Die "besten Köpfe" gewinnen!


Wissenschaftsrat verabschiedet Empfehlungen zur Personalstruktur der Universitäten und zur Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses

Der Wettbewerb um die besten Köpfe nimmt weiter zu. Dass sich hervorragende Nachwuchswissenschaftler heute vielfach gegen eine Hochschullehrerkarriere in Deutschland entscheiden, beeinträchtigt die Leistungsfähigkeit der Universitäten erheblich. Der Wissenschaftsrat hält es deshalb für unbedingt notwendig,

  • – dass die Attraktivität der Hochschullehrerlaufbahn durch frühere Selbständigkeit in Forschung und Lehre und durch die frühzeitige Eröffnung einer belastbaren Karriereperspektive nachhaltig erhöht wird,
  • – dass Hemmnisse, die die Chancengleichheit von Frauen in Wissenschaft und Forschung behindern, weiter abgebaut werden,
  • – dass die Auswahl des Hochschullehrernachwuchses transparent und wettbewerbsorientiert gestaltet wird und zur Vermeidung personeller Erstarrung Mobilität fördert,
  • – dass die Vielfalt der Zugangswege zur Universitätsprofessur gewährleistet ist.

Um diese Ziele realisieren zu können, spricht sich der Wissenschaftsrat für eine Reform der Personalstruktur und der Qualifizierungswege für den wissenschaftlichen Nachwuchs aus.

· Habilitation
Das Habilitationsverfahren trägt nicht zur Realisierung der Reformziele bei. Vielmehr muss die Eignungsfeststellung künftig durch ein im Anspruchsniveau gleichwertiges, international anschlussfähiges und wettbewerbsorientiertes Verfahren erfolgen. Der Wissenschaftsrat spricht sich dafür aus, die Eignungsfeststellung auf Berufungsverfahren zu verlagern.

· Nachwuchsprofessur
Der Wissenschaftsrat empfiehlt, eine auf fünf Jahre befristete Nachwuchsprofessur zu schaffen. Nachwuchsprofessoren sind den übrigen Professoren korporationsrechtlich gleichzustellen und in die Grundausstattung der Fachbereiche einzubinden. Die Besetzung von Nachwuchsprofessuren erfolgt durch ein Berufungsverfahren. Voraussetzungen für die Berufung sind eine herausragende Promotion, Lehrerfahrung und zusätzliche wissenschaftliche Leistungen, über deren Umfang die aufnehmende Organisationseinheit je nach Bedarf und Profil entscheiden muss. Der Nachwuchsprofessor muss mindestens einmal die Einrichtung wechseln, entweder bei Berufung oder nach Ablauf der fünf Jahre. Falls er von außen berufen worden ist, sollte die Nachwuchsprofessur nach positivem Ausgang eines Begutachtungsverfahrens nach fünf Jahren in eine unbefristete Professur umgewandelt werden können ("tenure track").

· Wissenschaftliche Mitarbeiter
Zusätzlich ist es nach Auffassung des Wissenschaftsrates erforderlich, die Vielzahl an Personalkategorien, die bislang mit weisungsgebundenen Aufgaben in Forschung, Lehre, Selbstverwaltung und in der Krankenversorgung verknüpft sind – einschließlich der wissenschaftlichen Assistenten -, durch einen von den Universitäten flexibel gestaltbaren Bereich wissenschaftlicher Mitarbeiter zu ersetzen, der auch den Erwerb von Qualifikationen ermöglicht, wie sie für die Berufung auf eine Universitätsprofessur erforderlich sind.

· Reform der Personalbewirtschaftung und Finanzierung
Die Umgestaltung der Qualifizierungswege und der Personalstruktur muss durch eine grundlegende Reform der Personalbewirtschaftung an Universitäten ergänzt werden. Der Wissenschaftsrat spricht sich deshalb dafür aus, die bisherigen starren Stellenpläne in für die Fachbereiche frei verfügbare Ressourcenpools aus Personalmitteln im Rahmen globalisierter Hochschulhaushalte zu überführen. Zusätzlich soll die Vergütung des wissenschaftlichen Personals sich künftig an den Leistungen in Forschung und Lehre orientieren. Der Wissenschaftsrat empfiehlt außerdem, kleinere Institute und Seminare zu sachgerecht strukturierten größeren Organisationseinheiten zusammenzufassen.

Die Erhöhung der Leistungs- und Konkurrenzfähigkeit der Universitäten durch eine Reform der Personalstruktur und der Qualifizierungswege ist allerdings kostenneutral nicht möglich. Die Universitäten sollten deshalb für die Finanzierung der Besoldung und der Ausstattung von Nachwuchsprofessuren im Bedarfsfall zusätzliche Mittel erhalten.

· Offene Wege
Auch für Stipendiaten, wissenschaftliche Mitarbeiter an Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen sowie für Bewerber aus der Berufspraxis muss der Weg zur Universitätsprofessur offen bleiben. Sie müssen bei Berufungsverfahren auf Universitätsprofessuren gleichwertig mit Nachwuchsprofessoren behandelt werden. Stipendiaten müssen künftig besser in die Universitäten eingebunden werden. Außerdem sind kooperative Berufungen von Nachwuchsprofessoren durch Universitäten und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen erforderlich. Letztere müssen zusätzlich dafür Sorge tragen, dass ihre Mitarbeiter insbesondere in der Lehre konkurrenzfähige Qualifikationen erwerben.

· Promotions- und Postdoktorandenphase
Die strategische Bedeutung der Promotion wird sich im Rahmen des neuen Personalmodells erhöhen, da sie zentrale Zugangsvoraussetzung für die Nachwuchsprofessur wird. Gleichwohl sollte die Promotion in aller Regel in einem Zeitraum von drei Jahren abgeschlossen werden. Die Funktionsfähigkeit der Promotion als Auswahlkriterium hängt davon ab, dass die geforderten Leistungen auf ihren funktionalen Kern zurückgeführt und die mit einer Promotion vielfach verknüpften Aufgaben in Forschung und Lehre promotionsnah gestaltet werden.

Eine Postdoktorandenphase sollte auch künftig zur Schärfung des Qualifikationsprofils und zur wissenschaftlichen Orientierung nach der Promotion eine Option für Nachwuchswissenschaftler darstellen. Die Dauer der eigentlichen Postdoktorandenphase sollte allerdings drei Jahre nicht übersteigen, Promotions- und Postdoktorandenphase sollten zusammen nicht länger als sechs Jahre dauern.


Hinweis: Der vollständige Text der Empfehlungen kann in der Geschäftsstelle des Wissenschaftsrates schriftlich oder per E-Mail (post@wissenschaftsrat.de) unter Angabe der postalischen Adresse angefordert werden. Er steht außerdem in Kürze auf den Internet-Seiten des Wissenschaftsrates zum Herunterladen zur Verfügung (www.wissenschaftsrat.de).

Der Wissenschaftsrat berät die Bundesregierung und die Regierungen der Länder in Fragen der inhaltlichen und strukturellen Entwicklung der Hochschulen, der Wissenschaft und der Forschung sowie des Hochschulbaus.

Belegexemplar erbeten an:
Dr. Dietmar Goll
Geschäftsstelle des Wissenschaftsrates,
Brohler Straße 11,
50968 Köln
Telefon: 0221/3776 – 228,
Telefax: 0221/38 84 40,
E-Mail: goll@wissenschaftsrat.de

Weitere Informationen finden Sie im WWW:

Media Contact

Dr. Dietmar Goll idw

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