation erwachsen, die bereits für viel Aufsehen sorgte (vgl. Pressemeldung des IPF vom 20.11.2009): eine revolutionäre Rezeptur für „grünen“ Gummi, bei der umweltschädliches Zinkoxid als Vernetzungsmittel für die Gummiherstellung durch den mineralischen Zusatzstoff Hydrotalkit ersetzt werden kann.
Seit dem Frühjahr 2010 bieten die Forscher ihre Kompetenzen und Ressourcen im Rahmen des Wissens- und Technologietransfers verstärkt potentiellen Partnern in der Industrie an. Dafür wurde am Institut das Leibniz-Applikationslabor Elastomerwerkstoffe etabliert, als eine von insgesamt rund 15 dieser Transfereinrichtungen an naturwissenschaftlich-technisch orientierten Leibniz-Instituten in ganz Deutschland.
Herr Dr. Amit Das wurde kürzlich von der Universität Tampere, Finnland auf eine außerordentliche Professur berufen, die er ab 2011 als Gast regelmäßig wahrnehmen wird.
Die Preisverleihung findet am 12. November 2010, 13.30 Uhr im Leibniz-Institut für Polymerforschung Dresden e. V., Hohe Str.6, 01069 Dresden, statt.
Inhaltliche Rückfragen bitte an:
Prof. Dr. Gert Heinrich,Tel.: 0351 4658-361, gheinrich@ipfdd.de
Dr. Klaus Werner Stöckelhuber, Tel.: 0351 4658-579, stoeckelhuber@ipfdd.de
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.ipfdd.deAlle Nachrichten aus der Kategorie: Förderungen Preise
Neueste Beiträge
Natürliche Nanopartikel-Bildung bei Regenfällen im Amazonas
Niederschläge im Amazonas-Regenwald lassen massenhaft natürliche Nanopartikel entstehen, die zur Bildung von Wolken und weiteren Regenfällen führen können. Atmosphärische Aerosolpartikel sind für die Bildung von Wolken und Niederschlag essenziell und…
Forschende machen Düsentriebwerke fit für das Wasserstoffzeitalter
Flugzeuge sollen künftig mit Wasserstoff um die Welt fliegen. Ingenieure und Ingenieurinnen entwickeln dafür Düsentriebwerke. Damit diese Motoren leistungsfähig und langlebig werden, liefern Experimente von Forschenden der ETH Zürich nun…
Nanotechnologie: Flexible Biosensoren mit modularem Design
LMU-Forschende haben eine Strategie entwickelt, mit der Biosensoren einfach für vielfältige Einsatzmöglichkeiten angepasst werden können. Biosensoren spielen in der medizinischen Forschung und Diagnostik eine Schlüsselrolle. Derzeit müssen sie allerdings in…