"Die Stärke der Ökologie für die Ökonomie sichtbar gemacht"
DBU verlieh heute größten Umweltpreis Europas an Wissenschaftler Auernhammer und Feist sowie Unternehmer Ehrnsperger – Rau Festredner
Der mit einer Million Mark höchstdotierte Umweltpreis Europas ist zum neuntenmal vergeben. Bundespräsident Johannes Rau überreichte heute in Freiburg dem Unternehmer Dr. Franz Ehrnsperger (55, Neumarkt) sowie den Wissenschaftlern Dr. Wolfgang Feist (47, Darmstadt) und Professor Dr. Hermann Auernhammer (60, Freising) den Deutschen Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), Osnabrück. Dabei betonte Rau, dass Menschen auf Dauer nur dann in Frieden, Sicherheit und frei von Armut leben könnten, wenn Ökologie und Ökonomie Hand in Hand gingen. Mit dem Preis würdigt die DBU die Leistungen, die Ehrnsperger für den Aufbau eines ganzheitlichen ökologischen Unternehmenskonzeptes, Feist als Pionier der Passivhausentwicklung und Auernhammer als Wegbereiter einer umweltschonenden Landwirtschaft durch die Nutzung moderner Informationstechnologien erbracht haben.
Der Bundespräsident erinnerte in seiner Festansprache an die Beschlüsse der Welt-Umweltkonferenz 1992 in Rio de Janeiro, in der die Nachhaltigkeit zum Kernbegriff für den sorgsamen Umgang mit den natürlichen Lebensgrundlagen geworden sei. Doch ein plakativer Begriff allein löse noch nicht ein Problem. Im Gegenteil: Heute gewinne man manchmal den Eindruck, „dass wir vor neun Jahren – was die Umwelt angeht – ein Stückchen weiter waren als heute“. Die Vorgaben von Rio seien noch immer nicht erfüllt. Das liege daran, so Rau, dass die internationalen Organisationen im Umweltbereich zersplittert seien und zu wenig Kompetenz besäßen. Er halte es für sinnvoll, wenn die verschiedenen Programme und Sekretariate der Vereinten Nationen (United Nations, UN) zusammen gefasst würden, um so ihr Gewicht innerhalb der Vereinten Nationen, aber auch die Durchsetzungsfähigkeit der Vereinten Nationen in Umweltfragen erheblich zu steigern.
Zu bedenken sei außerdem, dass viele Politiker, Wissenschaftler und Nichtregierungsorganisationen aus den ärmeren Ländern finanziell gar nicht in der Lage seien, an den Konferenzen in den unterschiedlichen Ländern teilzunehmen. Dort würden dann aber Themen besprochen, die ihre Staaten beträfen. Das seien keine guten Voraussetzungen für Diskussionen, Verhandlungen und Entscheidungen. Darum müsse man sich nicht nur Gedanken darüber machen, wo der Sitz einer gemeinsamen UN-Organisation angesiedelt sein müsse, sondern vor allem darüber, wie die finanzielle Basis der UN-Umweltorganisationen gestärkt werden könne. Rau: „Ohne einen dauerhaft verlässlichen Finanzrahmen ist erfolgreiche internationale Umweltpolitik kaum möglich.“ Die aber werde dringend gebraucht, hätten doch die zähen Verhandlungen des Kyoto-Protokolls in Bonn – für deren Erfolg er Umweltminister Jürgen Trittin ausdrücklich dankte – gezeigt, dass in manchen Ländern wieder „altes Denken zu neuem Leben erwache, wenn nationale Wirtschaftspolitik wieder gegen internationale Umweltpolitik ausgespielt wird“.
Bundesbankpräsident i.R. Professor Dr. Hans Tietmeyer, Vorsitzender des Stiftungskuratoriums, hatte eingangs des Festaktes vor rund 1.300 Gästen im Freiburger Konzerthaus betont, dass es für Jury und Kuratorium keine leichte Aufgabe gewesen sei, aus den knapp 100 Vorschlägen die Preisträger auszuwählen. Wie in den Vorjahren sei es schließlich aber doch gelungen, drei Persönlichkeiten heraus zu filtern, die mit ihrer Lebensleistung für Innovation und Umweltentlastung stünden und die ihre Arbeit modellhaft umgesetzt hätten. Gerade solchen Pionieren, gerade kleinen und mittleren Unternehmen biete die DBU ihre Unterstützung an. Insgesamt habe sich das in den zehn Jahren des Bestehens der Stiftung in über 4.400 Projekten niedergeschlagen.
In seinem Grußwort brachte Landes-Umweltminister Ulrich Müller seine Freude zum Ausdruck, dass die Verleihung des Deutschen Umweltpreises 2001 in Baden-Württemberg, speziell in Freiburg als Solarhauptstadt Deutschlands stattfinde. Er unterstrich die Bedeutung der Gestaltung einer nachhaltigen Zukunft, bei der der DBU eine maßgebliche Rolle zufalle. Allein in Baden-Württemberg habe sie seit ihrer Gründung vor zehn Jahren über 470 Projekte mit über 135 Millionen Mark unterstützt. Bundesumweltminister Jürgen Trittin betonte die Bedeutung einer nachhaltigen Energiepolitik, die zu einer Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit der Bürger beitrage und unterstrich das Engagement der Bundesregierung für einen verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien. Deutschland sei beim Klimaschutz jedenfalls „auf dem richtigen Weg“ und habe sich zu einem „Schrittmacher des internationalen Klimaschutzes“ entwickelt.
