1,9 Millionen Euro für Interkulturalitätsforschung

VolkswagenStiftung bewilligt 1,9 Millionen Euro für acht neue Projekte in ihrer jetzt beendeten Förderinitiative zur Interkulturalitätsforschung

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema „Interkulturalität“ hat die VolkswagenStiftung über ein Jahrzehnt lang massiv gefördert. Seit Beginn der 1990er Jahre hat die Stiftung – einschließlich jetzt noch neu auf den Weg gebrachter Projekte – in zwei Förderinitiativen zum „Fremden und Eigenen“ gut 31,5 Millionen Euro für entsprechende Forschungen bereit gestellt. Für acht neue Forschungsvorhaben bewilligt sie nun noch einmal insgesamt 1,9 Millionen Euro, darunter:

1. 463.000 Euro für das Projekt „Processes of musical transformation and identity construction in migrational settings: The music of Ghanaian migrants in Germany and its transcultural/ transnational connections“ von Professor Dr. Raimund Vogels von der Hochschule für Musik und Theater Hannover in Kooperation mit Wissenschaftlern der School Performing Arts der University of Ghana in Accra;

2. 286.000 Euro für das Vorhaben „Negotiating Development: Translocal Gendered Spaces in Muslim Societies“ unter der Leitung von Professorin Dr. Gudrun Lachenmann und Dr. Petra Dannecker vom Forschungsschwerpunkt Entwicklungssoziologie der Universität Bielefeld.

zu 1: Das an der Hochschule für Musik und Theater Hannover angesiedelte Vorhaben ist ein Vorzeigeprojekt ganz im Sinne der Stiftungsinitiative zu den „Konstruktionen des ´Fremden´ und des ´Eigenen´“ – und es kann zugleich als beispielhaft gelten für eine deutsch-afrikanische Wissenschaftlerkooperation. Drei Jahre lang wird sich ab sofort ein Team deutsch-ghanaischer Musikwissenschaftler unter der Leitung des hannoverschen Professors Dr. Raimund Vogels mit der Musikkultur nach Deutschland eingewanderter Ghanaer beschäftigen. Die Neubürger decken dabei mit ihrem Repertoire musikalisch-stilistisch eine große Bandbreite ab: Ältere Formen des ursprünglich dörflichen Musizierens in Ghana pflegen sie ebenso wie die aktuellen musikalischen Trends ihres Heimatlandes; des Weiteren auch bei ihnen unverkennbar sind die Einflüsse der hier zu Lande verbreiteten internationalen Pop-Musik. Die Forscher interessiert etwa, wie sich die Einwanderer musikalisch selbst verorten und welchen Veränderungsprozessen die afrikanische Musik im Aufnahmeland unterworfen ist – ferner auch, welche Interaktionen auf transkultureller Ebene im Kontext der Eingliederung in die hiesige Gesellschaft ablaufen. Und: Welche Bedeutung hat die Musik für die Identitätsbildungsprozesse der Einwanderer in einer ihnen fremden Gesellschaft? Um diese Fragen beantworten zu können, besuchen die Wissenschaftler familiäre und religiöse Feste, öffentliche Konzerte, Bandproben, Partys oder Discos – und sie betrachten bestimmte Formen interkultureller Vermittlung wie etwa Trommel-Workshops. Der lokale Schwerpunkt der Untersuchung liegt hier zu Lande auf Hannover, Hamburg und Köln.

Das Projekt zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass auf beiden Seiten Nachwuchswissenschaftler beteiligt sind – was in frühen Jahren der wissenschaftlichen Karriere eine Netzwerkbildung zwischen den Kontinenten ebenso fördert wie es explizit eine Unterstützung des Forschernachwuchses in Afrika an sich bedeutet. Alle wissenschaftlich Beteiligten werden sowohl in Ghana als auch in Deutschland forschen und lehren. Aus Sicht der VolkswagenStiftung ist das Vorhaben ferner deshalb von besonderer Bedeutung, da die Musik von Einwanderern für deren Integration in die Gesellschaft eine wichtige Rolle spielt, Erkenntnisse hierüber also auch ganz unmittelbar von praktischer Bedeutung für die Gestaltung des Integrationsprozesses sein dürften. Da zudem Studierende und künftige Musiklehrer in das Projekt eingebunden sind, können jene später als Multiplikatoren ihre Kenntnisse weitergeben und Kindern und Jugendlichen ein besseres Verständnis von Toleranz gegenüber anderen Kulturen vermitteln.

