Zuckermantel entlarvt Schwarzen Tod

Auch heute noch kostet die Pest Leben von Mensch und Tier. Ihre Erreger lassen sich mit einer neuen antikörper-basierten Detektionsmethode in Patientenseren und anderen biologischen Proben zuverlässig und empfindlich identifizieren.

Der Antikörper erkennt spezifisch eine besondere Zuckerstruktur auf der Zelloberfläche des Pesterregers, berichten deutsche Wissenschaftler in der Zeitschrift Angewandte Chemie.

Der „Schwarze Tod“ kostete in drei Pandemien in den letzten 1500 Jahren über 200 Millionen Menschen das Leben. Neuere Fälle der Pest wurden in Afrika und Asien beobachtet. Wegen der hohen Ansteckungsgefahr und der Schwere der Infektion ist Yersinia pestis, der Pesterreger, als biologischer Kampfstoff der Kategorie A eingestuft. Als Aerosol eingeatmet, verursacht er Lungenpest, die meist tödlich endet, wenn sie nicht rasch behandelt wird. Entsprechend wichtig ist eine rasche, zuverlässige Diagnose.

„Der Nachweis von Y. pestis erfolgt momentan entweder auf Basis der Polymerasekettenreaktion oder mit konventioneller Phänotypisierung“, erläutert Peter Seeberger vom Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam: „Diese Nachweismethoden sind zwar verlässlich, dafür jedoch oft komplex, teuer und langsam.“ Die Erkennung von Oberflächenproteinen durch Antikörper sei eine vielversprechende und weniger komplizierte Alternative zum Nachweis der Pest, aber mit einer hohen Fehlerquote und eine geringen Selektivität gegenüber verwandten Bakterienstämmen verbunden.

Seeberger und sein Team fanden jedoch einen Ausweg: Gramnegative Bakterien wie der Pesterreger enthalten Verbindungen aus Fett- und Zuckerbausteinen in ihrer äußeren Zellmembran, die so genannten Lipopolysaccharide (LPS). „Die innere Kernregion der LPS des Pesterregers hat eine einzigartige Struktur, die sich von derjenigen anderer gramnegativer Bakterien unterscheidet“, so Seeberger. „Dies könnte eine geeignete Region zum Nachweis mit spezifischen Antikörpern für eine rasche Vor-Ort-Diagnostik sein.“

Da die Isolierung der LPS von Y. pestis eine umständliche Angelegenheit ist, entschieden sich die Potsdamer Forscher, ein typisches Motiv daraus synthetisch herzustellen, einen Abschnitt aus drei Zuckermolekülen, deren Gerüst aus je sieben Kohlenstoffatomen besteht. Diese sogenannte Triheptose knüpften sie an das Diphtherietoxoid CRM197 als Trägerprotein. Es handelt sich dabei um einen typischen Bestandteil zugelassener Impfstoffformulierungen, der die Bildung von Antikörpern auslöst. Die Forscher immunisierten Mäuse und isolierten Antikörper aus deren Blut.

Verschiedene Immunoassays zeigten, dass die erhaltenen Antikörper den Pesterreger mit hoher Selektivität und Empfindlichkeit erkennen und selektiv zwischen Y. pestis und anderen gramnegativen Bakterien unterscheiden. Die Forscher hoffen auf einen Einsatz in der patientennahen Labordiagnostik. Die Entwicklung entsprechender Tests sei Gegenstand aktueller Arbeiten.

Angewandte Chemie: Presseinfo 28/2013

Autor: Peter H. Seeberger, Max-Planck Institute of Colloids and Interfaces, Potsdam (Germany), http://www.mpikg.mpg.de/177410/employee_page?employee_id=22356

Angewandte Chemie, Permalink to the article: http://dx.doi.org/10.1002/ange.201301633

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