Susanne Henkel, Geschäftsführerin der Richard Henkel GmbH, Forchtenberg, und Mitglied der Jury des Deutschen Umweltpreises, dankte in ihrer Laudatio den Preisträgern dafür, dass sie die Umwelt zu einem Teil ihrer Lebensaufgaben hätten werden lassen und die Stärke der Ökologie für die Ökonomie sichtbar gemacht hätten. In einer bestechend analytischen Vorgehensweise, überraschend in der Einfachheit und Nachvollziehbarkeit der Lösungen, hätten sie auf geniale Weise und in einer vorbildlich ganzheitlichen Betrachtung Wissen und Praxis verbunden, kommuniziert und motiviert und Widerstände als Ansporn genutzt. Für die Jury sei es ein ganz wichtiges Element gewesen, „dass der Erfolg Ihrer Arbeit gerade durch die Praxisnähe nicht mehr aufzuhalten ist, Früchte trägt, über regionale, Landes- und Bundesgrenzen hinaus“.
Dies sei umso wichtiger, als gelebter Umweltschutz kein Produkt sei, das man sofort und bequem bestellen könne. Zwar wüssten die Menschen um die Bedürfnisse und Zukunftsaussichten unserer Umwelt. Zwar beherrschten sie Wege und Methoden, um sie zu stützen und zu erhalten. Zwar begriffen sie die Kraft der Gemeinschaft, hätten gelernt, gelesen und gehört. Aber in der Realität komme es dann doch immer nur zu einem Denken auf Zeit: die Dauer des Berufslebens, einer Verantwortungsphase, der Amtszeit, der Lebenszeit, der Legislaturperiode. Henkel: „Nur wenn Menschen sich für etwas engagieren, es überzeugt in ihr Leben einbeziehen, Chancen erkennen und ergreifen, Mut zum Risiko zeigen und diese Begeisterung fundiert, kompetent und verständlich weiter geben, dann entsteht Bewegung ohne Begrenzung.“
So könne Prof. Dr. Auernhammer als Initiator und international als treibende, impulsgebende Kraft einer „Präzisions-Landwirtschaft“ angesehen werden, die mithilfe moderner Daten- und Prozesstechnik auf kleinstem Raum, konkret differenziert nach Standort und Bedarf, eine zielgeführte Pflanzenproduktion ermöglicht habe. Vorsorge, Schutz und Ertrag seien so steuerbar geworden, dass Umweltentlastung und wirtschaftliches Ziel miteinander harmonisierten und dadurch „vielleicht auch eine Chance für die Verbindung von klassischem und ökologischem Landbau“ möglich werde.
Als einen „Pionier des betrieblichen Umweltmanagements“ bezeichnete die Laudatorin Dr. Ehrnsperger: „sensibel und partnerschaftlich in der Einbeziehung, Motivation und Förderung der Mitarbeiter und Lieferanten; transparent für den Verbraucher; ungewöhnlich durch die Kooperation mit Konkurrenten als aktive Mitstreiter für den ökologischen Gedanken im Brauereiwesen.“ Ihm sei es gelungen, über 100 regionale Partner in der Landwirtschaft zu rekrutieren, die durch eine ökologische Produktion der von Lammsbräu verwendeten Rohstoffe zu herkömmlichen Anbaumethoden eine erfolgreiche Alternative gefunden hätten. Mit Begeisterung und einem „großen Quantum an Schwerhörigkeit gegenüber lauten Zweiflern“ habe er „kopierfähiges Umweltmanagement“ entwickelt und „viele Nachahmer im Brauereiwesen über unsere Grenzen hinaus gefunden“.
Eine europaweite Vorbildfunktion habe sich auch Dr. Feist erarbeitet, getragen vom Wissen um die Endlichkeit herkömmlicher Energiequellen und der Aufnahmefähigkeit der Erde. Angesetzt habe er bei einem der großen Kohlendioxid-Produzenten, dem privaten Wohnbereich, bei dem durch die neue Passivhaustechnik allein im Heizungsbereich eine Einsparung von 95 Prozent möglich sei. Mit Architekten, Bauherren und Gemeinden habe Feist intensiv zusammen gearbeitet und wesentliche Fortschritte erzielt. Er habe mit gearbeitet am Aufbau neuer Studiengänge zur Energietechnik und damit Spezialisten von morgen heran gezogen. Und er habe durch seine Passivhaustagungen mit zuletzt 1.000 Teilnehmern bewiesen, „dass der Markt überzeugt und bereit ist, mit zu lernen und mit zu wachsen.“
In einer von 3sat-Moderator Stefan Schulze-Hausmann moderierten, abschließenden Gesprächsrunde bedankten sich die Preisträger für die Auszeichnung. Dr. Ehrnsperger unterstrich die „allerhöchste Bedeutung“ des Deutschen Umweltpreises, den Prof. Dr. Auernhammer als das „Sahnehäubchen“ bezeichnete. Der Preis beweise, dass Technik und Umweltschutz zusammen gehörten. Und Dr. Wolfgang Feist begrüßte die große Chance, die dieser Preis biete, seine Gedanken zu transportieren.
Hinweis an die Redaktionen: Weitere detaillierte Informationen über die Preisträger und ihre Arbeit sowie aktuelle Fotos vom heutigen Festakt sowie eine englische Version dieses Pressetextes finden Sie auf der Homepage der Stiftung unter http://www.dbu.de/idx/indexPresse.htm
ots Originaltext: Deutsche Bundesstiftung Umwelt
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