Kontakt: Hochschule für Musik und Theater Hannover, Prof. Dr. Raimund Vogels, Tel. 0511 – 3100-632, raimund.vogels@hmt-hannover.de

zu 2: Im Fokus der Wissenschaftlerinnen Professorin Dr. Gudrun Lachenmann und Dr. Petra Dannecker vom Forschungsschwerpunkt Entwicklungssoziologie der Universität Bielefeld stehen drei Regionen in Südostasien, Ost- und Westafrika, die sich in unterschiedlichen Phasen von Islamisierungsprozessen befinden. Zentraler Gegenstand der Analyse sind Frauengruppen und Organisationen in Malaysia, im Sudan und dem Senegal. Wenngleich die Frauen in den jeweiligen Regionen im Zuge sich ausbildender nationaler islamischer Identitäten instrumentalisiert würden, seien sie an den Prozessen doch auch aktiv beteiligt und wirkten in unterschiedlicher Hinsicht als Akteurinnen mit, so die Wissenschaftlerinnen. Ziel ihrer Feldforschungen ist es, Frauenorganisationen und Gruppen zu identifizieren und über teilnehmende Beobachtung deren Entwicklungsvorstellungen, Vernetzungen und Aushandlungsprozesse mit anderen Akteuren – etwa dem Staat, internationalen oder zivilgesellschaftlichen Organisationen – zu untersuchen. Des Weiteren sollen qualitative Interviews geführt werden mit Frauen, die in diesen Organisationen tätig sind, aber auch mit anderen relevanten Akteuren. Ziel ist es hierbei, typische Verläufe von Entwicklungsprozessen und Identitätskonstruktionen herauszuarbeiten.

Kontakt: Universität Bielefeld, Prof. Dr. Gudrun Lachenmann, Tel. 0521 – 106-4647, gudrun.lachenmann@uni-bielefeld.de

3. 149.000 Euro für das Vorhaben „Das ´Eigene´ und das ´Fremde´ in der Architektur: Fallstudien zur Konstruktion kultureller Identität in der zeitgenössischen Architekturproduktion in Entwicklungsländern“ unter der Leitung von Professor Dr. Peter Herrle, Fakultät VII, Architektur, Umwelt, Gesellschaft der Technischen Universität Berlin;

Kontakt: Technische Universität Berlin, Prof. Dr. Peter Herrle, Tel. 030 – 314-21908, peter.herrle@tu-berlin.de

4. 274.700 Euro für das Vorhaben „Virtuelle (Wieder)Vereinigung“? Mechanismen kultureller Identitätsbildung im russischsprachigen Internet“, geleitet von Dr. Henrike Schmidt vom Lotman-Institut für russische und sowjetische Kultur der Ruhr-Universität Bochum in Kooperation mit Professor. em. Dr. Christian Sigrist und Dr. Nils Zurawski, Arbeitsstelle Entwicklungssoziologie/ Sozialökologie der ländlichen Entwicklung, Universität Münster, und Valerija Kudrjavceva, Direktorin des Instituts für Europäische Kulturen an der Russischen Staatlichen Geisteswissenschaftlichen Universität in Moskau;

Kontakt: Ruhr-Universität Bochum, Dr. Henrike Schmidt, Tel. 0234 – 322-3371, henrike.schmidt@ruhr-uni-bochum.de

5. 217.000 Euro für das Vorhaben „´Reich´ und ´Welt´. Konstruktionen des ´Eigenen´ und des ´Fremden´ im historischen Diskurs antiker Imperien: Rom und das alte China als Beispiel“ unter der Leitung von Professor Dr. Fritz-Heiner Mutschler vom Institut für Klassische Philologie, Fakultät Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaften der Technischen Universität Dresden;

Kontakt: Universität Dresden, Prof. Dr. Fritz-Heiner Mutschler, Tel. 0351 – 463-32961, fritz-heiner.mutschler@mailbox.tu-dresden.de

6. 99.100 Euro für das Vorhaben „Sprachliche Reflexionen rekontextualisierter Identitäten in lokalen & globalen Lingua-franca-Diskursen“ unter der Leitung von Dr. Christiane Meierkord, Philosophische Fakultät, Universität Erfurt;

Kontakt: Universität Erfurt, Dr. Christiane Meierkord, Tel. 0361 – 737-4322, christiane.meierkord@uni-erfurt.de

7. 158.500 Euro für das Vorhaben „Die virtuelle zweite Generation – Zur Aushandlung ethnischer Identität im Internet am Beispiel der Inder der zweiten Generation in Deutschland“, geleitet von Professor Dr. Werner Schiffauer vom Lehrstuhl für vergleichende Kultur- und Sozialanthropologie der Europa-Universität Viadrina, Frankfurt/Oder;

Kontakt: Europa-Universität Viadrina, Prof. Dr. Werner Schiffauer, Tel. 0335 – 5534-2646, schiff@euv-frankfurt-o.de

8. 250.000 Euro für das Vorhaben „Person, Space and Memory in the Contemporary Pacific: The Experience of New Worlds“ von Professor Dr. Jürg Wassmann vom Institut für Ethnologie der Universität Heidelberg.

Kontakt: Universität Heidelberg, Prof. Dr. Jürg Wassmann, Tel. 06221 – 542236, ethnologie@urz.uni-heidelberg.de

Über alle neu bewilligten Projekte finden Sie in Kürze auch nähere Informationen auf der Homepage der Volkswagenstiftung in den Bewilligungslisten zur Förderinitiative „Konstruktionen des ´Fremden´ und des ´Eigenen´ …“. Dort können Sie sich zudem über die älteren Bewilligungen informieren.

Förderinitiative, VolkswagenStiftung, Dr. Antje Gunsenheimer
Telefon: 0511 – 8381-276, gunsenheimer@volkswagenstiftung.de

Media Contact

Dr. Christian Jung idw

Weitere Informationen:

http://www.volkswagenstiftung.de

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